Schattenelf - 6 - Der letzte Kampf
hatten, gab es nur wenig zu besprechen. Prinz Midalis wollte das Treffen soeben für beendet erklären, als eine Gruppe von drei weiteren Gästen eintraf, die der Zusammenkunft einen völlig neuen Charakter verlieh.
»Seid gegrüßt, bezaubernde Königin Jilseponie«, sagte Liam O’Blythe, ein engen Freund von Midalis. Mit seinem kurzen roten Haar, seiner schlanken Figur und seinem freundlichen, sommersprossigen Gesicht bot er äußerlich bei weitem kein so eindrucksvolles Bild wie Prinz Midalis.
Pony begrüßte ihn mit einem freundlichen Lächeln.
»Bei den Göttern der mächtigen Berge, es tut gut, Euch wiederzusehen, alte Freundin«, dröhnte der zweite Neuankömmling, der hünenhafte alpinadoranische Hüter Andacanavar. Schwungvoll trat er in den Raum, ging sofort auf Pony zu und zerdrückte sie fast in seiner herzlichen Umarmung. »Auch wenn man in Eurer Gegenwart stets den Eindruck hat, dass der Ärger niemals weit ist!«
Er schob Pony auf Armeslänge von sich, und die beiden lächelten sich strahlend an, ehe Pony sich zu Bruinhelde umwandte und den alpinadoranischen Führer, der zu Zeiten der Rotfleckenpest so viel für sein Volk getan hatte, neugierig musterte. Diese beiden starken, weit blickenden Männer hatten das Misstrauen gegenüber anderen Völkern überwunden, ihre Stammesangehörigen während der Rotfleckenpest in Scharen zum Berg Aida geführt und damit womöglich ein verheerendes Wiederaufflackern der Seuche in dem kalten Königreich im Norden verhindert. Das letzte Mal hatte Pony die beiden anlässlich ihrer Hochzeit mit König Danube gesehen. Damals hatten Andacanavar und Bruinhelde Prinz Midalis zu den Feierlichkeiten begleitet und, sehr zur Freude Ponys und Danubes, überraschend ebenfalls am Fest teilgenommen.
Und nun waren sie wieder hier, in Begleitung einer großen Zahl ihrer Krieger, die im Nordosten der Stadt ihr Lager aufgeschlagen hatten. Welch ein Beweis für Prinz Midalis’ Stärke, dachte Pony, dass er die Bande zwischen Vanguard und Alpinador, zweier traditionell verfeindeter Länder, derart gefestigt hatte.
»Wie ich höre, ist es also Euer Junge, der uns all diesen Ärger macht«, sagte Andacanavar. »Ein Junge, der von den Touel’alfar ausgebildet wurde.«
»Ein Junge … nun ja, ein junger Mann«, berichtigte Pony, »der sich erst kürzlich an den Elfen von Andur’Blough Inninness gerächt hat.«
Andacanavars strahlend blaue Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.
»Lady Dasslerond ist tot«, erklärte Pony. »Und ihr Volk, das derselbe aus Verzweiflung geborene Zauber an der Rückkehr in das Tal hindert, den Lady Dasslerond benutzte, um zu verhindern, dass Aydrian es niederbrannte, ist auf der Flucht.«
Der Hüter war sehr bemüht, äußerlich ruhig zu bleiben, gleichwohl spürte Pony deutlich, wie mit einem Mal der Zorn in ihm hochkochte, ein Zorn, den sie deutlich in seinen riesigen Händen spürte, die ihre Schultern noch immer fest umklammert hielten. Obwohl Andacanavar bereits mehr als sieben Jahrzehnte lebte, verströmte er noch immer eine geradezu beängstigende Kraft.
»Eure Freundschaft mit diesen eigenartigen Geschöpfen, die Ihr Touel’alfar nennt, war mir immer ein Rätsel«, sagte Bruinhelde an Andacanavar gewandt. Pony war überrascht, wie gut er die Umgangssprache des Bärenreiches beherrschte. »Was bedeutet das Eurer Meinung nach, mein Freund?«
»Es bedeutet, dass dieser König Aydrian zu weit gegangen ist«, erwiderte der Hüter grimmig. Er sah von Bruinhelde zu Prinz Midalis. »Ich bin als Euer Verbündeter hier. Wir sind von Alpinador hergekommen, um unserem gemeinsamen Freund zu helfen. Aber Ihr sollt wissen, dass ich jetzt noch einen weit besseren Grund habe.« Der hünenhafte Krieger wandte sich wieder an Pony. »Euer Sohn hat in mir einen Todfeind gefunden. Ich möchte, dass Ihr das versteht.«
Bei aller Entschlossenheit, Aydrian zu entthronen und Prinz Midalis zu seinem Geburtsrecht zu verhelfen – seine Worte trafen Pony wie ein Schlag ins Gesicht. Sie brauchte nur in diese strahlend blauen Augen zu sehen, hinter denen Entschlossenheit und eine tiefe Verletztheit gärten, um sich Aydrians Tod ausmalen zu können.
Trotzdem vermochte sie Andacanavars Worten nichts entgegenzuhalten, denn er war ein Hüter, ausgebildet von den Elfen, ein Schüler Lady Dassleronds und ihres Volkes. Würde ihr geliebter toter Gemahl Elbryan nicht ebenso für Andur’Blough Inninness kämpfen – mit der gleichen Leidenschaft wie sein Vater und Ponys
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