Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
wütend werden konnte.
Aber Pony lachte nur amüsiert. »Dann begleitet mich doch einfach«, schlug sie vor. »Gehen wir gemeinsam hinüber und markieren das ganz außen liegende Schiff – und dann übernehmen wir das Flaggschiff, ehe dieses Boot überhaupt dort eintrifft.«
»Könntet Ihr das tatsächlich tun?«
Ponys Lächeln wurde noch strahlender, und sie reichte ihm die Hand. Kaum hatte er sie ergriffen, führte sie ihn bis zum äußersten Rand des tief im Wasser dahingleitenden Bootes. Ein kurzer Blick nach hinten zu Bradwarden, ein kurzes Augenzwinkern, dann trat sie, Midalis hinter sich herziehend, über die Reling.
Für Pony war es ein Leichtes, die Energien der beiden Steine, des Hämatits und des Bernsteins, so miteinander zu verknüpfen, dass der Zauber des Wasser-Wandeins sich auch auf Midalis übertrug. Zusammen eilten die beiden der langsam dahingleitenden Flotte voraus. Kurz darauf gelangten sie in Sichtweite der dunkel vor ihnen aufragenden Kriegsschiffe.
Seitlich davon kam jetzt auch Pireth Dancard in Sicht, das um diese Stunde bereits im Dunkeln lag. Nur aus einem einzigen Fenster auf halber Höhe des Hauptturms drang die Andeutung eines Lichtscheins.
Als Erstes geleitete Pony Midalis weit nach links, sodass sie sich dem am weitesten draußen liegenden Kriegsschiff näherten. Dort angekommen, gelang es ihnen ohne Zwischenfall, an der Bordwand hinaufzuklettern. Pony gab dem Prinzen per Handzeichen die Richtung vor, dann griff sie in einen zweiten Beutel an ihrem Gürtel, dem sie eine Kerze sowie eine Blendhalbkugel entnahm. Diese stellte sie in den unteren Teil der Reling zwischen zwei Geländersäulen und schirmte das Licht nach allen Seiten ab, bis man es nur noch von der immer näher kommenden Flotte aus sehen konnte.
Anschließend kletterten die beiden wieder über Bord und enterten das nächste Schiff, wo sie die Prozedur wiederholten. Sie hatten bereits fünf markiert, als sie das Herannahen der lautlosen Flotte bemerkten und ihnen dämmerte, dass ihre Zeit knapp wurde.
»Die Übrigen werden sie auch ohne unsere Hilfe finden«, versicherte Pony dem Prinzen, ergriff seine Hand und begab sich hinüber zu dem in der Mitte der zweiten Reihe vor Anker liegenden Schiff ganz in der Nähe der Lagerhäuser.
Wieder gelangten sie mühelos an Bord, doch dann wurde ihnen schlagartig bewusst, dass dieses Schiff nicht annähernd so verlassen dalag wie die übrigen. Ohne das geringste Zögern bedeutete sie Midalis, ihr zu folgen, und hielt auf die große, achtern oberhalb des Hecks des großen Dreimasters gelegenen Deckkajüte zu.
»Seid Ihr bereit?«, fragte Pony.
Aber der Prinz grinste nur. Die unerwartete Kühnheit seiner Begleiterin begeisterte ihn offensichtlich.
Nachdem sie Midalis seitlich neben dem äußeren Türpfosten platziert hatte, trat sie durch die Tür.
Die Männer drinnen, fast ein Dutzend an der Zahl, sahen von dem mit Münzen bedeckten Tisch auf, der zwischen ihnen stand.
»Was zum …?«, begann einer.
»Seid gegrüßt«, erwiderte Pony.
Mehrere Männer sprangen von den Stühlen auf, einige griffen sogar nach ihren Waffen.
»Es scheint, als wollte uns Graf DePaunch was zum Vergnügen schicken«, rief ein Matrose lüstern.
Ein anderer meinte: »Pah, dafür ist die viel zu alt!«
»Erkennt mich etwa keiner von euch wieder?«, erwiderte Pony, einen resignierten, fast traurigen Unterton in der Stimme. »Und das nach all den Jahren, die ich mit euch auf der Flusspalast gefahren bin.«
Die Bemerkung trug ihr nicht wenige erstaunte Blicke ein.
»Königin Jilseponie!«, stieß einer der Soldaten hervor, was die Verwirrung der anderen noch vergrößerte und immer mehr Männer zu den Waffen greifen ließ, obwohl die ersten, die sie schon in Händen hielten, sie bereits wieder senkten.
»Wie konntet ihr das alles nur so schnell vergessen«, sagte Pony vorwurfsvoll. »Mich und euer rechtmäßiges Königshaus!« Als sie geendet hatte, zog sie Prinz Midalis hinter dem Türpfosten hervor.
Einem der Soldaten entfuhr ein erschrockener Schrei, und ein anderer geriet bei dem Versuch, von seinem Stuhl aufzuspringen, ins Stolpern. Zwei Matrosen dagegen rissen ihre Waffen hoch und sprangen vor, um sich mit einem vereinten Kriegsschrei auf sie zu stürzen.
Aber Pony war schneller. Sie hob die Hand und versetzte den beiden mit einer unvermittelten Lichtexplosion einen Stoß, der sie von den Füßen riss und in den hinteren Winkel der Kajüte schleuderte.
Andere machten Anstalten,
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