Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
gepanzerten Pferde gegen das bereits in Mitleidenschaft gezogene Hindernis anrennen ließen.
»Das Tor muss um jeden Preis gehalten werden!«, rief Brynn ihren Männern zu. Sie sah Hilfe suchend zu Pagonel, doch der war bereits in ein erbittertes Gefecht mit zwei Kriegern verwickelt, denen es gelungen war, die Stadtmauer zu erklimmen.
»Lauf weiter!«, rief ihr der Mystiker zu. Dann tauchte er unter dem waagrechten Schwerthieb des einen Kriegers hinweg und brachte ihn mit einem weiten Beinschwung zu Fall. Sogleich stürzte er sich katzenhaft auf den zweiten Krieger, bevor dieser sein Schwert gegen ihn erheben konnte. Seine gestreckten Finger bohrten sich kraftvoll in seine Luftröhre und nahmen ihm nicht nur die Luft zum Atmen, sondern auch das Gleichgewicht.
Der Mystiker fing ihn auf, bevor er tot zusammenbrechen konnte, umklammerte ihn mit beiden Armen und hielt ihn wie einen menschlichen Schild vor seinen Körper – als Schutz gegen den zweiten Angreifer, der sich soeben erneut auf ihn zu stürzen versuchte.
Doch dann zögerte er plötzlich. Pagonel schleuderte ihm den erschlafften Körper vor die Füße, und während der aufrecht stehende Krieger seinem zu Boden stürzenden Kameraden instinktiv mit dem Blick folgte, sprang der Mystiker vor, ließ seinen Fuß mit einer Körperdrehung vorschnellen und beförderte den Angreifer mit einem Tritt über die Mauerbrüstung.
Brynn sprang, unmittelbar gefolgt von ihren Begleitern, hinunter in den Mauerinnenhof. »Aufsitzen!«, befahl sie, denn Fußsoldaten würden von den gegen das Tor anstürmenden berittenen Kriegern vermutlich sehr schnell überwältigt werden.
Ringsumher schrien Soldaten wild durcheinander, es ertönten grauenhafte Schlachtgeräusche, die Brynn Dharielle inständig gehofft hatte, nie wieder ertragen zu müssen. Sie konnte kaum glauben, welch plötzliche Wendung die Ereignisse genommen hatten, und die Vorstellung, dass Aydrian, so viele Jahre lang ihr treuer Gefährte, die Ursache für dieses Chaos war, erzürnte sie zutiefst.
Mit grimmiger Entschlossenheit schwang sich die Führerin der To-gai-ru in Nestys Sattel und führte ihre Truppe unmittelbar vor das belagerte Stadttor.
»Kämpft tapfer!«, rief sie.
»Und geht mutig in den Tod!«, kam die Antwort der To-gai-ru.
Irgendwo weit draußen vor der Stadt waren Hornsignale zu hören, und plötzlich wurde überall auf den Mauern Tanalk Grenks Name gerufen.
Brynn nickte grimmig. Sie wusste, dass ihr treuer und fähiger Kommandant De Hamman hart an den Flanken attackieren und dem Angriff auf die Stadt dadurch etwas von seiner Wucht nehmen würde.
Als auf den Mauern erneut aufgeregte, ja hoffnungsvolle Rufe laut wurden, folgte Brynn ihnen mit dem Blick, bis sie schließlich immer mehr Krieger kurz innehalten und mit dem Finger in den südwestlichen Himmel zeigen sah.
»Jetzt wirst du meinen Drachen kennen lernen, Yatol De Hamman«, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Am liebsten wäre sie hinaufgeklettert, um das Schauspiel mit eigenen Augen zu verfolgen, doch mittlerweile hatte das Tor unter lautem Knirschen immer weiter nachgegeben, bis ein Spalt zwischen den beiden Flügeln klaffte und eines der riesigen Tore schließlich unter großem Getöse in den Mauerinnenhof fiel. Es lag kaum am Boden, als bereits der Sturmangriff der Kavallerie des Bärenreiches darüber hinwegfegte.
»Kämpft tapfer!«, rief Brynn erneut.
»Und geht mutig in den Tod!«, erschallte der von Leidenschaft erfüllte Schlachtruf.
Brynn stürmte voran. Ihr kräftiges Pony scheute nicht im Mindesten zurück, als sie es unmittelbar gegen die Flanke eines weit größeren Pferdes drängte und zwischen dieses und ein zweites schob. Eine blitzschnelle Schwertbewegung nach links und gleich darauf nach rechts, und schon hatte sie den ersten Angriff abgewehrt und einen zweiten eingeleitet, den der Reiter aus dem Bärenreich nur mit knapper Not abblocken konnte. Aber als er zum Konter ansetzte, verriss Brynn gekonnt ihr Pony und brachte es aus seiner Reichweite, ehe das Tier in perfektem Einklang mit ihrem zweiten Stoß erneut nach vorne preschte.
Diesmal durchbrach ihr Schwert die Verteidigung des Kriegers und prallte scheppernd gegen seine prachtvolle Rüstung, wo die Elfenklinge eine Delle hinterließ, die ihn leicht ins Wanken brachte. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, riss Brynn Nesty herum, um auch dem zweiten Krieger die Stirn zu bieten. Das Pony warf seine Hinterläufe in die Luft, trat
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