Schattenfluegel
besten an Lukas heranmachen konnte. Ein zufriedenes Grinsen erschien auf Maries Gesicht, wurde aber sofort wieder von einem betroffenen Ausdruck ersetzt. »Och nö, Kim!«, meinte sie lahm. »Das kannst du aber nicht machen!«
Kim zuckte mit den Schultern. »Ich kann mich nicht daran erinnern, zugesagt zu haben.«
Bevor Marie etwas erwidern konnte, trat Sigurd ein Stück weiter vor. »Wenn sie keine Lust hat …«, begann er, Kim zu verteidigen, aber Marie fiel ihm unhöflich ins Wort.
»Keine Lust! Das glaubst du doch selbst nicht, Kim!«
Sigurds Augenbrauen hoben sich fragend. Kim warf ihm einen kurzen Blick zu, der »Frag nicht!« bedeuten sollte. Sein Versuch, ihr beizustehen, war ja nett gemeint, aber gleichzeitig fand sie ihn auch total peinlich. Marie merkte das anscheinend und ihr Mund verzog sich zu einem spöttischen Grinsen.
»Hat er dir verboten mitzukommen?«, fragte sie.
Kim schüttelte den Kopf. »Nein, wieso …?«
Marie zuckte mit den Schultern. »Nur so.« Sie hielt Sigurds finsterem Blick stand und starrte herausfordernd zurück.
»Wenn Kim keine Lust hat«, sagte er ruhig, »dann solltest du das akzeptieren.«
Marie verschränkte die Arme vor der Brust. »Hast du wirklich keine Lust?«, fragte sie Kim. Kim erkannte ein sekundenschnelles Aufblitzen in ihren Augen. Marie hoffte inständig, sie würde jetzt Ja sagen.
Bei der Vorstellung, dass ihre Freundin Lukas anbaggern würde, stieg eine Mischung aus Wut und Traurigkeit in Kim hoch. »Keine Ahnung!«, meinte sie, und das entsprach tatsächlich der Wahrheit.
»Also …« Nun trat Sigurd vor und machte Anstalten, Marie zur Wohnungstür hinauszuschieben.
»He!«, protestierte die.
»Kim hat keine Lust, mit dir zu kommen«, sagte er kühl.
Da hatte Kim das Gefühl, jetzt schnell eine Entscheidung treffen zu müssen. »Vielleicht komme ich doch mit«, murmelte sie.
Sigurd blieb stehen und wandte sich zu ihr um. »Du wolltest doch …«
An seiner Schulter vorbei konnte sie sehen, dass Marie ein enttäuschtes Gesicht machte. »Ich habe nicht gesagt, dass ich keine Lust habe«, meinte Kim. »Ich war nur nicht sicher …«
»Aber das Pascha ist …«
»… nicht so eine Drogenhölle, wie du immer meinst, Sigurd!«, unterbrach Kim seinen Einwand. Plötzlich nervte sie seine Fürsorglichkeit und machte sie beinahe aggressiv. Sie hatte das Gefühl, in dem engen Flur keine Luft mehr zu bekommen. »Außerdem bin ich alt genug. Ich kann auf mich selbst aufpassen!«
Sigurd schien anderer Meinung zu sein. »Kann ich dich kurz sprechen?« Er warf Marie einen abschätzigen Blick zu. »Allein!«
Marie grinste. »Ich warte draußen.« Dann verschwand sie.
Sigurd richtete den Blick auf Kim. »Ich weiß nicht, Kleines«, sagte er. »Letztens haben sie im Pascha einen Dealer verhaftet.«
»Ich kaufe keine Drogen«, versuchte Kim, seine Sorge abzuwehren. »Und ich lasse meinen Drink niemals unbeaufsichtigt stehen, versprochen!« Ein wenig wunderte sie sich über sich selbst. Schließlich hatte sie bis eben eigentlich gar keine Lust gehabt, mit Marie in diese Disco zu gehen. Warum kämpfte sie jetzt so dafür?
Sie starrte Sigurd an.
Der lächelte. Unsicher drehte er an seinem Silberring. »Ich meine ja nur …« Und dann machte er den einen, alles entscheidenden Fehler. »Wegen Nina …«
Kim erstarrte. Wut und Empörung flackerten in ihr auf. »Das ist jetzt aber nicht dein Ernst, oder?«, zischte sie.
Verblüfft von der Heftigkeit ihrer Reaktion wich Sigurd einen Schritt zurück. »Was meinst du?«
»Du benutzt Ninas Tod, um mir den Discobesuch auszureden?« Kim schrie fast, so wütend war sie auf einmal.
»Das wollte ich … ich meine, ich dachte, du bist froh, wenn ich Marie …« Vor Verblüffung geriet Sigurd ins Stammeln.
Kim atmete einmal tief durch. Ganz ruhig!, mahnte sie sich. Sigurd meint es nur gut!
Sie nickte steif. »Danke, aber ich brauche deine Fürsorge nicht.«
»Kim«, nahm Sigurd einen neuen Anlauf, doch sie wehrte ab. Da verschloss sich sein Gesicht, wurde plötzlich abweisend und hart. »In diesem Fall«, sagte er sehr ruhig, »werde ich dir den Discobesuch wohl verbieten müssen.«
Kim schnappte nach Luft. »Das ist jetzt nicht wahr!«
Er nickte nur.
»Du bist nicht mein Vat…«
»Spar dir diesen Spruch, meine Liebe!«, fiel er ihr ins Wort und jetzt klang er nicht mehr nur kühl, sondern geradezu eisig. Kim wusste, dass ihn das, was sie hatte sagen wollen, in seinem Innersten traf, aber es war ihr egal.
Er war
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