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Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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Nebel hatten sich längst verzogen, das Sonnenlicht verlieh den schrundigen Baumstämmen goldenen Glanz und ließ das Laub an den Ästen wie bunte Früchte leuchten. Ob sie es wagen konnte, durch den morgendlichen Wald und die Wiesen zur Burg zu laufen? Es war durchaus möglich, dass die scheußliche Morrigan und ihre Rabenkrieger ihr auflauerten, auch die graue Bestie konnte noch unterwegs sein. Aber jetzt, da sie ihre normale Gestalt wiedergewonnen hatte, war ihre Furcht nicht mehr allzu groß. Sie würde sich einen kräftigen Stock schneiden, um die Biester abzuwehren, falls sie auftauchen sollten.
    Wie sehr würden ihre Freunde staunen. Macha, Fergus und Baldin. Wie glücklich würde ihr Vater sein!

Kapitel 24
    Schon bald begriff sie, dass keine Gefahr mehr drohte. Der Wald feierte ihr Erscheinen mit bunten Farben und Sonnenblitzen, ließ sie den würzigen Duft von Pilzen, Wurzeln und späten Blüten atmen, verwöhnte sie mit Vogelgesang und dem Summen der Insekten. Sie nahm diese Geschenke mit allen Sinnen in sich auf, trank die Sonnenstrahlen, die durch die Zweige fielen, saugte die Farben und Gerüche in sich ein und spürte, wie in ihrem Inneren eine heitere Ruhe erwuchs. Dies war die Nahrung, die sie zum Leben benötigte – wie hatte Fandur nur glauben können, ein Feenkind könne in diesen düsteren Höhlen wohnen!
    Als sie die väterliche Burg auf dem Hügel erblickte, schienen ihr Mauern und Gebäude lange nicht so massig, wie sie es in Erinnerung hatte. Die Ebereschen, die den Burggraben am Fuß des Hügels umgaben, hatten schon gelbe und rötliche Blätter, der Herbstwind hatte sie durchsichtig werden lassen, und die kleinen Beeren leuchteten wie Flecken von frischem Blut. Zum ersten Mal dachte sie darüber nach, weshalb ihr Vater seine Burg wohl mit diesen Bäumen umgeben hatte. Es war hübsch, aber nicht besonders praktisch, denn im Herbst fielen Laub und Beeren in den Burggraben, so dass das Wasser faulig wurde. Ebereschen bannen Geister und böse Feen, schoss es ihr durch den Sinn. War es Baldin, der das einmal gesagt hatte? Sie hatte es damals für albernes Gerede gehalten, doch jetzt erschloss sich ihr daraus eine Bedeutung. Konnte es sein, dass ihr Vater sich mit diesen Bäumen vor der Fee schützen wollte, die er immer noch liebte?
    Als sie näher kam, stellte sie fest, dass das Burgtor von bewaffneten Knechten bewacht wurde, auch auf den Zinnen und Türmen sah sie Wächter, die aufmerksam ins Land hineinspähten. Vor dem Burggraben waren Hütten aus Zweigen und Grasgeflecht aufgebaut worden, jämmerliche, wackelige Unterstände, die den Winter gewiss nicht überstehen würden. Dort lagerten Menschen, Kinder liefen umher, Frauen hatten einige Feuer entzündet und kochten Brei in tönernen Gefäßen. Wie merkwürdig. Wieso lebten diese Leute nicht in ihren Dörfern, sondern in diesen armseligen Hütten zu Füßen der Burg?
    Die Kinder erkannten sie zuerst, sie liefen zu ihren Müttern und deuteten aufgeregt mit den Fingern auf die Frau mit dem leuchtenden Haar, die den Wiesenweg hinab zur Burg ging. Die Frauen hoben die Köpfe und scharten sich zusammen, hie und da sah Alina jetzt auch einen Greis herbeihumpeln, Aufregung entstand, und bald löste sich eine kleine Gruppe aus dem Lager, um ihr entgegenzulaufen.
    »Herrin! Welches Glück, dass Ihr zu uns zurückkehrt!«
    »Wir leiden Hunger. Die geizige Königin gibt uns nur schlechtes Mehl.«
    »Wir haben keine Decken und kein Stroh!«
    »Die Nächte sind kalt, und wir frieren erbärmlich.«
    »Sie gibt uns auch kein Wasser aus dem Burgbrunnen, die boshafte Königin.«
    Verwirrt und voller böser Ahnungen folgte Alina den Bäuerinnen, die sie wie eine Eskorte zum Burgtor begleiteten. Ihre Gesichter waren hohlwangig, die Gewänder schmutzig, einige Kinder trugen nur Fetzen auf dem Leib, und Alina begriff nun endlich, weshalb sie hier lagerten. Die Wolfskrieger hatten ihre Hütten zerstört und die Lebensmittel mitgenommen, die Drachen hatten schließlich alles verbrannt, was noch hatte gerettet werden können. Nun waren sie vollkommen mittellos und hofften, in der Nähe der Burg Schutz und Nahrung zu finden. Wo aber waren die jungen Männer? Die halbwüchsigen Knaben? Hier bei den Hütten gab es nur Alte, Frauen und Kinder.
    Auch in der Burg wurde sie mit großer Freude begrüßt, Knechte und Mägde eilten ihr schon auf der Brücke entgegen, brachten ihr einen Krug mit Wein und ein frisches Brot, und in ihren Gesichtern sah sie offene, ehrliche

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