Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Titel: Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
Vom Netzwerk:
begehrlich über die Seite der Kanone wie ein Pferdedieb über eine preisgekrönte Stute, denn in seiner vergeudeten Vergangenheit war er Kanonier bei den Piraten gewesen. Ishmael mahnte: »Ihnen ist doch bewusst, dass dieses Ding alle auf und unter dem Dach taub machen wird.« Das wusste er aus eigener schmerzhafter Erfahrung. Er wollte sich nie wieder in der Nähe von Kanonenfeuer aufhalten.
    Coulter grinste. Durch den Regen, der von Lavenders Hut tropfte, sah Ishmael, wie Lavender die Stirn runzelte. »Wir werden sie benutzen, wenn wir müssen.«
    »Gib mir vorher Bescheid, damit ich weglaufen kann«, brummte er. »Auf ein Wort, wenn du nichts dagegen hast.«
    Sie ließ sich von ihm beiseitenehmen. »Dieses Wetter ist nicht natürlich«, sagte er leise. Inzwischen hatten Schneeregen und ein kalter Wind eingesetzt.
    »Das musst du mir nicht extra sagen«, erwiderte sie. »Das sehe ich an deinem unbehaglichen Gesichtsausdruck.«
    Er hatte gedacht, seine Gefühle besser unter Kontrolle zu haben. Sie feixte und las seine Gedanken.
    »Boris meinte, du hättest ihm einen Vortrag gehalten«, bemerkte sie. »Willst du mir auch einen halten?«
    »Diese Art von Vortrag brauchst du nicht, aber einen anderen. Wenn der Rückzug befohlen wird, dann zieh dich auch zurück. Verstanden?«
    »Wir werden die Kanone demontieren müssen.«
    Das klang durchaus vernünftig, da ihre Feinde in der Lage waren, auf dem Dach zu landen und diese Kanone auf die Eingänge des Treppenhauses zu richten. »Dir wird nicht viel Zeit bleiben.« Zwischen Dach und Erdboden lagen fünf Stockwerke, und möge die Mutter Aller Dinge auch feurige junge Frauen mit mehr Mut als Verstand leiten, die richtige Treppe zu wählen. Er konnte sich nichts Schlimmeres vorstellen, als mit Stranhorne mit dem Bewusstsein im Keller zu sitzen, dass sie die Zünder auslösen mussten, obwohl seine Tochter über ihnen festsaß. Ishmael wusste noch immer nicht, ob Stranhorne ihr von seinem Plan erzählt hatte – es wurde Zeit, dass er es tat, schon um der Leute willen, die bei ihr waren – , aber diese Entscheidung lag nicht bei ihm.
    » Versprich mir, dass du deine Leute nach unten und in Sicherheit bringst. Vernagele die verfluchte Kanone, oder wirf sie über den Rand des Dachs, wenn es sein muss, aber sei schnell. Wir werden dich unten brauchen, damit du beim Ausbruch hilfst, und wir wollen nicht, dass dir der Weg abgeschnitten wird.«
    »Ich verspreche es. Und nun versprich du mir keine weiteren Ein-Mann-Aktionen.«
    »Das liegt nicht in meiner Hand.«
    »Keine Ausrede«, mahnte sie streng. »Du hast mir selbst erklärt, man müsse vorausdenken und sich Platz zum Manövrieren lassen. Versprich es mir!«
    Er tat es und vermutete, dass er es genauso aufrichtig meinte wie sie. Die Zeit und die Umstände würden zeigen, ob einer von ihnen oder sie beide ihr Wort brechen würden.
    Sie beugte sich vor, als wolle sie ihn auf die Lippen küssen, doch im letzten Moment stockte sie und berührte stattdessen seine Wange. Er konnte ihren Kuss nicht erwidern. Selbst wenn er bereit gewesen wäre, tiefer in ihre Gedanken einzudringen, hätte es sich nicht geschickt. Also hob er seine behandschuhte Hand und legte sie an ihre Wange. »Bitte versuche, dich aus Schwierigkeiten herauszuhalten.«
    Am liebsten hätte er Coulter oder einen der älteren Soldaten beiseitegenommen und ihnen befohlen, Lavender im Fall eines Rückzugs einfach nach unten zu schleifen, aber er wusste, dass sie dann nicht nur verärgert, sondern zu Recht wütend auf ihn sein würde. Ihre säuerliche Miene bestätigte seine Annahme. Sie war keine jugendliche Schwärmerin mehr und verdiente den gleichen Respekt, mit dem er jedem Kämpfer begegnete. Vielleicht war es nur gut, dass er nie eine Tochter gehabt hatte.
    Er drehte seine Runde bei ihren Männern und Frauen und gab sein Bestes, irgendwelche zusätzlichen Auren von Schattengeborenen in dem Miasma wahrzunehmen, das im Regen aufstieg. Du verausgabst dich zu sehr, warnte ihn der grimmige Schmerz in seiner Brust. Ihm blieb keine andere Wahl, als sich auf den nassen Kies zu setzen und den vorübergehenden Schwindel auf seinen verletzten Arm zurückzuführen. Dann benutzte er mit Bedacht die westliche Treppe, damit er so vielen Leuten wie möglich begegnete. Bei Imogenes Brüsten, er konnte nur hoffen, dass seine Bewegungen für jeden Schattengeborenen, der ihm aus dem Weg zu gehen versuchte, genauso unberechenbar sein würden wie für ihn selbst – vorausgesetzt,

Weitere Kostenlose Bücher