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Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Derrien durch den Kopf. Sein Instinkt ließ in seinem Hinterkopf einen schrillen Alarm schellen. Das war wichtig! Wichtig genug, um den Mann mitzunehmen, selbst wenn es schwierig sein würde, den Krüppel aus der Unterwelt herauszuschaffen.
    Derrien schob eine Hand unter die Knie des Mannes, eine zweite unter die Schultern und hob ihn aus dem Bett. Er hatte keine Zeit, sich noch länger mit Reden aufzuhalten.
    Dann lief er.

SEOG (6)
     
     
    Grindillskogr/Germanenwald am Romsdalsfjord, Norwegen
    Samstag, 06. November 1999
    Die Innenwelt
     
    Der Abend dämmerte, als Seog und Gautrek die Bergflanke hinter sich ließen und ein weiteres, tief eingeschneites Tal erreichten. Mühsam kämpften sie sich durch knietiefen Schnee, während um sie herum Schneeflocken in der Luft tanzten. Der Wolf, dessen Spur sie noch immer folgten, war mit seinen großen Pfoten dagegen kaum eingesunken. Seine oberflächliche Fährte wirkte auf die beiden Männer wie blanker Hohn.
    Seog war froh, den Rest der Flüchtlinge zurückgelassen zu haben. Nicht nur, dass ihre Flucht durch den winterlichen Bergwald zu viele von ihnen krank gemacht oder schlichtweg zu Tode erschöpft hatte – dazu kam, dass das heutige Stück Weg selbst Seog alles abverlangt hatte. An diesem Morgen hatte Seog das Kommando über die Flüchtlinge Gwezhenneg übertragen und war mit Gautrek aufgebrochen, einem hohen Grat entgegen, der ihnen heikle Schnee- und Lawinenbedingungen versprochen hatte.
    Doch richtig kritisch war es erst danach geworden. Um die Mittagszeit, als sie bereits wieder am Absteigen waren, hatte sie ein heftiger Schneefall überrascht, in dem sie die Wolfsspur verloren und erst nach stundenlanger Suche wiedergefunden hatten. Und dann, als Seog schon glaubte, für einen Tag mehr als genug vorangekommen zu sein, wandte sich die Spur einem
zweiten
Grat zu, genauso hoch, aber noch deutlich steiler als der erste. Dreimal hatten sie Schneefelder überqueren müssen, die Gautrek zufolge als kritisch zu sehen waren.
    Das meiste Kopfzerbrechen hatte dem Germanen jedoch der Grat selbst gemacht. »Das ist reiner Wahnsinn«, hatte der norðmaðrbeim Anstieg immer wieder betont, »ich kann die Wechten von
hier
aus sehen!« Seog wusste nicht, was der Germane damit meinte, und erkannte sie auch nicht, als Gautrek mit dem Finger darauf zeigte. »Eine Wechte«, hatte der Hauptmann erklärt, »ist eine Art Schneeüberhang an einem Grat. Man kann sie von der oberen Seite nicht sehen, doch wenn sie abbricht, reißt sie einen mit nach unten.« Doch als Seog vorschlug, den Marsch abzubrechen, wenn die Wechten so gefährlich waren, war der Germane stur weitergestiefelt und hatte erklärt: »Dieser verfluchte Wolf hat es irgendwie rübergeschafft, oder? Dann werden wir das auch!« Seog blieb nicht viel übrig, als ihm zu folgen, zum Teil erleichtert, einen so mutigen Gefährten bei sich zu haben, zum Teil aber auch zutiefst besorgt um das ungewisse Schicksal seiner Flüchtlinge, sollten er und Gautrek von einer Lawine verschüttet werden. Als sie später höher kletterten und der Grat näher rückte, erkannte Seog schließlich auch, was Gautrek unter einer Wechte verstand, und sah nun auch die Gefahr, die sich dahinter verbarg. Doch die Wolfsfährte hatte sie sicher zu einem Übergang geführt, der für Wechten nicht steil genug und somit einigermaßen gefahrlos zu überqueren war.
    Nun hatten sie endlich das Tal erreicht, spät genug am Abend, um sich über ein erneutes Nachtlager Gedanken machen zu müssen. Seog wunderte sich, wohin die Wölfe sie wohl führten. Seine Sorge war, dass sie vielleicht gar nicht vorhatten, ihn zu ihrem Anführer, ihrem Geisterfürsten zu bringen – vielleicht war es schlicht ihr Auftrag, die Flüchtlinge einmal quer durch den Germanenwald auf die andere Seite zu bringen, um sie dort in vermeintlicher Sicherheit vor ihren Verfolgern aus ihrem Territorium zu werfen? Was würde dann mit dem Rest der Flüchtlinge passieren?
    Abgesehen von seinen gelegentlichen Flüchen über die Wölfe blieb Gautrek still während ihrer Wanderung. Der Germane hatte die Kapuze seiner Jacke tief in das Gesicht gezogen und stapfte schweigend durch den Schnee, grimmig und angespannt. Seog war froh, nicht sprechen zu müssen. Es gab zu viel, worüber er nachdenken musste, zu viele offene Fragen zu klären, und er hattenoch immer keine Antworten gefunden. Um ehrlich zu sein, bezweifelte er mittlerweile auch, sie je finden zu können. Längst hatte er sich eingestanden,

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