Schattenelf - 4 - Feuerzauber
Anstößiges geschehen.
Daher wiederholte er seinen Ausflug in der darauf folgenden Nacht, diesmal allerdings weiter unten im Süden und weniger westlich.
Gleich der erste, noch ferne Blick verriet ihm, dass das vor ihm liegende Lager den To-gai-ru gehörte und nicht Yatol Bardoh.
»Pruda ist erneut von Truppen besetzt und für den Fall, dass unser Drache sich dort zeigen sollte, bestimmt mit Hilfe zahlreicher Speere schleudernder Wurfgeschütze gesichert worden«, berichtete ein Kundschafter Brynn am selben Abend.
Die junge Hüterin nickte; diese Neuigkeiten vermochten sie schwerlich zu überraschen. Ihre behrenesischen Verfolger waren beim Versuch, sie zu fassen, nicht gerade vom Glück verfolgt, mit der Aufrüstung sämtlicher in der Nähe liegenden Städte gegen etwaige Angriffe kam Yatol Bardoh jedoch gut voran.
»Bestimmt sind sie auch über unsere übliche Taktik unterrichtet worden«, sagte Pagonel zu ihr, nachdem der Kundschafter sie allein gelassen hatte. »Was könnten wir unternehmen, um auch künftige Schlachtfelder nach unseren Bedürfnissen zu gestalten?«
Brynn zuckte mit den Schultern; sie wusste selbst keine Antwort darauf. »Pherol wird bereits wieder unruhig«, bemerkte sie. Sie hatte fast jeden Abend mit dem Drachen gesprochen. »Wie viele Wochen ist es jetzt her, dass er an einer größeren Schlacht beteiligt war?«
»Du hast ihm doch bei der Vernichtung der Karawanen freie Hand gelassen.«
»Das sind wohl kaum die großen Abenteuer, nach denen er sich sehnt.«
Pagonel sah sie eindringlich an. »Halte an deiner Linie fest«, riet er. »So miserabel unsere Situation auch sein mag, so sehr wir unter der Hitze leiden, unseren Verfolgern geht es noch viel schlechter. Locken wir Yatol Bardoh quer durch die glühend heiße Wüste Behrens und schlagen wir zu, wann immer sich eine Gelegenheit bietet.«
Er hatte völlig Recht, erkannte Brynn. Umzukehren und sich auf einen offenen Kampf mit der sie verfolgenden behrenesischen Armee einzulassen, war einfach unmöglich, auch wenn sie einen Drachen zur Verfügung hatten. Pherol war auf der Flucht vor Bardoh ziemlich schwer verwundet worden, und zu ihrer Überraschung hatte Brynn erfahren, dass die Verletzungen des Drachen alles andere als rasch verheilten. So sehr sich der Drache danach sehnte zu kämpfen, Brynn wusste, dass sie äußerste Vorsicht walten lassen musste und ihn nur im äußersten Notfall einsetzen durfte.
»Mit deinen Ratschlägen gibst du mir immer wieder neue Kraft«, sagte sie zu Pagonel und strich ihm mit der Hand sanft über Kopf und Nacken. »Wir werden unseren Kurs beibehalten und Yatol Bardoh in den Glutofen der Sandwüste locken. Sobald es Winter wird, ziehen wir uns leise und unauffällig in die Steppe zurück, um uns gleich im nächsten Frühjahr jede einzelne Vorposten-Siedlung vorzunehmen.«
»Und wenn die behrenesische Armee in To-gai einfällt, um uns daran zu hindern?«
»Werden wir noch einmal Behren selbst angreifen«, erwiderte Brynn. »Wir werden ihnen einen Nadelstich nach dem anderen versetzen – mehr können wir ohnehin nicht tun – und darauf hoffen, dass der Chezru-Häuptling endlich zu der Einsicht gelangt, dass seine Gebietsausweitung bis in die Steppe To-gais hinein ein aussichtsloses –«
Plötzlich brach sie ab, ihr Gesicht erstarrte zu einem seltsam verwirrten Ausdruck, und sie kniff mehrfach die Augen zusammen.
»Brynn?«, fragte Pagonel besorgt und trat zu ihr.
Ihre Attacke kam völlig unerwartet. Ihre Faust schoss auf seine Brust zu, doch der hervorragend trainierte Jhesta Tu hob blitzschnell die Hand und lenkte den Schlag sachte zur Seite ab.
Sie schlug sofort wieder zu, und gleich darauf noch einmal, ehe sie plötzlich wild um sich zu schlagen begann, und Pagonel bemerkte, dass ihr Angriff gar nicht ihm galt, sondern sich gegen einen unsichtbaren Feind richtete, einen Dämon in ihrem Innern!
»Brynn!«, schrie er mehrmals hintereinander, bis er endlich eine Gelegenheit fand, sie zu packen und zu Boden zu reißen. »Was ist denn los, Brynn? So red schon!«
Unverständliche, beinahe animalische Laute drangen über ihre Lippen; dabei warf sie sich so heftig von einer Seite zur anderen, dass sie den Jhesta Tu beinahe abgeworfen hätte.
Dann, auf einmal, lag sie vollkommen still da und sah Pagonel an, das Gesicht zu einer Maske der Verwirrung erstarrt.
»Was war denn das?«, wollte er wissen, als er merkte, dass die Gefahr vorüber war.
Brynn schüttelte den Kopf. »Da war … noch
Weitere Kostenlose Bücher