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Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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gekostet, sichdarauf einen Reim zu machen. Die Waldläufer waren tot, auf Trollstigen komplett ausgelöscht. Diesmal hatte Derrien niemanden zurückgehalten, keinen Tross, keine abkommandierten Krieger, die hätten überleben können. Die Einzigen, die es lebend aus der Festung geschafft hatten – abgesehen von eventuellen Gefangenen –, waren er selbst, Ryan und Murdoch. Ryan lag auf dem Grund eines zugefrorenen Bergsees, und Murdoch hätte eigentlich beim Versuch sterben sollen, jenen Talsattel gegen eine Übermacht von dreißig Nain zu verteidigen.
    Doch es musste Murdoch sein. Er war der letzte übrige Waldläufer. Anscheinend war es ihm gelungen, in den Fischersiedlungen eine Truppe zu rekrutieren, mit der er nun Partisanenkrieg führte. Es war etwas, was nur zu gut zum Wolf passte – ein düsteres Versteckspiel mit Mord und Totschlag.
    Wie dem auch sei, Derrien würde es bald herausfinden. Als er das Taxi in die Einfahrt zum Hafen biegen sah, bezahlte er sein Frühstück, schulterte seinen Rucksack und klemmte sich die dicke Postertrommel unter den Arm, in der er
Waldsegen
transportierte. Draußen wehte ein kalter Wind, der Derrien dazu brachte, den Kragen seines Mantels nach oben zu schlagen. Darunter trug er Hybridkleidung, in der Innenwelt gefertigt, aber nach dem Schnitt der Außenwelt. Er hatte sie aus dem Sicheren Haus der Waldläufer in Trondheim und würde höllisch darauf aufpassen müssen – die Vorräte dort waren mehr als begrenzt, und nun würde es schwierig werden, sie wieder aufzufüllen.
    »Wohin soll’s denn gehen?«, fragte der Taxifahrer, nachdem Derrien eingestiegen war. Es war ein gutgelaunter, dicker Mann Ende vierzig, der Haarfarbe und dem Oberlippenbart nach zu urteilen wahrscheinlich ein Türke oder ein Balkanstämmiger.
    »Nach Sjøholt.«
    Es war, wie wenn er einen Kübel kalten Wassers genommen und dem Mann über den Kopf gegossen hätte. Die Strecke nach Sjøholt war eine der unbeliebtesten Autostrecken Norwegens.
    »Wirklich Sjøholt?«, vergewisserte sich der Fahrer dann auch. »Da gibt es eine Bootsverbindung, weißt du?«
    »Ich fahre nicht gerne Boot. Muss ich ein anderes Taxi rufen?«
    »Nein, nein. Ich mache das schon.«
    Der Mann aktivierte sein Taxameter und fuhr los, doch von seiner Freundlichkeit war nichts mehr zu spüren. Stattdessen wirkte er nun angespannt und nervös. Schweißperlen traten auf seine Stirn, beim ersten Anfahrversuch würgte er den Motor seines BMWs ab.
    Der erste Teil der Fahrt verlief unspektakulär. Der Fahrer folgte der E39 nach Süden, zur Linken den blaugrauen Arm des Tresfjords, eines Ausläufers des Romsdalsfjords, die Küstenberge zur Rechten. Auf der Gegenfahrbahn kam ihnen einiges an Verkehr entgegen, größtenteils auf dem Weg nach Ålesund. Über die Route nach Sjøholt gelangte man zwar schneller nach Ålesund, doch die meisten nahmen einen Umweg in Kauf und fuhren über Vestnes.
    Schließlich kamen sie an die Abzweigung, wo die E39 nach Westen bog. Der Fahrer warf ihm einen kurzen Blick zu und vergewisserte sich noch einmal: »Sjøholt?« Derrien nickte. Der Fahrer machte eine grimmige Miene und bog ab.
    Am Straßenrand erschienen die ersten Warnschilder. »Kein Parkplatz für 12 Kilometer«, stand da, und: »Bitte bleiben Sie im Auto«. Ein paar hundert Meter weiter folgte ein drittes Schild, ein schwarzer Druck auf gelbem Grund, »Nicht aussteigen! Gefahr!«, zusammen mit einem Totenschädel. Niemand wusste, weshalb es so gefährlich war, hier auszusteigen, am allerwenigsten die Straßenmeisterei, die diese Schilder aufgestellt hatte, doch es war bekannt, dass in diesem Waldstück immer wieder Menschen verschwanden – vor allem Waldarbeiter, aber auch der ein oder andere Reisende vom Straßenrand. Angeblich verschwanden sogar Autos und ganze Busse, doch hier spielte natürlich auch die Übertreibung eine Rolle. Derrien wusste nur zu gut, wie sich die Gefechte zwischen Waldläufern und Nain-Patrouillen nach zahlreichen Wiederholungen schließlich zu epischen Schlachten hochgespielt hatten. Bei den Geschichten über den hiesigen Wald war mit Sicherheit Ähnliches passiert.
    Es war der Germanenwald, der seine Integrität verteidigte, selbst hier in der Außenwelt. Es musste enorme Energien verschlingen, genügend Geister zu manifestieren, um Menschen anzugreifen und zu töten, doch der Wald schien die nötige Stärke zu haben. Kein Wunder, dass die Kelten in fünfzig Jahren Besatzung nie ernsthaft versucht hatten, den Germanenwald

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