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Schattenfall

Schattenfall

Titel: Schattenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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Widerstand der heidnischen Granden von Kian treffen und rasch stocken, während die Cishaurim Maithanets Gefolgsleute aufreiben würden.« Simas senkte den Kopf. »Verstehst du?«
    Achamian verstand. Er hatte schon von einer solchen Schlacht geträumt – dem Gemetzel an den Furten von Tywanrae, wo die Armee des alten Akssersia im Feuer der Rathgeber untergegangen war. Wie viele mochten damals umgekommen sein?
    »Wie bei den Furten von Tywanrae«, flüsterte Achamian.
    »Wie bei den Furten von Tywanrae«, bestätigte Simas ernst und mild zugleich. Wie jeden Alptraum hatten die Mitglieder des Mandati-Ordens auch diesen gemeinsam geträumt.
    Nautzera hatte die beiden während ihres Wortwechsels aus der Nähe betrachtet. Wie die Propheten des Stoßzahns neigte auch er zu robusten Urteilen – mit dem Unterschied allerdings, dass er dort, wo die Propheten Sünder ausmachten, Narren erkannte. »Wie gesagt…«, bemerkte er nun, »Maithanet ist gerissen und hat Köpfchen. Der weiß bestimmt, dass er gegen die Fanim keinen Heiligen Krieg gewinnen kann.«
    Achamian sah den Hexenmeister ausdruckslos an. Sein Hochgefühl war kalter Angst gewichen. Ein zweiter Ordenskrieg… Der Gedanke an Tywanrae hatte ihm die erschreckenden Perspektiven einer solchen Entwicklung vor Augen geführt.
    »Darum habt ihr mich aus Ainon zurückgerufen? Damit ich bei der Entwicklung einer Abwehrstrategie gegen die Kriegspläne des neuen Vorstehers der Tausend Tempel mitwirke?«
    »Nein«, gab Nautzera entschieden zurück. »Wir haben dir nur erzählt, warum wir fürchten, Maithanet könnte gerade uns den Heiligen Krieg erklären. Im Grunde genommen wissen wir nicht, was er vorhat.«
    »Genau«, ergänzte Simas. »Verglichen mit den Orden sind die Fanim sicher die größere Gefahr für die Tausend Tempel. Shimeh ist seit Jahrhunderten in der Hand der Heiden, und das Kaiserreich ist nur noch ein kümmerlicher Schatten seiner alten Herrlichkeit, während Kian die größte Macht im Gebiet der Drei Meere geworden ist. Nein, der Tempelvorsteher täte viel klüger daran, die Fanim zum Gegner seines Krieges zu erklären…«
    »Doch wir wissen alle«, warf Nautzera ein, »dass der Glaube kein Freund der Vernunft ist. Den Tausend Tempeln bedeutet die Unterscheidung zwischen vernünftig und unvernünftig wenig.«
    »Ihr schickt mich also nach Sumna«, schlussfolgerte Achamian, »um Maithanets wahre Absichten herauszubekommen.«
    Ein boshaftes Lächeln umspielte Nautzeras Mund. »Genau.«
    »Aber dort kann ich doch nichts ausrichten! Es ist Jahre her, seit ich zuletzt in Sumna war. Ich hab dort keine Kontakte mehr.« Das stimmte und stimmte auch nicht – je nachdem, was man unter »Kontakte« verstand. Es gab in Sumna eine Frau, die er kannte – Esmenet. Aber dieser »Kontakt« war lange her.
    Und es gab da auch… Der Gedanke allein ließ Achamian erstarren. Davon konnten sie doch unmöglich wissen…
    »Aber das stimmt doch nicht«, entgegnete Nautzera. »Simas hat uns von einem deiner Schüler berichtet, der…« – er zögerte, als suchte er nach einer unverfänglichen Formulierung für etwas, worüber man in einer gesitteten Unterhaltung eigentlich schweigen sollte – »… abtrünnig geworden ist.«
    Simas? Er sah seinen alten Lehrer an. Warum hast du ihnen das erzählt?
    Achamian antwortete vorsichtig: »Ihr meint Inrau.«
    »Ja«, gab Nautzera zurück. »Und dieser Inrau ist inzwischen, wie ich gehört habe…« – dabei sah er erneut kurz zu Simas – »… ein Priester der Tausend Tempel.« Seine Stimme war voller Tadel. Er ist dein Schüler gewesen, Achamian. Abo ist es dein Verrat.
    »Ihr seid – wie immer – zu streng, Nautzera. Inrau war mit sich widerstreitenden Talenten geschlagen: Er hatte von Geburt an die reizbare Empfindlichkeit eines Ordensmanns, zugleich aber das Zartgefühl eines Priesters. Unsere Art zu leben hätte ihn umgebracht.«
    »Ah ja… das Zartgefühl«, antwortete der Alte. »Aber sag uns in möglichst klaren Worten, wie du deinen alten Schüler einschätzt: Hat er die Grenze überschritten, oder können wir ihn für unsere Sache zurückgewinnen?«
    »Ob er sich von uns als Informant anwerben ließe? Wollt Ihr das wissen?«
    Inrau als Informant? Offenbar hatte Simas seinen Verrat dadurch kompensieren wollen, dass er ihnen nichts über ihn erzählt hatte.
    »Meine Frage scheint mir eindeutig«, sagte Nautzera.
    Achamian zögerte und sah Simas an, dessen Miene entmutigend ernst geworden war.
    »Antworte ihm, Akka«,

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