Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
ziehen zu können. Er begann, sich in den Grafit in Sturmwinds Knauf zu versenken.
Doch dann hielt er inne, als er einen Ruf aus dem Jenseits wahrnahm, den er nicht ignorieren konnte. Seine anfängliche Überraschung wich schnell einem fast übermütigen Gefühl der Überlegenheit, als er erkannte, woher der Ruf kam. Er wandte sich zur Tür um und sah die neueste Schöpfung seiner Magie den Raum betreten.
»Ihr habt Euch von Hütern herbegleiten lassen, Prinz Midalis«, sagte er. »Meinen Glückwunsch zu Eurem klugen Entschluss, nicht nur meine Mutter, sondern auch Brynn Dharielle für Euch zu gewinnen.«
»Und Andacanavar!«, entgegnete Midalis. »Ich nehme an, der Name sagt Euch etwas!«
»Demnach hätten sich ja alle Hüter, die es gibt, hier eingefunden!«, rief Aydrian. »Welch ein erhebender Anblick! Drei auf Eurer Seite, denn meiner Mutter möchte ich den Titel schließlich auch zusprechen, und deren zwei auf meiner!«
»Zwei?«, rief Brynn erstaunt, brach mitten im Angriff ab und trat schnell ein paar Schritte zurück.
Aydrian wandte sich zur Seite, lief um den mit Blut und Hirnmasse bespritzten Thron herum und veränderte so den Blickwinkel der Kämpfenden. Alle drei standen jetzt seitlich zur Tür und konnten den Auftritt des zum Zombie gewordenen Elbryan verfolgen.
»Was hast du getan?«, keuchte Brynn entsetzt.
Aydrian hielt einen Seelenstein in die Höhe, versenkte sich in ihn und rief die Kräfte des Jenseits herbei. Sofort legte sich ein dunkler Schatten über den Raum, ein bläulich schwarzer Schimmer, der von seiner Hand ausging. Die Kräfte der Unterwelt sprangen von Aydrian auf den Zombie über. Plötzlich straffte sich die Kreatur und bewegte sich weniger steif, ja sogar ihre Wunden schienen plötzlich zu verheilen, so als hätte die Rückverwandlung in ihren einstigen Zustand eingesetzt.
Wenige Augenblicke später hatte die Kreatur kaum noch Ähnlichkeit mit einem verfaulenden Zombie, sondern glich, bis auf das noch immer graue, finstere Gesicht, immer mehr Elbryan.
»Darf ich vorstellen: Elbryan, der Nachtvogel«, verkündete Aydrian. »Sei gegrüßt, Vater«, wandte er sich an den Geist, ehe er seinem neuen Verbündeten Sturmwind zuwarf und ihm mit einer Geste auf Brynn befahl: »Vernichte sie.«
Brynn und Midalis kamen nicht mehr dazu, eine Erklärung zu verlangen. Elbryans Geist stürzte in perfekter Körperhaltung quer durch den Raum und attackierte Brynn mit solchem Ungestüm und so gekonnten Schlägen, dass sie völlig in die Defensive gedrängt wurde und gezwungen war zurückzuweichen.
Aydrian wandte sich Midalis zu. »Dann also König gegen König«, rief er, zog Falkenschwinge aus der Halterung auf seinem Rücken und hielt den unbespannten Bogen wie eine Lanze vor seinen Körper. »Das Bärenreich gehört mir, Narr. Die Zeit des Hauses Ursal ist endgültig vorbei.«
Einen wütenden Schrei auf den Lippen, stürzte sich Prinz Midalis mit dem Mut der Verzweiflung auf ihn.
Mittlerweile hatten die bläulich schwarzen Schatten auch die Galerie erfasst und tauchten Pony und De’Unnero in ihren unwirklichen Schimmer.
Dann vernahmen sie von unten Aydrians Erklärung. Die beiden Kämpfer arbeiteten sich sofort bis ans Geländer vor und unterbrachen ihr Gefecht für einen Moment, um einen Blick auf Elbryans Geist zu erhaschen.
»Aydrian«, murmelte De’Unnero mit kaum hörbarer Stimme. Die Verwegenheit des jungen Königs verschlug ihm fast die Sprache.
Doch als er sich wieder umdrehte und Pony betrachtete, begriff er. Die ganze Zeit über hatte Aydrian darauf beharrt, Pony sei keine echte Gefahr für ihn und dass er schon wisse, wie er Jilseponie ihrer Macht berauben könne. Als er jetzt ihr blutleeres Gesicht betrachtete, ihren weit offen stehenden Mund, so als musste sie sich sogar zum Atmen zwingen, wurde dem Mönch alles klar.
De’Unnero lachte ihr ins Gesicht. »Er hat sogar Macht über den Tod«, sagte er und begann langsam auf die wie gelähmt wirkende Pony zuzugehen. Plötzlich kam sie ihm alt und schwächlich, ja fast schon Mitleid erregend vor. »Vielleicht wird Euer großartiger Sohn eines Tages auch Euren verfaulenden Körper aus der kalten Erde holen, damit Ihr tut, was immer er von Euch verlangt.«
De’Unnero ging langsam auf sie zu, doch Pony ließ sich ohne jede Gegenwehr, die Spitze ihres Schwerts zu Boden gesenkt, bis zur Wand zurückdrängen.
Es war fast enttäuschend einfach für De’Unnero.
Auf die vor den Toren von St. Mere-Abelle tobende
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