Schattenelf - 4 - Feuerzauber
sie aufbieten, wird in der Lage sein, es mit jedem Drachen aufzunehmen, das verspreche ich Euch. Mehrere geschlossene Schlachtreihen mit Langbögen und vergifteten Pfeilspitzen werden die Bestie gewiss zur Strecke bringen.«
Douan hielt inne und kicherte. »Sofern es eine solche Bestie überhaupt gibt, was ich bezweifle. Wie auch immer, meine Zeit der Nachsicht oder des Erbarmens gegenüber To-gai ist endgültig vorbei. Diese Leute besitzen die Dreistigkeit, Dharyan zu erobern? Nun, ich werde ihnen die passende Antwort darauf geben, da könnt Ihr sicher sein. Das habe ich diesem Pestle versprochen, und jetzt verspreche ich es Euch. Beruft alle Männer Jacinthas ein, zieht sämtliche Garnisonstruppen zusammen. In vierzehn Tagen werden wir fünfzehntausend Soldaten Richtung Dharyan in Marsch setzen, um die Stadt zurückzuerobern, und diese Truppen werden von den gewaltigsten Kriegsmaschinen begleitet werden, die zu entwickeln wir imstande sind. Soll der Drache von To-gai sich nur zeigen! Vielleicht gelingt es dieser Bestie sogar, ein paar mit ihrem Feueratem zu töten, aber dann wird sie fallen, und zwar vor den bestürzten und entsetzten Blicken ihrer närrischen Anhänger. Wohin wollen sie sich dann noch wenden? Wieder zurück in die Steppe To-gais? Nur zu – aber wir werden sie verfolgen, sowohl von Dharyan aus als von unten aus dem Süden, wo Yatol Tohen Bardoh mit fünfzehntausend weiteren Soldaten aufmarschieren wird.«
Merwan Ma stutzte; er war verblüfft, mit welch durchgreifender Wirkung die Katastrophe seinen Meister zu neuen Taten anspornte. Während der letzten Jahre war es mehrfach zu Scharmützeln mit To-gai-ru gekommen, doch bei diesen unbedeutenden Gefechten war es stets geblieben. Jetzt aber traf die Stimme Gottes Vorbereitungen für einen umfassenden Krieg gegen das Steppenvolk, so wie schon einmal vor mehr als einem Jahrzehnt.
Der Geistliche war ziemlich unsicher auf den Beinen, als er, teils erschüttert, letztendlich aber auch beruhigt, dass sein Meister die Dinge im Griff hatte, den Audienzsaal verließ.
Yakim Douan lief lange unruhig auf und ab und steigerte sich in eine zunehmend heftige Erregung hinein. Wie konnten diese undankbaren To-gai-ru sich nur erdreisten, auf so freche und grausame Weise bis nach Behren vorzudringen? Hatte er diesen Barbaren nicht so etwas wie Zivilisation gebracht? Hatte er der Wildnis To-gais nicht eine angenehmere Lebensweise beschert?
Kurzatmig, ein scharfes Rasseln in den Lungen, setzte der Chezru-Häuptling sein aufgeregtes Hin-und-her-Gerenne fort, mit jedem Schritt die Absätze geräuschvoll auf den Boden setzend.
Plötzlich schoss ein glühend heißer Schmerz in seine Schulter und wanderte einer Feuerwoge gleich durch seinen Arm. Douan geriet ins Straucheln und wäre um ein Haar gestürzt. Für einen kurzen Augenblick verschwamm alles vor seinen Augen, und als sein Sehvermögen zurückkehrte, stellte er fest, dass er wieder in seinem Sessel saß.
Nun hatte sich der Schmerz in seiner Brust festgesetzt.
Yakim Douan bemühte sich, wieder auf die Beine zu kommen, stolperte und stürzte zu Boden. Er wollte schon nach Merwan Ma rufen, besann sich dann aber anders. Ihm war klar geworden, wohin er gehen musste, und er hatte erkannt, dass er es allein tun musste.
Schritt für Schritt schleppte sich der alte, unbeugsame Mann durch die langen Flure bis zum Saal des Kelches. Der Schmerz hatte mittlerweile stark nachgelassen, trotzdem griff Yakim Douan gierig nach dem Kelch, so gierig, dass ein Teil des darin enthaltenen Blutes auf seinem Gewand und dem Fußboden landete. Den Kelch an seine Brust gepresst, versenkte er sich in den magischen Stein und tauchte ein in die grauen Wirbel tief in seinem Innern.
Dann hielt er Einkehr, verzweifelt auf der Suche nach der inneren Harmonie seines Körpers, nach dem natürlichen und gesunden Rhythmus seines Seins. Fast augenblicklich ging sein Atem unbeschwerter, aber nicht etwa wegen irgendwelcher heilenden Kräfte, sondern lediglich aufgrund der Erkenntnis, dass ihm nichts Ernstes zugestoßen war, ein Umstand, der von einer Serie lauter Rülpser noch unterstrichen wurde.
Yakim Douan musste über sich selber lachen. Seine Verzweiflungstat war ein sicheres Anzeichen dafür, wie viel er zu verlieren hatte. Er war unsterblich, aber eben nur, solange er sein Umfeld fest im Griff hatte. Angenommen, eine plötzliche Attacke dieser brennenden Schmerzen streckte ihn nieder, würde er auch dann noch rechtzeitig die spirituelle
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