Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenfeuer

Schattenfeuer

Titel: Schattenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
visuellen Konfrontation vor. Zögernd hob Eric die Arme, um sein Gesicht zu befühlen, erstarrte jedoch sofort, als er sah, daß sich auch die Hände veränderten.
    Es handelte sich nicht mehr um die Gliedmaßen, die er kannte. Die Finger waren rund zwei Zentimeter länger und dünner, wirkten an den Kuppen breiter und fleischiger. Und die Nägel: gelblich, dicker und härter, spitzer als gewöhnliche Fingernägel. Sie wirkten wie Klauen, und wenn sich die Metamorphose weiter fortsetzte, wuchsen sie vermutlich zu langen, gekrümmten und rasiermesserscharfen Krallen heran. Der Umwandlungsprozeß erfaßte auch die Knöchel: Sie waren größer, sahen aus wie dicke, arthritische Knoten.
    Eric rechnete unwillkürlich mit einer gewissen Steifheit seiner Hände, stellte jedoch überrascht fest, daß er sie pro blemlos bewegen konnte. Versuchsweise krümmte er die langen Finger, die sich durch eine erstaunliche Flexibilität auszeichneten.
    Er wußte, daß die körperliche Umwandlung noch immer mit verblüffender Geschwindigkeit fortschritt. Zwar war es unmöglich, das Wachstum der Knochen und des Fleisches direkt und unmittelbar zu beobachten, aber in nur wenigen Stunden mochte die Veränderung der Hände noch weitaus offensichtlicher sein.
    Dieser Vorgang unterschied sich grundlegend von der anscheinend ziellosen und zufallsgesteuerten Knorpelbildung auf dem Kopf und an der Stirn. Die Hände waren nicht einfach das Ergebnis einer übermäßigen Produktion von Hormonen und Proteinen. Ganz im Gegenteil: Ihre Metamorphose erfolgte zielgerichtet. Eric beobachtete sie erneut und bemerkte, daß sich zwischen Daumen und Zeigefinger, unterhalb der ersten Knöchel, eine transparente Membran zu bilden begann.
    Reptilienartig. Wie die kalte Wut, die in weiteren Tobsuchtsanfällen zu resultieren drohte - wenn es ihm nicht gelang, sie im Zaum zu halten. Reptilienartig.
    Eric ließ die Hände sinken, konnte ihren Anblick nicht länger ertragen.
    Er brachte nicht genügend Mut auf, um sein Gesicht zu betasten. Und allein der Gedanke daran, es im Spiegel zu betrachten, erfüllte ihn mit Grauen.
    Das Herz klopfte ihm bis zum Hals empor, und jedes Pochen schien Furcht und Panik durch seinen Leib zu pumpen.
    Einige Sekunden lang war er völlig orientierungslos. Er wandte sich nach links, dann nach rechts, und die Blätter der Wildcard-Kopie knisterten wie welkes Laub unter seinen Sohlen. Unsicher blieb er wieder stehen und ließ den Kopf hängen, neigte die Schultern unter dem Gewicht der Verzweiflung ...
    ... bis sowohl das seltsame Brennen in seinem Körper als auch das eigentümliche Prickeln im Bereich des Rückgrats und der Hoden einem neuen Gefühl wichen: Hunger. Sein Magen knurrte, und die Knie begannen zu zittern. Die Lippen bewegten sich, als er mehrmals schluckte, als er spürte, daß sein Körper nach Nahrung verlangte. Eric machte sich auf den Weg zur Küche, und die rumorende Leere in ihm ließ ihn erschauern, verdrängte alle anderen Empfindungen. Die Konturen seiner Umgebung verschwammen, und Erics Ge danken konzentrierten sich nur noch darauf zu essen. Die makabren Veränderungen seines Körpers erforderten eine Menge Energie: Altes Gewebe mußte aufgelöst, neues gebildet werden. Der Metabolismus übte die Funktion eines Brennofens aus, eines Reaktors, der neuen Brennstoff brauchte, mehr und immer mehr. Als Eric die Küche erreichte und die Schränke aufriß, als er Konserven mit Suppe und Fleisch aus den Regalen nahm, schnaufte und keuchte er, gab er unartikulierte Laute von sich. Er knurrte und fauchte wie ein wildes Tier. Seine Unfähigkeit, den eigenen Appetit unter Kontrolle zu halten, erfüllte ihn mit einer Mischung aus Kummer und Elend, und der Teil seines Ichs, der mit Abscheu darauf reagierte, wurde zu einem unbeteiligten Beobachter, während der Rest seines rational-emotionalen Selbstkomplexes nur daran dachte, zu essen, essen, essen...
    Ben hielt sich an die Richtungsangaben Sarah Kiels, bog von der State Route ab und folgte dem Verlauf einer schmalen Nebenstraße. Sie führte an einem steilen Hang empor, tiefer in den Wald hinein. Die Laubbäume wichen großen Kiefern und Fichten. Fast einen Kilometer legten sie zurück und ka men dann und wann an den breiten Zufahrten verschiedener Wochenendhäuser vorbei. Die meisten verbargen sich hinter dichten Barrieren aus Büschen und Sträuchern.
    Immer weniger Sonnenlicht filterte durch die Wipfel der Bäume, und Rachaels Stimmung verdüsterte sich im gleichen Rhythmus

Weitere Kostenlose Bücher