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Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Titel: Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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Leib. Die unauffälligste der Frauen war reizlos, in den mittleren Jahren und in eine formlosen Robe gekleidet, die ihr bis zur Wadenmitte reichte.
    Balthasar verbeugte sich vor dem Mann im Lendentuch, wie er es vor dem Erzherzog selbst getan hätte, und stellte eine kühne Vermutung zu dessen Identität an: »Magister Erzmagier.«
    Die Hohen Meister sahen Balthasar ebenfalls an, als hätten sie eine sprechende Pflanze vor sich. Sie reagierten ohne Abscheu auf ihn, obwohl sie viel mächtiger als die Prinzessin, eine Magierin zweiten Ranges, waren. Das bestätigte ihm erneut, dass die Hohen Meister schattengeborene Verhexung nicht spüren konnten. Er nahm eine Bewegung hinter sich wahr. Perrin ging an ihm vorbei, und ihr Gesicht zuckte, als sie zwischen den Erzmagier und Valetta trat. Der Erzmagier sah sie von der Seite fragend an, sie nickte ruckartig. Dann flossen die Übelkeit und jede Persönlichkeit aus ihrem Gesicht ab, und sie stand stumm und leicht schwankend da.
    »Balthasar Hearne«, sagte Valetta, »wir möchten durch Magistra Viola – Prinzessin Perrin – die Verhexung untersuchen, die sie bei Ihnen spürt. Wir werden versuchen, Ihnen keinen Schaden zuzufügen, aber wir können nicht versprechen, dass Ihnen nichts geschehen wird.«
    »Magistra, genau aus diesem Grund bin ich hierhergekommen, in Erwartung«, er betonte das Wort, »dass meine Anwesenheit hier und die mir anhaftende Verhexung Sie davon überzeugen werden, dass der Erzherzog die Wahrheit gesprochen hat. Ich willige in Ihre Untersuchung ein.«
    Kaum hatte er seinen Satz beendet, als auch schon eine gewaltige, beunruhigende Welle von Magie über ihn hinwegrollte. Er nahm Floria wahr, wie sie ihn erst am Arm fasste und dann stützte. ›Sie haben uns nicht erzählt‹, erklang eine Stimme in seinem Geist, ›dass Sie magiegeboren sind.‹
    »Das bin ich nicht«, stieß er hervor. Das Einzige, was er stets besessen hatte, war die Fähigkeit, hochkonzentrierte, machtvolle Magie zu spüren – wie in der letzten Nacht – , und ein diagnostischer Scharfsinn. Olivede vermutete, diese beiden Gaben seien auf eine feine Wahrnehmung der Innenwelt seines Körpers zurückzuführen, die vielleicht magisch hätte sein können, wäre sie ausgeprägter gewesen. Aber davon abgesehen konnte er nicht einmal die Gedanken durch Berührung lesen, gewiss nicht heilen und auch kein längeres Leben erwarten als jeder andere Erdgeborene. Im Gegenzug war ihm das Schandmal erspart geblieben, unter dem seine Schwester lebte.
    ›Vor unserem Gesetz wird das genügen, was Sie sind, um als Magier zu gelten‹, erklang eine andere Stimme. ›Das wird es viel einfacher machen.‹ Eine weitere Woge der Magie rollte über ihn hinweg und ertränkte seinen Verstand.
    Als er wieder zu sich kam, lag er auf einem breiten, bequemen Bett aus einem gespannten Netz. Sein Sonar fing ein rundes Relief an der Decke auf, eine stilisierte Sonne, deren Strahlen sich in jeden Winkel erstreckten. In vielen lichtgeborenen Räumen befand sich ein solches Bauelement, und er erinnerte sich daran, dass Floria ihm erzählt hatte, es sei selbst für jene ein machtvolles Symbol, die ihm keine Göttlichkeit zuschrieben. Diese Sonne war so modelliert und detailliert wie ein nachtgeborener Deckenschmuck. Schwach fragte er: »Dies ist sicherlich vergoldet, nicht wahr?«
    Mit besorgter Miene beugte sich Floria über ihn. »Mir geht es gut«, sagte er und bewies es, indem er sich aufsetzte. Erst in aufrechter Haltung bemerkte er, dass er ohne Schmerzen sein verstauchtes Handgelenk benutzt hatte, und der Verband von seiner anderen Hand verschwunden war. Er tastete sein Gesicht ab; seine Kratzer waren ebenfalls nicht mehr da, und selbst seine Narben konnte er nicht länger spüren. Er hatte überhaupt keine Schmerzen mehr und fühlte sich erstaunlich wohl.
    Sie befanden sich nicht in einer Zelle. Sein schneller Peilruf durch den Raum zeigte ihm eine große, eigenartig möblierte Suite, aber er würde seine Umgebung später studieren. »Was ist passiert?«, fragte er drängend. »Was haben sie gesagt? Was haben sie beschlossen?«
    »Zu mir haben sie überhaupt nichts gesagt«, antwortete sie unglücklich.
    »Mir geht es gut«, wiederholte er. »Ich habe keine übleren Nachwirkungen davongetragen als nach einem Tag voller aufwühlender Träume, und körperlich geht es mir bestens. Bin ich ohnmächtig geworden?«
    »Nein«, entgegnete sie. »Du standest einfach da und bist eigenständig gegangen, aber du bist

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