Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
überbrachte«, erwiderte Pagonel, was ihm einen erstaunten Blick der beiden Führer eintrug, da dies erst am Vortag geschehen war. »Mein Besuch hier ist gewissermaßen die Antwort auf Eure Nachricht.«
»Dann schenkt Brynn Dharielle unseren Worten keinen Glauben?«, fragte Abt Olin.
Pagonel, der genau auf die feinen Untertöne in der Erwiderung des Abtes geachtet hatte, glaubte etwas herauszuhören, eine grundlegende Aufrichtigkeit, so als hoffte Abt Olin geradezu, seine Schlussfolgerung sei richtig.
»Das Auftreten Yatol De Hammans ließ es uns geraten erscheinen, uns seine Erklärung bestätigen zu lassen«, erwiderte Pagonel.
»Natürlich, natürlich«, beeilte sich Abt Olin mit wenig überzeugender Freundlichkeit zu erwidern. »Und wo bleiben nur unsere Manieren, Yatol Wadon? Pagonel vom Orden der Jhesta Tu – oder fühlt Ihr Euch derzeit wieder den To-gai-ru zugehörig? –, ich möchte Euch Meister Mackaront aus St. Bondabruce, meinen vertrauten Stellvertreter, vorstellen, des weiteren Bretherford, Herzog des Mirianischen Ozeans und Kommandant der mächtigen Flotte Ursals.«
»Und ich bin Yatol Sinseran«, erklärte der Unbekannte, als offenkundig wurde, dass Abt Olin nicht die Absicht hatte, ihn ebenfalls vorzustellen – ein Detail, das Pagonel keineswegs entging.
Während der ganzen Prozedur ließ der Mystiker den Herzog des Mirianischen Ozeans keinen Moment aus den Augen, denn er glaubte bei ihm etwas zu erkennen – Abscheu womöglich?
»Ihr habt Euch weit von zu Hause entfernt, guter Herzog«, erklärte Pagonel mit einer Verbeugung.
Pagonel fiel auf, dass Herzog Bretherford offenbar nicht die Absicht hatte, seiner Behauptung zu widersprechen.
»Das Gleiche ließe sich von Euch, einem Mystiker der Jhesta Tu, behaupten«, warf Abt Olin ein.
»Ich – und natürlich auch Brynn Dharielle – gehe davon aus, dass man Yatol De Hamman mitsamt seinem Heer nach Jacintha zurückbeordern wird«, erklärte Pagonel.
»Ich werde mich darum kümmern«, setzte Yatol Wadon an, ehe Olin ihm mit der Bemerkung ins Wort fiel: »Hat Yatol De Hamman sein Lager etwa zu Unrecht auf behrenesischem Boden aufgeschlagen?«
Pagonel bemerkte das kaum merkliche Zusammenzucken Yatol Wadons, und er bemerkte auch, dass Bretherford die Begeisterung seiner Mitstreiter keineswegs teilte, sogar noch weniger als Mado Wadon.
»Mit seiner Anwesenheit auf den Feldern rings um Dharyan-Dharielle zwingt er die Stadt zu ständiger Alarmbereitschaft«, konterte Pagonel.
»Nur, wenn Ihr kein Vertrauen in uns habt«, sagte Abt Olin selbstgefällig.
»Zumal wir uns praktisch im Belagerungszustand befinden«, fuhr der Mystiker fort. »Sollen wir unseren Kaufleuten etwa erlauben, die Oststraße zu benutzen, mitten durch die Linien einer noch vom jüngsten Kampf gegen uns gezeichneten Armee?«
»Ihr hattet offensichtlich keine Probleme, die Stadt zu verlassen«, erwiderte Abt Olin trocken.
»Ich verfüge über gewisse Möglichkeiten, die nicht jedem offen stehen.«
»Die geheimnisumwitterten Jhesta Tu«, bemerkte Yatol Sinseran mit vor Sarkasmus triefender Stimme.
»Wird Eure Armee sich nun zurückziehen?«, fragte Pagonel, ohne den Narren weiter zu beachten.
Yatol Wadon machte Anstalten, ihm zu antworten, doch Abt Olin kam ihm erneut zuvor. »Diese Entscheidung obliegt allein Yatol De Hamman, der den Auftrag hat, die Grenzen Behrens zu sichern. Bis zur vollständigen Erledigung dieser Aufgabe bleibt es ihm überlassen, sich nach eigenem Gutdünken zu bewegen, und solange er dabei behrenesischen Boden nicht verlässt, ist sein Handeln vollkommen rechtens. Im Übrigen waren wir aufrichtig überrascht, als wir von den Ereignissen erfuhren, die zu dieser unglückseligen Schlacht geführt haben. Dharyan-Dharielle sollte doch eine offene Stadt bleiben, oder irre ich mich da? Und doch berichtete uns Yatol De Hamman, dass seinem Entschluss zum Angriff ein Vertragsbruch von Seiten Brynn Dharielles vorausging. Vielleicht war er ein wenig vorschnell mit seinem Urteil, gleichwohl solltet Ihr Eure Führerin belehren, dass Verträge mehr sind als bloße Worte auf Papier. Sämtliche Unterzeichner sind durch ihre Ehre an sie gebunden, sonst wären die Verträge ja wertlos.«
»Die Stadt steht allen Gelehrten und Reisenden offen«, erwiderte Pagonel. »Einer kompletten Armee, einer Armee, deren Zahl die unser Garnisonstruppen um mehr als das Fünffache übersteigt, konnten wir nicht einfach Einlass gewähren. Brynn ist mit der Sicherung
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