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Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Titel: Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alf Leue
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mir?“
    „Ja“, antwortete Berthold, und fügte ein diplomatisches „als Freund“ an.
    Petz grinste noch breiter und schob seine schartige Lippe scheinbar bis fast unter das Auge. „Gut gesagt und ehrlich“, meinte er anerkennend. „Ich will dir sagen, wer ich bin. Ich bin Ewald Wetzel, genannt Petz, Sohn des Arnulf und der Hildegard Wetzel, geborene Brönner aus Gelnhausen. Geboren im Jahre des Herrn 1424. Der bin ich.“
    „Aber du sprichst so weise und bist du doch nur …“
    Berthold hielt inne, als er sich der beleidigenden Worte bewusst wurde, die er gerade aussprechen wollte. Petz musste lachen.
    „Was? Nur ein grobschlächtiger Knecht und unehrenhaft entlassener Söldner? Ja, das stimmt. Doch hatte ich in früher Jugend die Gelegenheit, eine gute Ausbildung zu genießen. Und ich hatte einen hervorragenden geistlichen Lehrmeister, mit dem ich viel disputieren durfte.“
    „Einen geistlichen Lehrmeister? Du? Aber du verachtest Gott!“, sprudelte es aus Berthold hervor.
    Petz sah Berthold erstaunt an. „Nein, ich verachte Gott keinesfalls! Wie könnte ich? Ich verachte lediglich die Kirche. Aber nun genug davon, lass uns endlich schlafen gehen.“
    Doch Berthold gab nicht auf und fragte begierig: „Ist dieser geistliche Lehrmeister etwa der Wandermönch gewesen, von dem Walther in Babenhausen erzählt hat, dass du einst mit ihm umhergezogen bist?“
    „Ja, genau der.“
    „Und ist er etwa auch der Freund, der dir gesagt hat, ich würde kommen und deine Hilfe benötigen?“
    „Ja. Und du wirst diese Geschichte eines Tages auch erfahren, doch nicht jetzt. Ich bin müde.“
    Berthold war mit dieser Antwort nicht zufrieden, wusste aber, dass ein weiteres Nachfragen keinen Sinn hatte. Gedankenvoll legte er sich auf seinen Strohsack.
    Mitten in der Nacht schreckte er schweißgebadet auf. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Er sah zu Petz, der ebenfalls im selben Moment wach geworden war.
    „Was hast du gesehen?“, murmelte er schlaftrunken.
    „Den Reiter. Er kommt immer näher zu mir – und der Schwan hatte Mühe, ihn zu vertreiben.“
     

     
    Der Abschied von Petz war kurz und schmerzlich. Als er am frühen Morgen sein Bündel schnürte, sah ihm Berthold stumm zu. Zum einen war alles, was momentan gesagt werden konnte, gesagt; zum anderen schnürte es ihm die Kehle zu. Auch Petz schwieg.
    Mit dem Weggang seines Freundes fühlte Berthold plötzlich wieder die Last, allein entscheiden zu müssen, wie sein weiterer Weg verlaufen sollte. Er begleitete Petz noch bis vor die Klosterpforte, wo sich dieser mit einer festen Umarmung von ihm verabschiedete. Berthold sah ihm nach, bis er hinter der nächsten Wegbiegung verschwunden war.
    Die Tage und Abende waren für Berthold nun einsamer als zuvor, aber Bruder Augustein kümmerte sich um ihn, sodass er sich im Kloster noch immer wohl und geborgen fühlte. Doch die eindringlichen Worte von Petz ließen ihn nicht mehr los und beschäftigten ihn fortwährend. Ihm fehlte indes der Mut, den letzten Schritt zu gehen und das Rätsel der Kräuter in dem Lederbeutel zu ergründen.
    So vergingen die Wochen in fast eintöniger Gleichheit und schließlich stand Weihnachten vor der Tür.
    Nach dem Besuch der Mitternachtsmesse in der Heiligen Nacht ging Berthold jedoch nicht gleich aus der Klosterkirche zurück in seine Kammer, sondern stand noch eine Weile draußen in der frostigen, hellen Mondnacht. Der in den vergangenen Tagen gefallene Schnee hatte sich wie eine weiße, schweigende Macht dick über die Gebäude und die Natur gelegt. Alles erschien still und friedvoll und nur der Schnee knirschte unter seinen Füßen, als Berthold gedankenversunken zu dem kleinen Bach ging, der sich abseits der wuchtigen Klostermauern glucksend und plätschernd unter einer Eisdecke in die Nidda ergoss.
    Mit dampfendem Atem blieb Berthold an einem alten Baum stehen, der direkt am Bach seine Wurzeln in den nun hart gefrorenen Boden geschlagen hatte. Er blickte nach oben in den von Wolken halb verdeckten Sternenhimmel, aus dem lautlos einzelne Schneeflocken herabsanken – manche in verspielten, andächtig tänzelnden Gruppen, so als könnten sie nicht voneinander lassen. Berthold traute sich kaum zu atmen, so ergriffen war er von der Stille, die auch seine Seele zur Ruhe kommen ließ.
    In seinem Kopf kreisten jedoch Gedanken, die so anders, so neu und so beängstigend waren. Aber waren sie nicht auch auf ihre ganz eigene Weise wundervoll? Berthold war sich nicht sicher, doch von

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