Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
und Pony schob sich daran vorbei bis vor die Bardin und schlug ihr den Handrücken ins Gesicht. Dann packte sie ihren gestreckten Schwertarm und zog sie mit einer wuchtigen Drehung wie einen Schild vor ihren Körper – ein Schachzug, der De’Unnero auf der Stelle innehalten ließ. Pony hatte Mühe, seinen Gesichtsausdruck zu deuten. War das Trauer? Oder Verwirrung? Mit Sicherheit hatte sie nichts dergleichen jemals zuvor in den Zügen des brutalen und gewissenlosen Mönchs beobachtet.
Pony ließ sich ihre Überraschung nicht anmerken. Ein kräftiger Ruck, und sie hatte Sadyes eingeklemmten Schwertarm so verdreht, dass sie Beschützer, das Schwert, das eigentlich ihr gehörte, Sadyes erlahmendem Griff mühelos entwinden konnte. Kaum hatte sie es in der Hand, stemmte sie der Bardin einen Fuß ins Kreuz und stieß sie mit einem wuchtigen Tritt nach vorn, sodass sie in Richtung De’Unnero taumelte. Sadye entfuhr ein Schrei, als er sie auffing, und sie streckte schon die Arme vor, so als wollte sie ihn umarmen. Doch der Mönch machte eine halbe Körperdrehung und schleuderte sie grob hinter sich zu Boden.
De’Unnero griff augenblicklich wieder an, doch jetzt hielt Pony eine weitaus edlere Klinge in der Hand. Ihre Gegenstöße kamen schneller, und als sie den Mönch einige Schritte zurückdrängen konnte, erzielte sie sogar einen leichten Treffer.
»Bei Gott, was haben uns da für Teufel heimgesucht!«, rief einer der Mönche von St. Mere-Abelle, als er in einer von Meister Viscenti angeführten Gruppe von Ordensbrüdern quer durch den Innenhof hastete.
Die Gruppe blieb kurz stehen und sah zum Fundament des Wehrturms hinüber, wo Bradwarden und Andacanavar sich soeben ein erbarmungsloses Gefecht gegen eine Horde von Angreifern lieferten.
»Das sind keine Feinde!«, jubelte Meister Viscenti begeistert. »Versucht euch zu ihnen durchzuschlagen, Freunde! Die Hoffnung ist in unsere Mauern zurückgekehrt!« Als seine Augen von den beiden Kämpfern nach oben wanderten, erblickte er im Fenster des Obergeschosses eine weitere vertraute Gestalt, die einen Pfeil nach dem anderen auf jeden abschoss, der sich Bradwarden und dem hünenhaften Alpinadoraner zu nähern wagte.
Auf ihrem Weg zu den beiden Kriegern erblickte Viscenti noch einen weiteren alten Bekannten, einen prächtigen Hengst, der reiterlos über das Gelände trabte. Bei seiner letzten Begegnung mit Symphony hatte Aydrian das Pferd geritten. War Aydrian womöglich bereits gefallen?
»Gut gezielt, kleiner Mann!«, johlte Bradwarden, als die Mönche am Fuß des Turmes anlangten, um die beiden unermüdlichen Kämpfer, die ohnehin schon einen Gegner nach dem anderen niederstreckten, mit Armbrüsten und Steinmagie zu unterstützen. »Wir werden sie alle miteinander zum Teufel jagen!«
Viscenti wollte schon etwas erwidern, doch seine Worte gingen im Gebrüll einer gewaltigen Stimme unter, deren Lautstärke alles bislang Gehörte übertraf.
»LEGT DIE WAFFEN NIEDER!«, dröhnte Pherol, als Pagonel ihn über den Innenhof gleiten ließ. »WARUM FÜR AYDRIAN ODER MIDALIS STERBEN, WENN SIE ALLEIN BESTIMMEN WERDEN, WER KÖNIG WIRD? SIE LIEFERN SICH EINEN KAMPF AUF LEBEN UND TOD, DEN NUR EINER ÜBERLEBEN WIRD. LEGT DIE WAFFEN NIEDER, MÄNNER. SOLLEN DIE BEIDEN UNTER SICH AUSMACHEN, WER KÖNIG IST!«
Der Drache jagte über ihre Köpfe hinweg und wiederholte seinen Aufruf ein ums andere Mal, bis er sich schließlich in Richtung Norden entfernte, wo die Schlacht tobte.
Das Kampfgeschehen dort flaute tatsächlich etwas ab, aber ob dies tatsächlich auf Pherols eindringliche Aufforderung zurückzuführen war oder schlicht daran lag, dass viele sich beim Anblick der gewaltigen Bestie Deckung suchend zur Seite geworfen hatten, vermochte niemand zu sagen.
Aydrian fand seinen Rhythmus wieder und hatte keine Mühe, den Kampf fortzusetzen, zumal seine magischen Kräfte zu neuem Leben erwachten. Gekonnt parierte er Brynns nächsten Stoß, riss sein Schwert blitzschnell herum, um Midalis’ Hieb abzublocken, und brachte sogar noch einen Stoß in die Gegenrichtung an, der einen abellikanischen Meister traf, der sich davonzustehlen versuchte. Der Mönch sank stöhnend zu Boden, und Aydrian fuhr abermals herum, um sich die hartnäckig nachsetzende Brynn mit zwei gekonnten Paraden vom Leib zu halten.
Aydrian überlegte, welchen Gegner er mit seinem Lichtblitz niederstrecken sollte. Am besten Midalis, denn noch hatte er die Hoffnung nicht ganz aufgegeben, Brynn auf seine Seite
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