Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
Bewohner des Sicheren Hauses von Åndalsnes gewesen. Er war einen Tag nach der Evakuierung zurückgefahren, weil er die Spielsachen für seine Tochter vergessen hatte, und seitdem nicht wieder aufgetaucht. Wolfgang war sich ziemlich sicher, dass der Mann den Schatten in die Hände gefallen war. Wer auch immer sich dort draußen als Frederik ausgab, gehörte aller Wahrscheinlichkeit nach zur Gegenseite. Wolfgang drückte die Sprechtaste. »Warum sollten wir dir trauen, Frederik?«
#Weil ich euch helfen kann. Können wir uns treffen?#
Wolfgang warf Bauer einen kurzen Blick zu. »Das ist ein verdammter Schatten dort draußen. Ich –«
»Das ist kein Schatten.« Keelin legte ihm die Hand auf die Schulter. »Das ist ein Rattenmensch.«
»Was?«
»Ich kenne die Stimme. Es ist ein Rattenmensch namens Mickey. Zumindest klingt er genau so. Er hat mir geholfen, das Inferno von Hamburg zu überstehen.«
»Ein Rattenmensch hat dir geholfen? Warum?«
»Ich weiß es nicht so genau. Ich weiß nur, dass sie nicht soganz glücklich sind über die Zusammenarbeit mit ihren Schatten. Vielleicht solltest du dir anhören, was er zu sagen hat.«
»Wenn es wirklich dieser Mickey ist«, warf Bauer ein. »Funk verzerrt Stimmen.«
Keelin griff nach dem Sprechgerät. Wolfgang sah sie skeptisch an, überließ es ihr schließlich. »Erinnere dich an unser erstes Treffen«, sprach sie in das Gerät. »Was befand sich dort auf dem Boden?«
Eine ganze Weile herrschte Schweigen. Wolfgang war nicht der Einzige, der Keelin erwartungsvoll ansah.
Schließlich meldete sich der geheimnisvolle Sprecher wieder zu Wort: #Ein Haufen Pisswasser.#
Keelin nickte und sah zu Wolfgang. »Es ist Mickey. Wir sollten uns treffen.«
Wolfgang erwiderte stirnrunzelnd ihren Blick. »Okay. Aber du schuldest mir eine Geschichte!«
Drei Stunden nach ihrem Gespräch trafen sie sich mit Mickey, etwa fünfzig Kilometer nördlich von Sunndalsøra auf der Brücke über die Surna in der Kommune Skei. Keelin und Wolfgang hätten schon eher da sein können, aber sie wollten es Mickey nicht zu einfach machen, zu erraten, wo sie momentan untergebracht waren. Den Treffpunkt hatten sie telefonisch ausgemacht, nachdem ihnen Mickey eine Nummer gegeben hatte. Die Frequenz, auf der sie miteinander gesprochen hatten, war zu unsicher dafür gewesen. Laut dem Rattenmenschen kannten auch die Schatten die Frequenz.
Skei war ein noch kleineres Nest als Sunndalsøra, kaum mehr als eine Handvoll roter Holzhäuser, ein Supermarkt und eine Kirche. Eine Schule gab es angeblich auch noch, aber woher bei einem so kleinen Nest die Schüler kommen sollten, war Keelin schleierhaft. Dichte Regenwolken trieben über sie hinweg, doch wie durch ein Wunder war es noch trocken. Keelin hatte sich trotzdem für ihre Regenjacke entschieden. Kalt war es ohnehin.
Wolfgang plante das Treffen wie einen Militäreinsatz. Trotzihrer Versicherung, Mickey einigermaßen trauen zu können, blieb er skeptisch und misstrauisch. Erst als er sowohl auf der einen als auch der anderen Seite der Brücke einen Lieferwagen voller Fallschirmjäger postiert hatte, komplett ausgerüstet mit Sturmgewehren, Helmen und Panzerwesten, fühlte er sich einigermaßen vorbereitet. In die Tasche seiner Lederjacke steckte er sich ein Walkie-Talkie, mit dem er ständig in Kontakt stand mit Tönnes, der aus einem der Lieferwagen heraus die Operation leitete.
Doch seine Vorsichtsmaßnahmen schienen unbegründet. Punkt 17:00 Uhr, drei Stunden nach ihrem Telefonat, marschierte ein einzelner Mann auf die Brücke, in grauen Cargohosen, einer braunen Winterjacke und einer dicken Wollmütze auf dem Kopf. Er hatte eine Zigarette im Mund, die Hände in den Hosentaschen und blieb etwa auf der Mitte der Brücke stehen. Er sah sich kurz um, dann lehnte er sich mit den Ellbogen auf das Geländer und starrte die Surna entlang.
Wolfgang warf Keelin einen kurzen Blick zu. »Magisch ist er nicht.«
»Wärst du magisch, wenn dich jemand scannen würde?«, erwiderte sie. Doch es gelang ihr nicht, damit seine Skepsis zu zerstreuen. »Wenn du willst, gehe ich vor. Er kennt mich. Hätte er mich töten wollen, hätte er in Hamburg mehr als genug Gelegenheit dazu gehabt.« Noch während sie das sagte, fiel ihr auf, dass dies wahrscheinlich ohnehin die beste Idee war, und stieg aus, ohne auf Wolfgangs Antwort zu warten. Er rief ihr etwas hinterher, doch da war sie bereits unterwegs. Während sie noch den Reißverschluss ihrer Jacke zuzog, trat sie auf
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