Schattenelf - 4 - Feuerzauber
Anweisung, neben einem braun-weiß gescheckten Wesen zu landen, das sie aus der Luft erspäht hatte. Sie ließ sich von seinem Rücken gleiten und eilte zu ihrem tödlich verwundet geglaubten Pony. Doch schon eine flüchtige Untersuchung ließ die junge Hüterin erleichtert aufatmen, denn Nestys Verletzungen durch die behrenesischen Pfeile waren nicht lebensbedrohlich.
»Wir sind mit unserer Arbeit längst noch nicht fertig«, rief Belli’mar Juraviel ihr zu. Sie drehte sich um und sah ihn und Cazzira neben einem sichtlich ungeduldigen Pherol stehen.
Brynn wandte sich wieder ihrem Pony zu. »Ich bin bald zurück, und dann kann ich deine Wunden besser verbinden«, redete sie mit beruhigender Stimme auf Nesty ein. »Lauf einfach hinaus in die Steppe und pass auf, dass dir nichts passiert.«
So als hätte es jedes Wort verstanden, galoppierte das Pony mit einem leisen Wiehern davon. Brynn wurde ganz leicht ums Herz, als sie Nesty laufen sah.
Sehr viel später, nachdem viele, sehr viele behrenesische Soldaten und Chezhou-Lei aufgespürt und getötet worden waren, machte Pherol mit seinen drei Passagieren auf dem Rücken an der hohen Brücke bei der Wolkenfeste Halt und blieb flügelschlagend einen Augenblick in der Luft stehen, während Brynn sich von seinem Rücken gleiten ließ und unter den Blicken einer großen, staunenden Menge aus Ordensbrüdern vor die beiden Meister Cheyes und Pagonel trat.
Gleich darauf drehte Pherol ohne Zögern und ohne ein weiteres Wort seiner beiden anderen Passagiere ab, ließ sich im Sturzflug durch die Wolkendecke fallen und verschwand außer Sicht.
Pagonel wollte etwas zu Brynn sagen, brach dann aber ab und stand einfach da, die Arme hilflos ausgebreitet. Was konnte man auch von ihm erwarten? Schließlich war er soeben Zeuge des Auftritts legendärer und, wie manch einer behaupten würde, ins Reich der Legende gehörender Völker Koronas geworden – einschließlich eines gewaltigen Drachen!
»Ich wurde von den Touel’alfar ausgebildet«, erklärte Brynn sofort. Sie zeigte den Jhesta Tu ihr prächtiges Schwert. »Diese Waffe wurde von Elfen hergestellt; geschmiedet wurde sie in einem fernen Tal mit Namen Andur’Blough Inninness, nördlich des großen Gebirges. Einer meiner Begleiter gehört dem Volk der Touel’alfar an, die andere ist eine Doc’alfar, und der dritte … nun, ihr habt ihn ja alle selbst gesehen.«
»Alle hier in unserer Gegend haben ihn gesehen, meine liebe Brynn«, erwiderte Meister Cheyes und brachte sogar ein zögerliches Lächeln zustande. »Unser Dank an diesem Tag gilt ganz alleine Euch, denn ohne Euch und Eure … Freunde hätte der Verrat der Chezhou-Lei noch sehr viel größeres Unglück über die Wolkenfeste gebracht.«
»Fast zwanzig unserer Ordensmitglieder sind gefallen«, fügte Pagonel hinzu. »Und eine noch größere Zahl wurde verwundet, einige davon schwer. Aber wenn der Drache nicht erschienen wäre, wären alle ums Leben gekommen, die ins Tal hinuntergestiegen waren, um einen ehrenhaften Kampf auszutragen.«
»Die behrenesischen Verluste gehen in die Hunderte«, erwiderte die junge Frau. »Außerdem sind fast alle Chezhou-Lei ums Leben gekommen, die gegen Euch angetreten waren. Das ist doch ein großer Sieg.«
»Ein Sieg?«, wiederholte Cheyes skeptisch. »Wir betrachten Krieg, gleich welcher Art, niemals als Erfolg, meine liebe Brynn, sondern stets als Verlust für die gesamte Menschheit.«
Brynn war nicht gewillt, ihm zuzustimmen. Entschlossen reckte sie ihr Kinn vor. »Dennoch werden Kriege meinen Weg säumen, ganz sicher«, erklärte sie. »Wenn ich von hier fortgehe, dann mit der festen Hoffnung im Herzen, dass meine Heimat bald wieder frei sein wird. Der Auftritt des Drachen und meiner beiden Freunde verschafft mir die nötigen Voraussetzungen, um die Behreneser aus den Steppen To-gais zu vertreiben.«
»Hütet Euch vor der Kraft des Drachen«, warnte Meister Cheyes sie ernst.
»Viel wichtiger als meine Gefährten ist das hohe Ansehen, zu dem sie mir an diesem Tag verholfen haben«, erklärte Brynn ohne das geringste Zögern. »Jeder To-gai-ru, der den Drachen von To-gai hat fliegen sehen, wird seinen Mitmenschen hinter vorgehaltener Hand davon erzählen. So wird sich die Nachricht über die gesamte Steppe verbreiten und mir unzählige Krieger zuführen, die nur zu bereit sind, mich zu unterstützen.«
»Und von denen viele umkommen werden«, betonte Meister Cheyes.
Doch Brynn ließ sich nicht beirren, nicht im Mindesten.
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