Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung
Anspruch sei in irgendeiner Weise rechtmäßig.«
Shamus zuckte mit den Achseln, so als spiele das im Grunde keine Rolle. »Ursal ist weit weg«, sagte er. »Wäre König Danube bereits vor einigen Jahren gestorben, wäre unser Leben hier vermutlich kaum anders verlaufen als jetzt. Was für einen Unterschied macht das schon, solange dieser Aydrian sich nicht als Tyrann entpuppt, der erdrückende Steuern erhebt und die Landbevölkerung zum Frondienst presst.«
»So würde der Shamus, den ich kannte, niemals reden!«, rief Roger.
»Mag sein. Aber so redet ein Mann, der schon zu viele Schlachten erlebt hat.«
»Empfindest du etwa keine Loyalität gegenüber König Danube?«
»Früher, ja.«
»Und gegenüber seinem Bruder, seinem rechtmäßigen Nachfolger?«
Wieder zuckte Shamus mit den Achseln. »Wir wissen derzeit nichts über Prinz Midalis’ Pläne. Soll ich etwa einen Aufstand gegen die Ritter der Allhearts und das Heer der Kingsmen vom Zaun brechen? Möchtest du, dass ich meine Leute in ein Gemetzel führe, oder wieder zurück in die Wildnis der Wälder, um sich dort vor einem Gegner zu verstecken, den zu besiegen wir nicht einmal hoffen können? Außerdem, woher sollen wir wissen, dass der junge Aydrian sich nicht als wahrer Nachkomme Elbryans und Jilseponies entpuppt, und zwar sowohl nach seinem Geblüt als auch in seiner Gesinnung?«, fuhr er fort. »Sollte das der Fall sein, stehen dem Bärenreich womöglich goldene Zeiten bevor.«
Roger vermochte darin eine gewisse Logik zu erkennen, wie es auch sinnvoll schien, Herzog Kalas’ überlegenen Truppen derzeit keinen Widerstand zu leisten. Trotzdem konterte er, und zwar überaus geschickt, indem er den ehemaligen Kingsman an Aydrians Komplizen erinnerte und einfach dessen Namen nannte: »Marcalo De’Unnero.«
Shamus gab sich mit einem Nicken und einem verlegenen Lächeln geschlagen, das rasch einem Stirnrunzeln wich.
Wie so viele andere im Königreich wollte er an seinen Hoffnungen festhalten, das sah Roger durchaus, doch diese Hoffnungen ruhten auf den Schultern eines Mannes, der unter der Bevormundung eines Ungeheuers in Menschengestalt an die Macht gekommen war; und über dessen Untaten in der Vergangenheit konnte man nicht einfach hinwegsehen.
Noch vor der Morgendämmerung kehrte Roger wieder in den Wald zurück, wo er Bradwarden an der vereinbarten Stelle traf. Er berichtete dem Zentaur von den Geschehnissen; dieser hörte aufmerksam und unter ständigem Nicken zu, gab aber ansonsten durch nichts zu verstehen, ob er damit einverstanden war oder nicht.
Roger, der eine etwas heftigere Reaktion der ansonsten so leicht erregbaren Kreatur erwartet hatte, sagte mit Nachdruck: »Sie weigern sich, eindeutig Stellung zu beziehen.«
»Und sie tun gut daran«, erwiderte der Zentaur. »Shamus Kilronney wird seine Leute nicht in ein Gemetzel führen, und wenn du tatsächlich glaubst, sie hätten bei einem Kampf mit den Truppen Ursals auch nur den Hauch einer Chance, dann täuschst du dich.«
»Wir müssen unbedingt etwas unternehmen«, wandte Roger ein.
»Im Gegenteil, wir werden erst einmal abwarten«, erwiderte der Zentaur. »Ehe dies vorüber ist, werden wir noch von Prinz Midalis hören, lass dir das gesagt sein; aber erst muss er den Krieg beginnen. Danach können wir dann entscheiden, auf wessen Seite wir uns schlagen wollen.«
Roger hielt inne und dachte einen Moment darüber nach. Shamus’ Warnung, sich genau zu überlegen, zu wem er halten wolle, klang ihm noch immer in den Ohren. »Und bis dahin sollen wir gar nichts tun?«, fragte er.
»Ha, zu tun haben wir reichlich«, antwortete Bradwarden. »Oben im Norden wartet eine Freundin, die uns braucht, und unten im Süden haben wir einen Freund, der noch viel tiefer im Schlamassel steckt. Ich stehe zu meinen Freunden, ganz gleich, was es kostet, und du genauso, wenn du der Roger Flinkfinger bist, den ich kenne.«
Roger musterte ihn fragend und schien nicht recht zu begreifen. Die Anspielung auf Pony war ihm natürlich nicht entgangen, aber wer mochte dieser Freund im Süden sein? Etwa Braumin Herde? Glaubte der Zentaur, er und Roger hätten auch nur die leiseste Chance, sich bis zu ihm durchzuschlagen, vorausgesetzt, er lebte überhaupt noch?
»Steig auf meinen Rücken«, wies der Zentaur ihn an. »Bis Palmaris haben wir einen langen Weg vor uns, und ich habe vor, mich zu beeilen.«
Roger, immer noch konsterniert, tat wie ihm geheißen; dann stürmte der Zentaur los, dass die Grasnarbe unter
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