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Schattenfreundin

Schattenfreundin

Titel: Schattenfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Drews
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eng die Pädophilen-Szene vernetzt war. »In einem solchen Fall würde sich der Kinderschänder vermutlich zunächst in den einschlägigen Foren umhören, ob ihm dort jemand ein solches Kind vermitteln könnte. Es gibt leider genug Väter und Stiefväter, die ihre eigenen Kinder verhökern.« Lohmann machte eine kurze Pause. »Mütter übrigens auch. Aber ich habe noch keinen Fall erlebt, in dem ein fremdes Kind in dem Alter entführt und verkauft wurde. Jedenfalls kein deutsches Kind.«
    »Und dass jemand das Kind entführt, um es über Jahre hin gefangen zu halten? Hältst du so was für möglich?«
    »Nicht bei einem so kleinen Kind. Der Täter könnte es nicht auf Dauer ruhigstellen. Ich befürchte, wenn der Junge in die Hände von Kinderschändern geraten ist, dann lebt er nicht mehr.«
    Charlotte atmete tief durch und stand auf. »Danke für die Infos. Ehrlich gesagt, ich bin ganz froh, dass du mir nicht weiterhelfen konntest.«
    Lohmann nickte. »Wann wollt ihr die Öffentlichkeit einschalten?«
    »Bald. Sehr bald.«
    Schweigend saßen Katrin und Thomas sich gegenüber. Jeder hatte eine Tasse Tee in der Hand, und es sah aus, als wollten sie sich daran wärmen. Während Thomas zu Boden starrte, sah Katrin zum Fenster hinaus. Warmes Sonnenlicht fiel ins Zimmer, doch sie fröstelte. Sie hatte sich fest vorgenommen, sich mit Thomas auszusprechen. Und sie war entschlossen, ihm zu verzeihen. Aber das fiel ihr schwerer, als sie gedacht hatte.
    »Vielleicht sollten wir das Ganze einfach vergessen«, brachte sie schließlich heraus.
    Thomas hob den Blick und sah sie erleichtert an.
    »Aber nur, weil Leo …« Sie räusperte sich. »Wenn er nicht verschwunden wäre, würde ich nicht so reden.«
    »Ich weiß«, flüsterte Thomas.
    »Aber in dieser Situation müssen wir zusammenhalten«, sagte Katrin. Wieder füllten sich ihre Augen mit Tränen. »Hoffentlich geht es ihm gut …«, schluchzte sie.
    Thomas stellte seine Tasse auf den Tisch, stand auf und setzte sich neben Katrin aufs Sofa. Nach einem kurzen Zögern nahm er sie in die Arme und drückte sie an sich.
    »Er fehlt mir so«, sagte er mit zitternder Stimme.
    »Wenn er … wenn er …« Katrin brach ab. »Dann hätte man doch längst seine … Man hätte doch etwas finden müssen, oder nicht?«
    Thomas antwortete nicht. Schweigend wiegte er Katrin hin und her.
    »Ich bin mir sicher, dass er noch lebt«, sagte sie plötzlich und befreite sich aus seiner Umarmung. Aus tränenfeuchten Augen sah sie ihn an. »Ich würde es doch spüren, wenn ihm etwas zugestoßen wäre. Warum finden sie ihn denn nicht?«
    »Ich glaube, sie hat Leo von hier weggebracht«, sagte Thomas. »Die bleibt doch nicht in Münster. Vielleicht ist sie sogar ins Ausland abgehauen. Die Polizei müsste die Suche viel stärker ausweiten.«
    Katrin schüttelte den Kopf. »Der Hauptkommissar hat mir gesagt, dass Holland und Belgien automatisch in die Fahndung einbezogen würden.« Nervös knibbelte sie an der Nagelhaut und riss schließlich ein Stück ab. Sofort fing es an zu bluten, und sie steckte den Finger in den Mund. »Ich hätte ihn ihr gar nicht geben dürfen …«, murmelte sie.
    »Keiner konnte wissen, was sie vorhatte«, entgegnete Thomas.
    »Trotzdem. Ich hätte bei ihm bleiben müssen …«
    »Schatz, du musstest doch zur Beerdigung! Du konntest nicht bei ihm bleiben.«
    »Wir hätten ihn niemals …«
    »Mach dir doch nicht solche Vorwürfe«, unterbrach er sie.
    »Ich kann nicht anders«, sagte Katrin und wischte sich die Tränen ab. »Es ist doch meine Pflicht, auf ihn aufzupassen! Ich bin schließlich seine Mutter, ich muss ihn beschützen! Und jetzt ist er weg …« Wieder schluchzte sie auf. »Machst du dir denn keine Vorwürfe?«
    Ihr Mann schüttelte den Kopf. »Nein. Ich bin fast krank vor Sorge um Leo. Aber Vorwürfe? Nein. Ich kann beim besten Willen nichts dafür, dass er verschwunden ist.«
    Katrin sah ihn ernst an. »Beim besten Willen nicht? Was soll das heißen? Dass du weniger schuldig bist als ich?«
    Sie hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, als sie merkte, wie recht sie hatte. Thomas machte seit ihrem Umzug nach Münster nichts anderes, als zu arbeiten. Er hatte gar keine Zeit gehabt, sich um den Alltag zu kümmern. Er hatte sich nicht mit Tanja angefreundet, und er hatte ihr Leo auch nicht anvertraut. Nein, ihn traf keine Schuld. Sie hatte eine Kriminelle zu ihrer Freundin gemacht. Sie war naiv gewesen und leichtgläubig. Genau wie ihre Mutter gesagt hatte

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