Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung
würde To-gai erneut um seine Freiheit kämpfen müssen. Und Bardohs erster Schachzug wäre sicherlich der Versuch, Dharyan-Dharielle für Behren zurückzuerobern.
Und ebenso unbestritten war, dass Brynn sich ihrer eigenen Grenzen in diesem Zusammenhang bewusst war. Sie drehte sich zu der Reitertruppe um. Hätte es überhaupt Auswirkungen auf den Ausgang, wenn sie sich mit ihren Kriegern in diesen Konflikt einmischte?
Eben das war der strittige Punkt – und das Argument, das schließlich in Brynns Überlegungen den Ausschlag gab. Sie sah zu Pagonel und zeigte ihm mit einem Nicken, dass sie verstanden hatte, ehe sie sich wieder zurück zu den anderen begab, die auf der Straße warteten. Während der letzten Wochen hatte sie diesem Augenblick der Entscheidung aus dem Weg zu gehen versucht. Den gesamten Weg zu Pherols Höhle und wieder zurück hatte sich Brynn noch der Hoffnung hingegeben, Mado Wadon würde Tohen Bardoh besiegen und das Problem aus der Welt schaffen, ehe sie in der Frage, ob sie To-gai nun in diesen Krieg hineinziehen wollte oder nicht, öffentlich Stellung beziehen musste.
Jetzt hatte sie keine Zeit mehr.
»Reitet zurück nach Dharyan-Dharielle und sammelt sämtliche dort eintreffenden Truppen«, wies sie Tanalk Grenk an.
»Dann solltet Ihr Euch aber beeilen!«, riet Paroud. »Wenn Ihr tatsächlich eine größere Streitmacht zusammenstellen wollt, müsst Ihr es sofort tun, sonst könnte es für Yatol Wadon zu spät sein!«
Brynn sah ihn kurz an, wandte sich dann aber wieder ihrem Kommandanten zu. »Ihr organisiert die Verteidigung Dharyan-Dharielles sowie sämtlicher nach To-gai führenden Straßen und Wege«, befahl sie. »Sollte Yatol Bardoh sich als siegreich erweisen, wird er sich sofort gegen uns wenden, daran zweifle ich keine Sekunde. Aber wir werden auf ihn vorbereitet sein!«
»Das werden wir!«, versprach Tanalk Grenk.
»Was ist das nun wieder für ein Unfug?«, wollte Paroud wissen, als ihm allmählich dämmerte, was das alles zu bedeuten hatte. »Wollt Ihr uns etwa in unserer Stunde der Not im Stich lassen?«
»Euch im Stich lassen?«, wiederholte Brynn verständnislos.
»Erst heuchelt Ihr Freundschaft mit Yatol Wadon, um Eure Ziele durchzusetzen, aber sobald diese Freundschaft auf die Probe gestellt wird –«
»Freundschaft?«, fiel Brynn ihm ins Wort. »Ich habe weder behauptet, mit Yatol Wadon befreundet zu sein, noch habe ich eine solche Freundschaft vorgetäuscht.«
Paroud fing an zu stammeln und überschlug sich beinahe in seinem wild gestikulierenden Protest. »Als Yatol Bardoh vor Euren Toren stand … als Ihr dringend Hilfe brauchtet … war es da nicht Yatol Mado Wadon, der –«
»Der die Garnisonstruppen aus Jacintha zurückbeordert und die Armee zurückgezogen hat, weil er keinen weiteren verlustreichen Kampf riskieren wollte?«, beendete Brynn den Satz für ihn. »Lasst Euch eins gesagt sein: Ich bin kein Feind Eures Yatol Wadon. Aber mir ist ebenso klar wie Euch, dass sein Entschluss, auf eine Schlacht bei Dharyan zu verzichten, einzig seinem eigenen und dem Vorteil Behrens diente.«
»Er hat Euch die Stadt überlassen!«, schrie Paroud sie an. »Eine behrenesische Stadt!«
»Weil er nur die Wahl zwischen mir und Yatol Bardoh hatte, der ihn, darüber war er sich im Klaren, bei der nächstbesten Gelegenheit angreifen würde!«, entgegnete Brynn. »Nein, mein Entschluss steht fest, und er wird dem Wohle To-gais dienen.« Sie sah zu Tanalk Grenk und bedeutete ihm mit einem Nicken, er könne sich nun entfernen. Dieser senkte ehrerbietig das Kinn, dann riss er sein geschecktes Pony herum und begann mit der Einteilung der Krieger für den Heimritt.
Paroud wollte erneut protestieren, doch Brynn trat unmittelbar vor ihn hin und musterte ihn mit kaltem Blick.
»Ich werde die To-gai-ru niemals bitten, ihr Blut zum Wohle von Behrenesern zu vergießen«, erklärte sie vollkommen ruhig. »Nicht, solange die Grausamkeit der Behreneser ihnen noch so frisch im Gedächtnis ist. Wenn Euer Yatol Wadon ein echtes Bündnis, vielleicht sogar eine Freundschaft zwischen unseren beiden Völkern wünscht, dann ist es seine verdammte Pflicht, für diese Freundschaft auch etwas zu tun.«
Lange verharrte Paroud vollkommen regungslos, dann flüsterte er: »Es dürfte Yatol Wadon schwer fallen, einen solchen Kurs einzuschlagen, wenn er nicht mehr lebt.«
»Das wäre überaus bedauerlich«, erwiderte Brynn. »Und ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um das zu verhindern.«
Auf
Weitere Kostenlose Bücher