Schattenfeuer
schwankte immer wieder, brach jedoch nicht zur Seite aus, rollte gehorsam weiter.
Hinter ihnen flammten keine Scheinwerfer auf. Der sie verfolgende Cadillac hatte noch nicht die zwei Blocks entfernte Abzweigung erreicht. Doch es war nur eine Frage der Zeit...
Ben sah immer wieder nach rechts und links, und Rachael fragte sich, nach was für einer Art von Schlupfloch er Ausschau hielt.
Dann fand Shadway das, was er suchte: ein einstöckiges Stuckhaus, vor dem im hohen, ungemähten Gras ein großes FOR SALE-Schild stand. Mehr als zwei Meter hohe Betonwände schirmten es von den anderen Gebäuden in der Nachbarschaft ab, und auf dem Anwesen wuchsen viele Bäume, Büsche und Sträucher, die dringend beschnitten werden mußten.
»Volltreffer«, sagte Ben.
Er lenkte den Wagen auf die Zufahrt, fuhr über eine Ecke des Rasens und hielt hinter dem Haus an, unter einem Vordach aus Rotholz. Rasch drehte er den Zündschlüssel um und schaltete auch die Scheinwerfer aus.
Dunkelheit wogte heran. Die heißen Metallteile des Mercedes knackten leise, als sie sich abkühlten.
Das Haus war unbewohnt, und deshalb rührte sich nichts. Niemand kam, um nach dem Rechten zu sehen. Und sowohl die hohen Mauern am Rande des Grundstücks als auch die natürliche Barriere aus Bäumen und Sträuchern verhinderten, daß die Nachbarn Verdacht schöpften.
»Gib mir deine Pistole«, sagte Ben.
Rachael beugte sich vor und reichte sie ihm.
Sarah Kiel beobachtete sie, zitterte noch immer, fürchtete sich nach wie vor. Aber ihre Gedanken verloren sich jetzt nicht mehr in einer Entsetzenstrance. Die wilde Verfolgungsjagd schien sie aus dem Alptraum geweckt, aus dem Ge spinst der Erinnerungen an die erlittene Gewalt befreit zu haben.
Ben öffnete die Tür und stieg aus.
»Wohin gehst du?« fragte Rachael besorg t.
»Ich möchte mich vergewissern, daß unsere Verfolger vorbeifahren und nicht wieder zurückkehren. Anschließend besorge ich uns einen anderen Wagen.« »Wir könnten einfach den Reifen wechseln...«
»Nein. Der rote Mercedes ist zu auffällig. Wir brauchen ein ganz gewöhnliches Fahrzeug.«
»Was hast du vor? Willst du einen Autoverleih anrufen und dir einen Wagen schicken lassen?« In Rachaels Stimme ließ sich ein Hauch von Ironie vernehmen.
»Nein«, sagte Ben. »Ich klaue einen. Bleib hier ruhig sitzen. Ich komme so schnell wie möglich zurück.«
Ben drückte die Tür leise zu, eilte in die Richtung, aus der sie gekommen waren, und verschwand in der Finsternis.
Geduckt hastete Shadway an der Seite des Hauses entlang, und in der Ferne hörte er das dumpfe Schrillen von Sirenen. Auf dem Palm Canyon Drive waren vermutlich noch immer einige Krankenwagen und Einsatzfahrzeug der Polizei unterwegs, zwei oder drei Kilometer entfernt, näherten sich der Boutique mit der zertrümmerten Schaufensterscheibe, dem Auto mit den beiden erschossenen Beamten.
Ben erreichte die Vorderfront des Gebäudes und sah den Cadillac, der langsam über die nahe Straße fuhr. Sofort ging er hinter einem dichten Strauch an der Ecke in Deckung und spähte durch die Zweige des Oleanderbusches, der in voller Blüte stand. Der Caddy rollte wie in Zeitlupe heran, und Shadway erkannte drei Männer in der schweren Limousine. Nur einen von ihnen konnte er deutlich sehen, den Typ auf dem Beifahrersitz: hoher Haaransatz, Oberlippenbart, grobknochiges Gesicht, dünnlippiger Mund.
Natürlich suchten sie nach dem roten Mercedes, und allem Anschein nach waren sie nicht auf den Kopf gefallen: Sie berücksichtigten die Möglichkeit, daß Ben Rachaels Wagen in irgendeinen dunklen Seitenweg gesteuert hatte, um ihnen zu entwischen. Shadway hoffte inständig, daß auf dem Rasen zwischen der Zufahrt und der einen Seite des Hauses keine unübersehbaren Reifenspuren zurückgeblieben waren. Es handelte sich um sehr festes und widerstandsfähiges Hundszahngras, und man hatte den Rasen nicht regelmäßig bewässert, so daß er viele braune Stellen aufwies - eine natürliche Tarnung, die möglicherweise über die Reifenabdrücke hinwegtäuschte. Doch wenn es die Männer im Cadillac verstanden, selbst besonders vage Spuren zu deuten, so ließ sich eine unmittelbare Auseinandersetzung mit ihnen kaum vermeiden.
Ben hockte hinter dem Oleanderbusch und trug noch immer seinen Anzug. In der langen Hose, der Weste, dem weißen Hemd und der Jacke kam er sich geradezu lächerlich vor, und er widerstand der Versuchung, sich die schiefe Krawatte zurechtzurücken. Er fragte sich, ob er
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