Schattenelf - 4 - Feuerzauber
Verbindung zu dem Hämatit herstellen können, um seinen Körper zu verlassen und einen Ersatz zu finden?
Yakim strich mit der Hand über den Fuß des Kelches; seine Finger waren nur durch eine dünne Metallschicht von dem Edelstein getrennt. Er konnte ihn ganz deutlich spüren, seine fast mit Händen greifbare Kraft, die ihn durch die Generationen und Jahrhunderte trug.
Ein Scheppern im Hintergrund des Saales ließ ihn zusammenzucken. Er drehte sich um und sah Merwan Ma dort stehen, einen ebenso überraschten wie entsetzten Ausdruck im Gesicht, ein Tablett mit sakralen Gegenständen, darunter auch das Messer für das Blutopfer, vor seinen Füßen auf dem Boden.
Yakim verglich das Bild, das er im Augenblick bot – die Hände um den Kelch geklammert, Blut auf ihm selbst und dem Fußboden –, mit dem Ausdruck auf Merwan Mas Gesicht und wusste sofort, der Geistliche hatte erkannt, dass dieser Kelch ein dunkles Geheimnis barg.
»Sieh an, mein junger Diener«, sagte der Chezru-Häuptling so gelassen wie möglich. »Wie ich sehe, wollt Ihr noch rasch Eure Pflichten versehen, bevor Ihr zu den Chezhou-Lei hinausgeht.«
Merwan Ma stammelte etwas Unverständliches, ließ sich ansonsten aber keinerlei Reaktion anmerken. Er bückte sich und machte sich daran, die Gegenstände wieder aufzuheben.
»Was ist?«, fragte Yakim Douan ebenso unverblümt wie kalt und mit genügend Nachdruck, um den jungen Mann in seiner knienden Stellung erstarren zu lassen.
»Stimme Gottes?«
»Ihr seid überrascht, mich hier anzutreffen?«
»So ist es, Stimme Gottes. Ich hatte geglaubt, Ihr würdet Euch im Audienzsaal ausruhen.«
»Aber eigentlich geht es um etwas völlig anderes, nicht wahr?«, fragte Yakim Douan langsam und mit Bedacht, bei jedem Wort einen Schritt auf seinen Diener zugehend.
»Stimme Gottes?«
»Was wisst Ihr über den Blutopferkelch?«
Merwan Ma setzte stammelnd zu den üblichen Erklärungen über die Rituale und angeblichen Kräfte des heiligen Kelches an, und Yakim Douan ließ ihn eine ganze Weile gewähren. Doch statt offen zuzugeben, was er wusste, schien er sich mit jeder Bemerkung nur noch tiefer in Ausreden und Vorwände zu verstricken, so dass dem scharfsinnigen Douan allmählich die Wahrheit dämmerte, dass nämlich Merwan Ma längst von dem im Kelch verborgenen Edelstein wusste.
Der Chezru-Häuptling ließ seinen Geist in den Edelstein eindringen und bediente sich der Pforte, die dieser Stein darstellte, um seine körperliche Hülle auf der Stelle zu verlassen. Dies vollbracht, hielt er nicht inne, sondern steuerte sofort auf den nichts ahnenden Merwan Ma zu, ließ seinen Geist in dessen Körper eindringen und entblößte dessen Innerstes, um Yakim Douan Einblick zu gewähren.
Noch im selben Augenblick wusste er, dass Merwan Ma tatsächlich von dem Hämatit wusste und dass es die Existenz des Edelsteins in Verbindung mit Yakim Douans Händen auf dem Kelch gewesen war, die den entsetzten Ausdruck auf seinem Gesicht hervorgerufen hatte.
Mit dem Geist der Stimme Gottes konfrontiert, taumelte der arme Geistliche nach hinten. Er fiel hin und landete in einer sitzenden Stellung, einen Arm schützend über seinem Gesicht, als wollte er einen Schlag abwehren.
Doch Yakim Douan war bereits auf dem Rückzug und floh, aus Angst, gegenüber dem neugierigen Geistlichen zu viel preiszugeben, zurück zu seinem Körper. Er schlüpfte wieder in seine Hülle und blinzelte in gespieltem Erstaunen mit seinen leiblichen Augen.
»Was ist, mein junger Freund?«, erkundigte er sich scheinheilig.
Unterdessen hatte Merwan Ma sich wieder etwas beruhigt, wenn auch nur geringfügig. Er kam wieder auf die Beine und tat, als wäre alles ganz normal. Doch Yakim Douan durchschaute seine Fassade. Merwan Ma wusste das, und weil er es wusste, hatte er Angst.
»Jetzt muss ich die rituellen Gegenstände … noch einmal reinigen«, stammelte der junge Mann.
»Nur zu«, erwiderte Yakim Douan freundlich. »Aber geht erst hinaus zu den Chezhou-Lei. Eure Pflichten hier können warten.«
Merwan Ma zögerte einen Moment und starrte seinen Meister an, ehe er erwiderte: »Sehr wohl, Stimme Gottes.« Dann entfernte er sich unter mehrfachen Verbeugungen zögernd aus dem Saal des Kelches.
Yakim Douan machte seinem Unmut über seine eigene Unvorsichtigkeit mit einem wütenden Knurren Luft. Er stellte den Kelch an seinen Platz zurück, wischte das Blut vom Boden auf, dann verließ er den Saal des Kelches und begab sich, bei jedem Schritt einen Fluch
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