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Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Titel: Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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wie tief die Nadel eindrang. Eine der Frauen, die als Helferinnen dienten, flüsterte ihm zu, dass seine Patientin eine Lehrerin für die ganz Kleinen in der Schule von Steinbrücken sei, und dass die Schule … Sie ließ den Satz unvollendet.
    Balthasar brachte die letzte Naht an. Während die Helferinnen die Frau forttrugen, versuchte er, nicht mehr an das Geräusch und die Geschichte dazu zu denken. Dankbarkeit erfüllte ihn, als er daran dachte, dass nicht er, sondern Straus darüber entscheiden musste, wer fortgeschickt wurde, weil ihm nicht mehr zu helfen war; wie der Mann mit dem zerschmetterten Schädel, dessen gequälte Atmung so oft verstummt war, um dann wieder rasselnd zum Leben zu erwachen, dass zunächst niemand bemerkte, als er sich schließlich nicht mehr erholte.
    Stimmen wehten aus einer anderen Richtung herbei. Lavender oder Laurel sagte: »Vater, vielleicht musst du den Befehl geben, das Tor bald zu schließen.«
    »Oh, Mutter Aller«, erwiderte der andere Zwilling. »Es war nicht genug Zeit für alle.«
    »Wir sind dem Trupp aus Steinbrücken oder vielmehr dem, was noch davon übrig war, über den Weg gelaufen.« Diesmal sprach Lavender. »Die Vorhut der Schattengeborenen ist fast fünf Kilometer entfernt. Wir haben die Waffenkammer in die Galerie des zweiten Stocks verlegt, den Ballsaal und das Erdgeschoss mit Flüchtlingen gefüllt und jeden beiseitegenommen, dessen Nerven stark genug sind, oben die Gewehre nachzuladen. Das organisiert Ishmael. Verflucht sei Mycene, er hätte draußen auf der Straße sein sollen.«
    »Wie viele sind durchs Tor gekommen?«, hörte er Stranhorne fragen.
    »Nur knapp über tausend nach meiner Zählung«, antwortete Laurel, ihre Stimme nur ein Flüstern.
    Vielleicht ohne jemand Bestimmten zu meinen, bemerkte Stranhorne: »Nach der letzten Volkszählung lebten über siebentausend zwischen Steinbrücken und Hartmanns Grabhügel, und noch einmal dreitausend in den Hügeldörfern zwischen hier und der Grenze zu den Schattenlanden … «
    Nervös spielte Balthasar mit der Schere und ließ sie fallen. »Verflucht, Städter!«, blaffte Linneas. »Wenn Sie eine Pause brauchen, nehmen Sie sich eine. Dies ist wahrscheinlich erst der Anfang.«
    Jemand bot ihm einen Becher teerigen Tees an, gesüßt und versetzt mit Brandy, außerdem Dörrfleisch und getrocknete Früchte, die er ohne Vornehmheit in den Tee tunkte. Dann traf ihn ein vor Schmerzen delirierender Mann mit dem Fuß mitten in den Magen, und ihm schwanden beinahe die Sinne. Als er endlich nicht mehr keuchte und würgte, war der Mann unter dem Narkosemittel sanft eingeschlummert und sein letzter Widerstand verausgabt. Balthasar stützte sich am Tisch ab und machte sich, immer noch gekrümmt, an die Arbeit. Linneas Straus bemerkte heiterer als zuvor: »Es gibt keinen Grund, sich zu schämen; er ist der Schrecken aller Wirtshausschlägereien vom Bahnknoten bis zum Hafen von Stranhorne.«

3
    Ishmael
    Das Leben hatte Ishmael Geduld, Erfahrung und das Setzen von Prioritäten gelehrt. Er blieb also unverdrossen angesichts seiner Frustration, im Herrenhaus festzusitzen und über Wachen zu stolpern, wann immer er sich umdrehte.
    Er musste nervöse Scharfschützen beruhigen, jene positionieren, die Waffen nachluden, und Munitionsträger anweisen. Da so viele der regulären Soldaten auf der Straße waren und versuchten, möglichst viele Flüchtlinge hierherzubringen, bestand die Mehrheit der Verteidiger des Herrenhauses aus Reservisten. Sie waren nur so weit ausgebildet, wie es der herzogliche Befehl gestattete, und umfassten Herrenhausdiener, Ehefrauen, Söhne und Töchter von Reservisten sowie junge Soldaten in der Ausbildung. Außerdem zählten noch Ferdenzil Mycene und seine Männer dazu, die auf Stranhorne gehört hatten – er hatte sich geweigert, sie angesichts ihrer mangelnden Erfahrung im Kampf mit Schattengeborenen weiterziehen zu lassen.
    Ich könnte womöglich sogar anfangen, den Mann zu respektieren, dachte Ishmael ironisch, falls Mycene weiter so vernünftig ist.
    Er wünschte, er hätte eine Gelegenheit gehabt, Mycene und seine Männer einige Proberunden schießen zu lassen, um ihnen ein Gefühl für die Waffen und die Entfernung zu geben. Sie waren es nicht gewohnt, mit Gewehren umzugehen, da sie normalerweise Waffen mit kürzerer Reichweite benutzten, wenn auch mehrere von ihnen auf See ausgebildet worden waren und dort gekämpft hatten. Ishmael selbst war kein Seemann und konnte nur jedem Achtung

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