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Schattenfeuer

Schattenfeuer

Titel: Schattenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sonderbare Gedanke stammte. Er war verwirrt und benommen. Sein mentaler Kosmos ähnelte einem ausgedehnten Sumpf, und er verglich seine Gedanken mit Blasen aus stinkendem Gas, die an der Oberfläche des schlammigen Wassers zerplatzten. Nach einer Weile wurde das Wasser ein wenig klarer, und der Schlamm gewann eine festere Konsistenz.
    Eric setzte sich auf, starrte auf die vielen Blätter in der Nähe und überlegte, was sie darstellten. Er griff nach einem davon und versuchte, die Schrift zu lesen. Zunächst zerfaserten die Konturen der Buchstaben immer wieder, reihten sich dann wie widerwillig zu Worten aneinander, die jedoch keine verständlichen Sätze formten. Einige Minuten später, als Eric den Sinn einiger Wortfolgen zu erfassen vermochte, begriff er, daß es sich um die dritte Kopie der Wildcard-Akte handelte.
    Abgesehen von den Projektdaten in den Computern Geneplans existierten drei entsprechende Ausdrucke: Einer befand sich in Riverside, der zweite im Safe des Büros von Newport Beach - und die dritte Kopie hatte Eric in seiner Berghütte untergebracht. Eine Sicherheitsmaßnahme in bezug auf Seitz und Knowls, falls sie einmal versuchen sollten, mit Hilfe wohlüberlegter finanzieller Schachzüge die Kontrolle des Unternehmens an sich zu reißen. Ein derartiger Verrat war eher unwahrscheinlich, denn sie brauchten ihn, benötigten sein Genie -auch nach der Perfektionierung Wildcards. Andererseits jedoch: Eric verabscheute es, irgendwelche Risiken einzugehen.
    Ganz offensichtlich hatte er vor dem letzten Koma das Badezimmer verlassen, den Keller der Hütte aufgesucht und die Aktenkopie aus dem Safe genommen. Aus welchem Grund? Um eine Erklärung für das zu finden, was derzeit mit ihm geschah? Um nach einer Möglichkeit zu suchen, den gegenwärtigen Verwandlungsprozeß aufzuhalten und rückgängig zu machen?
    Das ergab doch gar keinen Sinn. Niemand hatte mit einer derart monströsen Metamorphose gerechnet. In den Unterlagen gab es nicht die geringsten Hinweise auf die Möglichkeit eines umfassenden physischen Strukturwandels.
    Für eine Weile kniete er inmitten der verstreuten Blätter, konzentrierte sich besorgt auf das seltsame Brennen in seinem Leib und versuchte festzustellen, was es bedeutete. An manchen Stellen - am Rückgrat, auf dem Kopf, am Halsansatz und im Bereich der Hoden - empfand er nicht nur sonderbare Hitze, sondern auch ein gespenstisch anmutendes Prickeln.
    Schließlich stand er auf, und ohne jeden Anlaß regte sich jäher Zorn in ihm. Er trat wütend aus und fegte einige Blätter davon.
    Unter der Oberfläche seines Gedankensumpfes brodelte ein ihn selbst erschreckender Wahn, und trotz der Benommenheit spürte Eric, daß sich jene Raserei von den vorherigen Wutausbrüchen unterschied. Sie war noch... ursprünglicher, wies weder einen besonderen Fokus noch menschliche Aspekte auf, ähnelte eher dem irrationalen und instinktiven Zorn eines Tiers. Er hatte den Eindruck, als erwache eine rassenspezifische Erinnerung in ihm, als werde irgendein uralter genetischer Faktor aktiv, der aus prähistorischen Zeiten stammte. Er dachte an die evolutionäre Epoche, während der Menschen nur Primaten gewesen waren, primitive Affen -das Feuer der Intelligenz in ihnen nur erst ein Funken, der gerade erst zu glimmen begann. Oder eine noch ältere Ära: amphibische Wesen, die an vulkanische Ufer krochen und zum erstenmal atmeten, Geschöpfe, aus denen sich viele Millionen Jahre später vernunftbegabte Wesen entwickeln sollten. Die animalische Wut schien dem genetischen Urgedächtnis zu entspringen, war nicht mehr heiß, sondern kalt wie das Zentrum der Arktis, irgendwie ... reptilienartig. Ja, so fühlte es sich an, wie eine eisige Reptilienwut. Und als Eric ihren Bedeutungsinhalt zu erfassen begann, schreckte er innerlich vor den möglichen Konsequenzen zurück und hoffte inständig, diese Empfindungen beherrschen zu können.
    Der Spiegel.
    Er zweifelte nicht daran, daß der Veränderungsprozeß während des letzten Komas weitere Fortschritte gemacht hatte, und er überlegte, ob er ins Bad gehen und sich im Spiegel betrachten sollte. Neuerliches Entsetzen durchflutete ihn bei der Vorstellung, das jüngste Stadium seiner Metamorphose zu beobachten, und er sah sich außerstande, auch nur einen Schritt weit in jene Richtung zu gehen.
    Statt dessen beschloß er, einen weiteren Braille-Test durchzuführen. Das Ertasten der physiognomischen Modifikationen bereitete ihn zumindest teilweise auf den Schock seiner

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