Schattengefährte
zärtlichen Händen, spürte, wie die pulsierende Wärme über Bauch und Hüften bis in die Zehenspitzen wanderte, und sie glaubte, leicht wie eine Feder zu sein, unter seinen kosenden Finger in die Lüfte zu schweben, den Wind auf ihrer Haut zu spüren, den leichten Stoff ihres Hemdes, der um ihren Körper flatterte.
Immer tiefer beugte er sich über sie und umfasste sie mit den Armen, und sie fühlte, wie sich der Stoff seines Gewandrocks an ihrem Hemd rieb, auch strichen seine Hände jetzt über ihre Schultern und den Rücken, doch nur um ihr langes Haar zu berühren, das ihr bis zur Hüfte herunterhing. Er hatte den Mund sacht an ihr Ohr gelegt, streifte es mit den Lippen und flüsterte dabei Worte in einer fremden Sprache, die sie nicht verstand. War es die Sprache der Rabenkrieger? Sie kicherte, denn seine Finger zeichneten zarte Linien und Kreise auf ihrem Rücken, und die feinen goldenen Härchen auf ihrer Haut stellten sich unter dem Hemd auf, es prickelte köstlich, als flössen kühle Tröpfchen über ihren Rücken, und sie schmiegte sich jetzt dicht an ihn, vertrauensvoll und sehnsüchtig nach weiteren süßen Berührungen.
»Schatten und Licht zueinander gebannt
Tod oder Leben in Schicksals Hand
Mein ist die rötlich schimmernde Glut
Zahl meiner Herrin den höchsten Tribut.«
Wenn er doch aufhören würde, solches Zeug vor sich hin zu murmeln, dachte sie. Es klingt traurig, und ich mag es nicht wissen. Er strich jetzt mit weichen, elastischen Bewegungen über ihren Hinterkopf, und es war so schön, dass sie fast leise aufgestöhnt hätte. Langsam tasteten sich seine Finger weiter hinab zu ihrem Nacken, glitten federnd auf und ab, massierten die kleinen Wirbel mit winzigen, sanften Kreisen, schoben den Rückenausschnitt ihres Hemds tiefer hinab, strichen wieder aufwärts und durchfuhren zart ihr dichtes Nackenhaar. Dann spürte sie, wie seine Hände die Strähnen behutsam beiseiteschoben und ein warmer Atemhauch ihren bloßen Nacken traf. Sie erschauerte. Wirbelnde, sengende Hitze schien durch ihre Adern zu strömen, wühlte in ihrem Leib und machte, dass sie aufstöhnte. Da berührten seine Lippen ihren Nacken, heiß und brennend wie ein glühendes Eisen, und sie schrie auf vor Schmerz und vor Wonne, denn beides vereinte sich in diesem Empfinden.
»Genug! Hör auf! Hör bitte auf!«
Dunkelheit sank auf ihre Augen, sie hörte das Rauschen seiner Flügel, spürte den kühlen Wind, der vom offenen Fenster hereindrang.
Gleich darauf rüttelte sie jemand am Arm. Vor ihr stand die alte Macha, nur mit dem langen Hemd bekleidet, eine brennende Laterne in der Hand.
»Alina! Mädchen! Was ist los? Weshalb hast du gerufen?«
»Nichts, Macha. Gar nichts«, murmelte sie und sank zurück in die Polster. »Ich habe nur geträumt, das ist alles.«
Kapitel 6
Ogyn hatte sich für diesen Vormittag viel vorgenommen, denn er musste den Zeitverlust gutmachen, den er gestern erlitten hatte, als Nessa seine Schülerin für sich beanspruchte. Schon sehr früh erschien der kleine Baldin vor Alinas Gemach, um ihr mitzuteilen, dass ihr Lehrer sie erwarte.
»Er soll sich gedulden, bis sie ihr Morgenmahl zu sich genommen hat«, wehrte Macha den Pagen mürrisch ab. »Geh und sag ihm das!«
Baldins Augen hingen an Alina, die fertig angekleidet auf einem Hocker saß und sich das Haar flocht.
»Bleib«, befahl sie ihm lächelnd. »Ich gehe gleich mit dir.«
Er verbeugte sich und überwand seine Schüchternheit, denn er wollte auf keinen Fall als Feigling erscheinen.
»Es macht mir nichts aus, wenn er mich schlägt, Herrin«, sagte er leise. »Meinetwegen braucht Ihr nicht hungrig in die Studierstube hinüberzulaufen. «
Das Anerbieten war hochherzig, und sie durfte es nicht ablehnen, denn das hätte ihn verletzt.
»Dann geh zu Ogyn und sage, dass ich noch eine kleine Weile brauche.«
Baldin verneigte sich noch tiefer als zuvor, dann trabte er davon, stolz wie ein Ritter, der für seine Dame in den Kampf zieht.
Eigentlich hatte Alina überhaupt keinen Appetit, denn sie befand sich in einem seltsamen Erregungszustand, einer Wirrnis aus Gedanken und Empfindungen, die ihren Kopf dumpf machte und ihre Pulse unruhig schlagen ließ. Sie musste sich Gewalt antun, um wenigstens einige Löffel des süßen Weizenbreis hinunterzuschlucken, und der gewässerte Wein, den Macha ihr reichte, war auch nicht dazu angetan, das Durcheinander in ihrem Inneren zu ordnen. Schließlich gab sie der bekümmerten Macha die Schale mit Brei und
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