Schattenelf - 4 - Feuerzauber
heranzuschieben. »Gebt es zu. Deswegen wollte er Euch töten lassen – es war Yakim Douan, der den Befehl dazu gegeben hat, nicht irgendein Schurke von den Chezhou-Lei, der nach der Macht in Dharyan greifen wollte. Warum sollte ein Chezhou-Lei-Krieger überhaupt eine Machtposition anstreben? Sie sind Krieger, keine Gouverneure! Sie sind –«
»Ja, er besitzt einen Stein!«, brüllte Merwan Ma, ehe er entsetzt über seine eigenen Worte zurückschreckte und keuchend dasaß.
»Einen Hämatit?«
Der Geistliche nickte stumm.
»Ihr habt ihn gesehen, und Yakim Douan weiß, dass Ihr von seiner Existenz wisst?«
Er nickte erneut.
»Und aus diesem Grund wollte er Euch umbringen lassen«, erkannte der Mystiker. »Euer Wissen um seinen … Vertrauensbruch machte ihm Angst; und zwar sehr große, wie mir scheint.«
»Er befindet sich im Innern des heiligen Kelches«, gestand Merwan Ma düster. »Ein frevlerischer Seelenstein der Abellikaner, eingelassen in den Chezru-Kelch, der im Saal der Ewigkeit aufbewahrt wird.«
»In dem Kelch, in dem das Blut der für das Blutopfer Auserwählten gesammelt wird?«, fragte Pagonel.
»Er ist eine der wichtigsten Reliquien im Tempel Chom Deiru«, erwiderte Merwan Ma, hob die Hände, streifte die Ärmel hoch und zeigte dem Mystiker das Narbengeflecht auf seinem Handgelenk.
»Und Ihr habt den Hämatit im Kelch entdeckt?«
Der Geistliche nickte. »Und dann sah ich die Stimme Gottes mit dem Kelch in der Hand«, erklärte er kopfschüttelnd, sein Gesicht erfüllt von Entsetzen, als ihn die Erinnerung an diesen grauenhaften Augenblick einholte.
»Er weiß, dass Ihr ihn gesehen habt?«
»Ja.«
»Und kurz darauf wurdet Ihr nach Dharyan geschickt, um dort als Gouverneur zu dienen«, sagte der Mystiker, und auf einmal begann sich das Bild zusammenzufügen. Pagonel hatte sogar das sichere Gefühl, dass es dabei um sehr viel mehr ging als nur um die Stimme Gottes, die sich eines Seelensteins bediente.
17. Auf der Flucht
Die Nachricht verließ Jacintha in Gestalt einer Reihe von blinkenden Lichtreflexen auf einer blank polierten Metallscheibe und wanderte auf diese Weise über eine lange Strecke von einem Signalgeber zum nächsten. Am Nachmittag desselben Tages hatte das Signal bereits die Oase Dahdah hinter sich gelassen und wanderte weiter, jetzt mehr in südlicher als westlicher Richtung.
Zwei Tage darauf traf die Nachricht des Chezru-Häuptlings bei Yatol Bardoh und Shauntil ein. Die beiden Männer standen über eine große Karte gebeugt und versuchten mit Hilfe von Douans Angaben den genauen Aufenthaltsort des Drachen von To-gai und seiner Truppen – oder doch zumindest die Position seines Feldlagers vor zwei Tagen – zu bestimmen.
»Wir werden alle zwei oder drei Tage neue Informationen erhalten«, erläuterte Shauntil soeben seinem Oberbefehlshaber. »Nicht mehr lange, und wir kennen das Bewegungsmuster dieser Frau und können jeden ihrer Züge vorhersehen. Wenn wir unsere Truppen nach hier und hier verlegen« – er zeigte auf zwei Kartenpunkte und deutete mit dem Finger einen Schwenk südlich und anschließend etwas östlich jener Stelle an, die in der Nachricht angegeben worden war –, »könnten wir sofort damit beginnen, ihre Bewegungsmöglichkeiten einzuschränken.«
»Und sie zwingen, weiter nach Norden oder wieder zurück nach Westen zu marschieren«, bemerkte der Yatol.
»Nach Norden bis zu der Straße, wo sich uns weitere Soldaten aus Jacintha anschließen könnten, um die To-gai-ru einzukreisen«, fuhr der Chezhou-Lei fort. »Und im Westen zurück in die Steppe. Ich denke, das Beste wäre, sie ganz aus Behren hinauszudrängen.«
»In der Steppe wird sie aber schwerer aufzuspüren und zu vernichten sein.«
»Aber dafür wäre Behren wieder sicher und die Bevölkerung ruhig gestellt – was meiner Meinung nach Chezru-Häuptling Douans vorrangiges Ziel sein dürfte.«
»Maßt Euch nicht an, den Willen der Stimme Gottes zu kennen!«, blaffte Yatol Bardoh, hielt sich dann aber zurück, aus Angst, seine plötzliche Erregtheit könnte zu viel über seine wahren Gedanken verraten. Denn Yatol Bardoh wünschte bei der Befreiung Behrens von dieser To-gai-ru-Hexe weder irgendeine Unterstützung aus Jacintha, noch war ihm daran gelegen, den Pöbel ruhig zu stellen. Bardoh wusste nur zu gut, dass Aufruhr und Unruhe ihm die Gelegenheit boten, seine Position zu festigen, und je größer sein Anteil an der Beseitigung des Drachen von To-gai wäre, desto mehr Macht und Einfluss
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