Schattenfeuer
Rücken.
Nach einer Weile wandte sich die junge Frau von dem Mann neben ihr ab , schlug die Decke zurück und stand auf,
nackt wie sie war.
»Rachael?« fragte Ben.
»Wir sollten wieder los«, erwiderte sie besorgt und hielt auf das Badezimmer zu, schritt durch das goldene Licht, das durchs Fenster fiel, durch die hin und her schwankenden Schatten der Palmwedel.
»Was ist denn los?« brummte er.
»Wir sind hier Zielscheiben. Oder könnten es werden. Wir müssen unbedingt weiter, in der Offensive bleiben. Es kommt darauf an, ihn zu finden, bevor er uns entdeckt. Oder bevor uns jemand anders lokalisiert.«
Ben stand ebenfalls auf, trat zwischen die Badezimmertür und Rachael, legte ihr die Hände auf die Schultern. »Es wird alles in Ordnung kommen.«
»Sag das nicht.«
»Bestimmt.«
»Fordere das Schicksal nicht heraus.«
»Zusammen sind wir stark«, behauptete Ben. »Stärker als alle anderen.«
»Bitte«, stieß Rachael hervor und berührte seine Lippen mit dem Zeigefinger, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Bitte nicht. Ich... ich könnte es nicht ertragen, dich zu verlieren.«
»Und ich habe nicht die geringste Absicht, dich jemand anders zu überlassen«, sagte Ben.
Doch als sie ihn ansah, entstand das schreckliche Gefühl in ihr, daß sie ihn bereits verloren hatte, der Schatten des Todes schon seine Züge verdunkelte.
Das Ich-verdiene-es-gar-nicht-so-glücklich-zu-sein-Syn-drom.
Oder vielleicht eine echte Vorahnung.
Rachael wußte nicht, welche Erklärung zutraf.
Die Suche nach Dr. Eric Leben blieb ergebnislos. Anson Sharp empfand die düstere Aussicht eines Fehlschlags wie einen unangenehmen Druck, der auf ihm lastete,
immer mehr zunahm und ihn langsam zu zerquetschen drohte. Er konnte die Vorstellung einer Niederlage nicht ertragen. Er war ein Gewinner, hatte immer den letztendlichen Sieg errungen, fühlte sich allen anderen Leuten überlegen. Nur dieses Bild von sich selbst akzeptierte er: Er sah sich als den Angehörigen einer überlegenen Rasse, und auf diese Weise rechtfertigte er sein Verhalten, alle Entscheidungen, die er traf. Anson Sharp lehnte es entschieden ab, die moralischen und ethischen Prinzipien gewöhnlicher Menschen als Selbstbeschränkungen hinzunehmen.
Doch ständig trafen von seinen Mitarbeitern negative Berichte ein: nirgends auch nur eine Spur von dem wandelnden Toten. Sharp wurde immer zorniger und nervöser. Vielleicht lagen ihnen doch nicht genügend Informationen über Eric Leben vor. Vielleicht war der Genetiker weitsichtiger gewesen, als sie bisher annahmen. Möglicherweise hatte er für einen Fall wie diesen einen geheimen Schlupfwinkel vorbereitet, ein Versteck, in dem er sich eine Zeitlang verbergen konnte, ein Refugium, von dem nicht einmal die DSA etwas ahnte. Wenn diese Annahme stimmte, würde man die vergebliche Suche nach Eric Leben als ein persönliches Versagen Sharps interpretieren.
Dann schließlich erhielt er eine gute Nachricht. Jerry Peake meldete, es sei ihm gelungen, Sarah Kiel, die letzte minderjährige Geliebte Erics, in einem Krankenhaus von Palm Springs zu finden. »Aber die verdammten Ärzte und Krankenschwestern weigern sich, mich zu ihr zu lassen«, klagte Peake.
Manchmal fragte sich Sharp, ob die Vorteile, sich mit schwächeren -und daher weniger gefährlichen -jungen Agenten zu umgeben, von den Nachteilen ihrer Unfähigkeit aufgehoben wurden. Eins stand fest: Niemand von ihnen stellte ein Risiko für ihn dar, wenn er erst einmal den Platz des Direktors einnahm. Andererseits aber durfte er auch nicht damit rechnen, daß sie jene Art von Eigeninitiative entwickelten, die auch ihn in einem günstigen Licht erscheinen ließ.
»Ich bin bei Ihnen, bevor die Wirkung des Sedativs nachläßt«, sagte Sharp.
Die Durchsuchung der Geneplan-Laboratorien konnte auch ohne ihn fortgesetzt werden. Die angestellten Wis senschaftler und Techniker, die vor kurzer Zeit eingetroffen waren, um ihre tägliche Arbeit zu beginnen, hatten nach Hause zurückkehren müssen -mit dem imperativen Hinweis, auf weitere Anweisungen zu warten. Computerspezialisten der DSA befaßten sich inzwischen mit den elektronischen Akten in den Datenbänken von Geneplan, aber ihre Arbeit erforderte Expertenwissen, und deshalb besaß Sharp gar keine Möglichkeit, sie zu überwachen.
Er führte einige Telefongespräche mit verschiedenen Regierungsstellen in Washington und bekam die gewünschten Informationen über das Desert General Hospital und Dr. Hans Werfell - Hinweise, die
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