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Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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Wahrheit sagte. Hatte er tatsächlich Sorge gehabt, sie wolle nichts mehr mit ihm zu tun haben? Solche Schüchternheit passte eigentlich wenig zu seiner Rabennatur. Aber was wusste sie schon von ihm?
    Er bewegte sich nicht aus seiner Ecke heraus, vielleicht hatte er Furcht, man könne ihn von draußen im erleuchteten Gemach sehen? Aber es gab kein Fenster in der Burg, von dem aus man in ihr Gemach hätte schauen können, höchstens von den Zinnen der Mauer herüber, doch dort war niemand.
    »Ich bin nicht so schreckhaft, wie du glaubst, Rabe!«
    Tatsächlich schien er ein schlechtes Gewissen zu haben, zugleich jedoch blitzten seine Augen, und sie wusste nicht so recht, woran sie mit ihm war. Aber es war aufregend und wunderbar, ihn hier in ihrem Gemach zu haben, mit ihm zu reden und seine Gegenwart zu spüren. Sie neigte sich ein wenig zur Seite – tatsächlich, dort lag sein Rabenkleid auf dem Boden, keine der Federn lag einzeln, sie schienen alle miteinander zusammenzuhängen.
    »Ich bin dein Vasall und erwarte deine Befehle, meine Herrin Alina«, sagte er mit leiser Stimme.
    »Du wirst alles tun, was ich dir sage?«
    Er kniff die Lippen zusammen, und dabei entstanden zwei kleine Grübchen in seinen Wangen – ihre Frage schien ihn in Bedrängnis zu bringen.
    »Alles, was in meiner Macht steht.«
    Gut geantwortet, der schlaue Rabe. Woher sollte sie wissen, wie weit seine Macht reichte? Sie würde es ausprobieren müssen.
    »Gut!«, entschied sie hoheitsvoll. »Dann setz dich hier auf das Bett, denn ich will dir Fragen stellen.«
    Sie wies mit dem Finger auf das Fußende ihres Lagers, während sie selbst jetzt rasch ein Tuch um die Schultern legte und es sich mit hochgezogenen Knien am Kopfende bequem machte. Er zögerte einen Moment, denn ihr Ansinnen schien ihm wenig zu gefallen, dann jedoch näherte er sich dem Bett, prüfte die Polster, indem er mit einer Hand darauf drückte, schließlich setzte er sich gehorsam auf den Bettrand. Er saß vornübergebeugt und neigte sich ihr zu – tat er das, um sie besser zu hören, oder bückte er sich, weil er von draußen nicht gesehen werden wollte? Aber wer ihn hier entdecken wollte, der musste wohl Flügel haben.
    Sie hatte so viele Fragen im Kopf, dass sie gar nicht wusste, womit sie anfangen sollte. Doch er kam ihr zuvor.
    »Ich habe dir meinen Namen noch nicht genannt. Willst du ihn wissen?«
    »Natürlich. Wie heißt du?«
    »Man nennt mich Fandur.«
    »Fandur«, wiederholte sie. »Was für ein merkwürdiger Name. Fandur …«
    »Es klingt schön, wenn du ihn aussprichst«, bemerkte er lächelnd.
    O ja, er war eitel. Aber er war zugleich auch unsagbar anziehend, seine Stimme und sein dunkler, schimmernder Blick waren so voller Zärtlichkeit, dass man danach süchtig werden konnte. Sie nahm sich zusammen.
    »Fandur, der Rabe«, spottete sie, um ihr Herzklopfen nicht merken zu lassen. »Bist du ein Rabe oder ein Mensch?«
    »Ich bin ein Rabe und ein Krieger.«
    »Sind alle Raben so wie du?«
    »Viele.«
    Sehr erschöpfend waren seine Antworten nicht. Er schien auch wenig dabei nachzudenken, stattdessen ließ er die Augen über ihr Haar und ihre Gestalt wandern, in seinem Gesicht lag Entzücken und etwas Anderes, das ihre Pulse hämmern ließ. Sie rückte ein wenig näher zum Kopfende hin, doch dort stieß sie nur gegen das harte Holz des Bettgestells, ohne dass der Abstand zu ihrem Gast geringer geworden wäre.
    »Wenn du ein Krieger bist – wo kämpfst du?«
    »Überall, wo Männer gegeneinander streiten.«
    »Wozu?«
    »Es ist meine Bestimmung.«
    Sie schwieg verwirrt und beschloss, besser nicht weiter zu fragen. Vor allem wollte sie keinesfalls jene unappetitlichen Dinge erwähnen, von denen Ogyn geredet hatte. Fandur war ein Rabe und ein Krieger. Eigentlich mochte sie weder das eine noch das andere. Und doch war der Rabenkrieger Fandur faszinierender als jeder andere Mann in ihrer Umgebung.
    »Ist deine Neugier nun befriedigt?«, wollte er lächelnd wissen.
    Sie schüttelte hastig den Kopf, denn er war ein Stück zu ihr hinübergerutscht.
    »Keineswegs! Ich habe noch andere Fragen.«
    Er seufzte, strich sich das schwarze Haar aus der Stirn und versuchte es mit der Hand zu glätten, denn es sträubte sich fast wie das Rabengefieder.
    »Was weißt du über Drachen?«
    »Vieles, meine wissensdurstige Herrin. Aber bevor ich antworte, möchte ich eine kleine Bedingung stellen.«
    Das gefiel ihr nicht. Ebenso wenig das Glitzern in seinen Augen und das Zucken seiner

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