Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
werden sich nicht so leicht ersetzen lassen. Irgendwann wird der Druck auf To-gai zu stark werden. Kehrt sie dann in ihre Heimat zurück, werden wir eine zweite Armee in Marsch setzen, um die Sicherheit Behrens zu gewährleisten. Und wenn im Anschluss daran König Aydrian eintrifft, werden wir dieses Weib mitsamt ihren jämmerlichen Truppen in Grund und Boden stampfen.«
Yatol Paroud hatte nickend zugehört. Während er den Verheißungen eines endgültigen Sieges lauschte, war ein unübersehbarer Glanz in seine Augen getreten. Yatol Mado Wadon dagegen war weit davon entfernt, seine Begeisterung zu teilen. Kümmerte es Abt Olin nicht einmal, dass dabei garantiert Tausende von behrenesischen Bürgern hingemetzelt würden? Vermochte er die entzweienden Kräfte der zahllosen verschiedenen behrenesischen Gruppierungen, uralten Stämme und Blutlinien nicht richtig einzuschätzen, die ein treues Festhalten an Traditionen erforderten, die weit über die des Königreiches und selbst des Chezru hinausgingen? Theoretisch war Behren über Hunderte von Jahren ein geeintes Königreich gewesen, doch selbst in den letzten Jahren Yakim Douans hatte das politische Gefüge des Landes seinem Wesen nach eher einer Stammesgesellschaft entsprochen.
»Letzten Berichten zufolge befindet sich Brynn Dharielle nahe der Oase Dahdah«, brachte Yatol Wadon vor. »Und zwar auf dem Weg nach Osten, Richtung Jacintha.«
»In Begleitung wie vieler Krieger?«
»Vielleicht eintausend«, antwortete Yatol Wadon wahrheitsgemäß, eine Zahl, die ihm, als er sie laut aussprach, selbst ein wenig lächerlich vorkam. Es bedurfte einer weit größeren Armee, wenn man auch nur eine Chance haben wollte, Jacintha einzunehmen – zumal die dort stationierten Soldaten durch annähernd zehntausend Soldaten aus dem Bärenreich verstärkt worden waren. »Außerdem hat sie natürlich den Drachen bei sich.«
»Nun, soll sie doch angreifen«, sagte Abt Olin. »Soll sie doch wegen dieser Bestie einer Selbstüberschätzung erliegen und gegen unsere Mauern anrennen. Meister Mackaront hat eine ganze Schar zusätzlicher Ordensbrüder mitgebracht, alle bewaffnet mit Grafit und Serpentin, dem Stein des Blitzes, dessen Schild sogar Drachenfeuer abzuwehren vermag. Falls sie, wie Ihr glaubt, tatsächlich angreift, wird Ihr das übertriebene Selbstvertrauen zum Verhängnis werden, und zwar auf grässliche Weise. Wie großartig werdet Ihr in den Augen Eurer Landsleute wohl dastehen, wenn Ihr siegreich aus der Schlacht um Jacintha und dem Kampf gegen den Drachen von To-gai hervorgeht?«
Yatol Wadon dachte über die Bemerkung nach, dann begann er langsam zu nicken.
»Meine Flotte ist derzeit unser einziger Schwachpunkt, weshalb ich Herzog Bretherford Befehl gegeben habe, sich weiter Richtung Norden von der Küste zu entfernen, außer Sichtweite des Hafens von Jacintha. Sollten Brynn und ihr Drache sie bis in die Gewässer des Bärenreiches verfolgen, würde sie sich damit sofort den Zorn König Aydrians zuziehen. Dann könnte sie nicht einmal mehr ein Schwarm von hundert Drachen retten. Seid unbesorgt«, erklärte Abt Olin, der mit Meister Mackaront im Schlepptau bereits auf dem Weg zur Tür war. »Brynn Dharielles Chance zuzuschlagen schwindet rasch dahin, und das weiß sie. Wenn sie klug ist, wird sie in ihre Heimat fliehen. Eins dürfte ihr jedenfalls ebenso klar sein wie uns: Letztendlich kann sie gar nicht gewinnen.«
»Egal, welchen Preis sie dafür zu zahlen bereit ist?«
Bereits an der Tür, wandte Abt Olin sich noch einmal um und zeigte Yatol Wadon ein gehässiges Grinsen. »Das ist ohne Bedeutung.«
»Sie kann Jacintha auf keinen Fall erobern, Meister«, bemerkte Yatol Paroud.
»Aber sie könnte große Verwirrung stiften«, gab Yatol Wadon zu bedenken. »Was sie ja bereits getan hat. Wir werden möglicherweise Monate brauchen, um die Überreste von Yatol De Hammans Streitmacht neu zu formieren, und ohne sie …«
»Auf Abt Olin sind wir jetzt in noch viel stärkerem Maße angewiesen«, fiel Yatol Paroud ihm ins Wort. Die Bemerkung schien ihn, als sie ihm über die Lippen kam, selbst zu überraschen. »Mein Yatol, Ihr … glaubt doch nicht etwa …«, stammelte er.
»Dass sich alles exakt Abt Olins Erwartungen entsprechend entwickelt?«, unterbrach ihn Yatol Wadon. »Nein, ich denke nicht, dass dies seinen Absichten entspricht. Meiner Überzeugung nach bedauert er die Niederlage bei Dharyan-Dharielle – er hätte gewiss nichts lieber getan, als seinem König die
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