Schattenfeuer
ihm vielleicht einen Ansatzpunkt gaben. Dann stieg er in den wartenden Hubschrauber und flog über die Wüste nach Palm Springs zurück, erleichtert darüber, daß es endlich weiterging.
Rachael und Ben fuhren mit einem Taxi zum Flughafen von Palm Springs, mieteten sich einen neuen Ford und kehrten rechtzeitig genug in die Stadt zurück, um die ersten Kunden eines Bekleidungsgeschäftes zu sein, das um halb zehn öffnete. Rachael kaufte lohfarbene Jeans, eine hellgelbe Bluse, dicke, weiße Socken und Turnschuhe. Benny wählte eine Bluejeans, ein weißes Hemd und ähnliche Schuhe. In einer öffentlichen Toilette am nördlichen Ende des Palm Canyon Drive zogen sie sich um. Da sie keine Zeit mit dem Frühstück verlieren wollten und fürchteten, erkannt zu werden, machten sie einen kurzen Abstecher zu McDonald's, kauften Hamburger und Kaffee und aßen unterwegs.
Rachael hatte Ben mit ihren finsteren Ahnungen von dro hendem Unheil angesteckt, mit der fast hellseherischen Erkenntnis, daß die Zeit knapp wurde. Ben versuchte erst, sie zu beruhigen, doch sein Unbehagen schien von Minute zu Minute zuzunehmen. Sie waren wie zwei Tiere, die unabhängig voneinander einen Sturm witterten, der sich rasch näherte.
Rachael lehnte sich auf dem Beifahrersitz zurück und knabberte ohne große Begeisterung an ihrem Hamburger, während Ben über die State Route 111 fuhr, dann nach Westen abbog, auf die Interstate 10. Wenn sich eine entsprechende Gelegenheit bot, drückte er das Gaspedal bis zum Anschlag durch, doch der Motor des Wagens war nicht annähernd so leistungsfähig wie der des roten Mercedes. Rachael schätzte, daß sie Erics Hütte am Lake Arrowhead nicht vor dreizehn Uhr erreichen konnten.
Sie hoffte inständig, daß sie nicht zu spät kamen.
Und sie versuchte, alle Gedanken daran zu verdrängen, auf welche Weise Eric sie erwarten mochte. Vorausgesetzt, er hielt sich wirklich in der Hütte auf.
18. Kapitel - Zombieblues
Die Glut der haßerfüllten Raserei erlosch langsam, und Eric Leben kam wieder zu Sinnen -soweit man davon sprechen konnte -und sah sich in dem verwüsteten Schlafzimmer der Hütte um. Ein scharfer und pochender Schmerz zuckte durch seinen Schädel, und in den Muskeln pulsierte eine dumpfere Pein. Die Gelenke fühlten sich angeschwollen und steif an, und die Augen waren wäßrig und brannten, vermittelten ihm ein trübes und körniges Bild der Umgebung.
Eric machte diese Erfahrung nicht zum erstenmal: Nach jedem Wutanfall reduzierten sich die inneren und äußeren Welten auf matte Graue, in der es keine Farben und kaum Geräusche gab, in der die Konturen von Objekten verschwammen und jede Lichtquelle, ganz gleich, wie hell sie auch strahlte, düster wirkte. Der Zorn schien ihn zu verausgaben, und während der sich daran anschließenden Phasen senkte sich offenbar der physisch-psychische Energiepegel drastisch ab. Eric bewegte sich unsicher und schwerfällig, taumelte und stolperte, konnte kaum einen klaren Gedanken fassen.
Er hoffte, daß die Perioden des Komas und der Graue nach dem Abschluß des Heilungsprozesses ein Ende fänden. Aber diese Aussicht hob seine Stimmung nicht. Aufgrund der mentalen Trägheit war es problematisch für ihn, sich eine bessere Zukunft vorzustellen. Er empfand seinen eigenen Zustand als gespenstisch, als unangenehm und sogar erschreckend. Er fühlte, daß es ihm an Einfluß auf sein eigenes Schicksal mangelte, sah sich als Gefangenen in seinem Körper, gebunden an halbtotes Fleisch.
Er taumelte ins Bad, nahm sich Zeit für die Dusche, putzte sich die Zähne. Die Hütte enthielt eine vollständige Garderobe, ebenso wie das Haus in Palm Springs, und deshalb brauchte er nie einen Koffer mitzunehmen. Eric entschied sich für eine khakifarbene Hose, ein rotkariertes Hemd, Wollsocken und lederne Stiefel. Infolge der grauen Benommenheit dauerte die Morgenroutine länger als üblich: Nur mühsam konnte er die Armaturen in der Dusche bedienen, um die richtige Temperatur einzustellen, und die Zahnbürste rutschte ihm immer wieder aus dem Mund. Er verfluchte seine steifen Finger, als er versuchte, das Hemd zuzuknöpfen. Und als er Anstalten machte, die Ärmel hochzukrempeln, widersetzte sich ihm der Stoff so, als zeichne er sich durch ein sonderbares Eigenleben aus.
Außerdem wurde Eric von den Schattenfeuern abgelenkt.
Mehrmals beobachtete er aus den Augenwinkeln, wie plötzlich Flammen aus dunklen Ecken loderten. Nur elektrische Kurzschlüsse in seinem sehr geschädigten
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