Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenfluegel

Schattenfluegel

Titel: Schattenfluegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
Vom Netzwerk:
sah sie nach ihrem Mittagsschlaf einfach nur furchtbar aus. Aber es half jetzt nichts.
    »Ich dachte mir, ich schaue mal nach, wie es dir geht«, sagte er. »Am Telefon klangst du ziemlich fertig.«
    Kim legte unauffällig eine Hand an ihren Hals. Unter der dünnen Haut spürte sie ihren Puls jagen. »Komm doch hoch«, bat sie ihn und wies die Treppe hinauf und auf ihre Zimmertür.
    Sigurds Miene verfinsterte sich. Lukas bemerkte es.
    »Geh schon mal vor«, meinte er. »Ich muss kurz mit deinem Vater sprechen.«
    »Er ist nicht mein …« Kim unterbrach sich. »Okay.« Sie nickte und marschierte dann die Treppe hinauf.
    Oben angekommen, hörte sie, wie Sigurd und Lukas in der Küche verschwanden und die Tür hinter sich schlossen. Sie überlegte kurz, ob sie wieder runterschleichen und an der Tür lauschen sollte. Aber dann stellte sie sich vor, wie peinlich es wäre, wenn Lukas sie dabei erwischen würde. Also blieb sie, wo sie war, und dachte stattdessen darüber nach, was die beiden dort unten zu besprechen hatten.
    Es dauerte keine fünf Minuten, dann öffnete sich die Tür wieder.
    »… sie dich offenbar mag und das gut für sie zu sein scheint«, hörte Kim Sigurd sagen. »Aber ich warne dich, mein Sohn. Wenn du ihr das Herz brichst, dann bekommst du es mit mir zu tun!«
    Die beiden traten auf den Flur hinaus. Durch das Treppengeländer hindurch konnte Kim Lukas sehen. Er nickte ernsthaft. »Klar.«
    Sigurd deutete mit dem Kinn die Treppe hinauf. »Ihr Zimmer ist das erste vorne links.«
    Und während Lukas sich der Treppe zuwandte, huschte Kim so schnell und so lautlos wie möglich in ihr Zimmer.
    Lukas klopfte, bevor er hereinkam. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, grinste er breit. »Dein Vater ist ganz schön besorgt um dich!«
    »Er ist nicht mein Vater!« Kim hatte es gerade noch geschafft, sich auf ihr Bett zu setzen. Jetzt tat sie, als habe sie die ganze Zeit dort gehockt, und kam sich dabei ziemlich lächerlich vor. So wie Lukas sie ansah und dabei spöttisch grinste, hatte er sie sowieso durchschaut.
    Wie jedes Mal, dachte sie und spürte, dass sie rot wurde.
    »Kein Grund«, murmelte er. Er stand unschlüssig mitten im Raum, und um die eigene Verlegenheit zu überspielen, sah er sich um. »Interessante Farbgestaltung.«
    Kim lachte. »Ja, nicht wahr?« Sie zog es vor, ihm nicht zu erzählen, warum die Wände so schneeweiß waren. Stattdessen stand sie auf und trat einen Schritt auf ihn zu. Plötzlich wusste sie nicht mehr, wohin sie mit ihren Händen sollte. »Schön«, murmelte sie, »dass du da bist.«
    »Ich habe mir ein bisschen Sorgen um dich gemacht.« Lukas beendete die Inspektion des Zimmers und wandte sich stattdessen wieder ganz Kim zu. Ernst richtete sich sein Blick auf ihr Gesicht. »Geht es dir wirklich gut?« Er streckte beide Hände aus, ging aber nicht auf sie zu, sondern blieb so stehen.
    Kim zögerte, doch dann legte sie ihre Hände in seine. »Ich mache mir einfach Sorgen um Marie«, sagte sie. Und dann erzählte sie ihm, wo sie heute Vormittag gewesen war.
    »Ein Psychiater.« Er sagte das ganz ruhig und trotzdem fühlte sich Kim scheußlich dabei. Irgendwie krank, wie ein … Freak.
    Sie schüttelte sich. Ihre Finger kribbelten, dort, wo Lukas sie berührte. Sie standen sich noch immer gegenüber.
    »Seit Ninas Tod …«, setzte sie an, doch Lukas entzog ihr seine rechte Hand.
    »Scht!«, machte er und legte ihr den Zeigefinger auf die Lippen. Es war eine ganz zarte Berührung, doch sie durchfuhr Kim wie ein Blitzschlag.
    Ihr lief ein Schauer über den Rücken. Langsam wanderte ihr Blick an Lukas’ Gestalt nach oben, verfing sich in seinen Augen. Und plötzlich fühlte sich ihr Körper an, als bestünde er nicht mehr aus Fleisch und Blut, sondern aus butterweichem Wachs.
    Sie musste geschwankt haben, denn im nächsten Moment zog Lukas sie an sich und schlang die Arme um sie. Sie legte den Kopf an seine Brust. Tief sog sie seinen Geruch ein. Ihr war schwindelig. Ganz verschwommen nur nahm sie wahr, wie Lukas sie umdrehte und zum Bett führte.
    Gemeinsam ließen sie sich darauf nieder und lehnten sich mit dem Rücken gegen die weiße Wand. Lukas’ Arm lag um Kims Schultern und sie kuschelte sich an ihn. Lange saßen sie einfach nur da, ohne zu sprechen. Kim spürte die Wärme, die von Lukas’ Körper ausging. Das Schwindelgefühl kam und ging wie die Brandung am Meer. Aber irgendwann blieb es weg. Nur noch Kims Herz klopfte so heftig, dass sie es wie einen

Weitere Kostenlose Bücher