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Schattenfall

Schattenfall

Titel: Schattenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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fast im Zenit und brannte für die Jahreszeit ungewöhnlich heiß. Die Kaiserin erhob sich mit steifer Würde und ergriff widerwillig die Hand ihres Sohns. Auch Conphas wälzte sich auf die Beine und folgte den beiden. Eingeölte Sklaven und parfümierte Beamte sprangen gruppenweise beiseite, um ihnen den Weg frei zu machen. Während Skeaös in schicklicher Entfernung wartete, hielten die drei an einem mit Köstlichkeiten beladenen Büfett. Xerius war erfreut, dass Istriya den Küchensklaven ein Kompliment machte. Seine Diener zu loben, war seit je ihre Art gewesen, Bedauern über frühere Taktlosigkeiten auszudrücken – ihre Form der Entschuldigung. Vielleicht würde sie ihm gegenüber heute nachgiebig sein.
    Schließlich ließen sie sich am Heck der Galeere unter einem Baldachin nieder und machten es sich auf Sofas aus Nilnamesh bequem. Skeaös stand, wie üblich, rechts von Xerius. Der Kaiser empfand seine Gegenwart als angenehm, denn seine Familie hatte – wie allzu schwerer Wein – Verdünnung nötig.
    »Wie geht’s eigentlich meiner Halbschwester?«, fragte Conphas seinen Onkel und begann damit das Jnan.
    »Als Ehefrau schlägt sie sich tapfer.«
    »Aber Mutter wird sie noch immer nicht«, bemerkte Istriya.
    »Ich hab meinen Erben schon«, antwortete Xerius lässig, obwohl er genau wusste, dass die alte Schachtel neben ihm sich gern vorstellte, wie er sich vergeblich abrackerte. Ein starker Keim schlägt überall Wurzeln, hatte sie einmal gehöhnt und ihn einen Schwächling genannt.
    Istriyas dunkle Augen blitzten. »Ja, einen Erben ohne Erbe.«
    Wie unverschämt direkt! Vielleicht wurde die unsterbliche Istriya nun doch senil. Vielleicht war die Zeit das einzige Gift, das dieser Schlange etwas anhaben konnte.
    »Vorsicht, Mutter.« Vielleicht – überlegte Xerius mit jäher Freude – stirbt sie bald. Die grässliche alte Vettel.
    Conphas suchte zu vermitteln. »Ich schätze, Großmutter spielt auf die Männer des Stoßzahns an, göttlicher Onkel… Ich habe erst heute Morgen erfahren, dass sie Jarutha überfallen und geplündert haben. Das Stadium der Krawalle und der Gesuche an den Tempelvorsteher, mäßigend auf seine Leute einzuwirken, liegt hinter uns – wir stehen am Rand eines offenen Krieges.«
    So rasch auf den Punkt zu kommen! Unelegant! Barbarisch!
    »Was gedenkst du zu tun, Xerius?«, fragte Istriya. »Nicht nur deine zänkische, manchmal unkluge Mutter sorgt sich über die unseligen Ereignisse. Sogar die loyalsten Familien unseres Adels sind beunruhigt. Wir müssen handeln – so oder so.«
    »Unklug bist du noch nie gewesen, Mutter, doch manchmal kommt es dir gelegen, als unklug zu gelten.«
    »Antworte mir, Xerius: Was gedenkst du zu tun?«
    Der Kaiser seufzte vernehmlich. »Es geht nicht mehr um Absichten, Mutter. Die Sache ist bereits erledigt. Calmemunis, dieser miese Kerl aus Conriya, hat Boten gesandt: Morgen Nachmittag unterschreibt er meinen Vertrag; und er hat mir verbindlich zugesichert, dass die Krawalle und Überfälle mit dem heutigen Tag enden.«
    »Calmemunis!«, rief seine Mutter, als wäre sie überrascht. Dabei hatte sie aller Wahrscheinlichkeit nach eher davon gewusst als selbst Xerius. Nach den vielen Jahren, die sie mal für, mal gegen ihre Ehemänner und Söhne intrigiert hatte, reichte das Netzwerk ihrer Kundschafter bis in den letzten Winkel Nansurs. »Und was ist mit den beiden anderen Hohen Herren? Was ist mit diesem Mann aus Ainon? Wie heißt er gleich? Diesem Kumrezzer?«
    »Ich weiß nur, dass Calmemunis sich heute mit ihm, Tharschilka und ein paar anderen berät.«
    Mit der Miene eines gelangweilten Orakels meinte Conphas: »Kumrezzer wird auch unterschreiben.«
    »Und was macht dich da so sicher?«, fragte Istriya.
    Ihr Enkel hob seinen Kelch, und einer der allgegenwärtigen Sklaven sprang herbei, ihn aufzufüllen. »Alle, die früh hier angelangt sind, werden unterschreiben. Es hätte mir eher in den Sinn kommen sollen, aber erst jetzt, da ich darüber nachdenke, wird mir klar, dass diese Dummköpfe nichts stärker fürchten als die Ankunft der anderen. Sie halten sich für unbesiegbar. Wenn man ihnen erklärt, die Fanim seien genauso furchtbare Gegner wie die Scylvendi, lachen sie und erinnern einen daran, Gott selbst sei auf ihrer Seite.«
    »Und was willst du damit sagen?«, fragte Istriya.
    Unwillkürlich hatte Xerius sich aus seinem Sofa vorgebeugt. »Genau, Neffe – was willst du damit sagen?«
    Conphas nippte an seinem Kelch und zuckte die Achseln.

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