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Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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Dämmerung gelebt. Es war ein wundervolles Gefühl, den Sonnenschein auf ihrem Gesicht zu spüren und den Rücken an die warmen Mauersteine der Zinne zu lehnen. Licht strömte in sie hinein, sie saugte so viel wie möglich davon in sich auf, barg es in ihrem Inneren und ahnte, dass sich daraus jener feenhafte Schein speiste, der ihr Haupt umgab und der noch in der Nacht leuchtete.
    »Schaut, was ich für Euch mitgebracht habe, junge Herrin!«
    Er durfte sich nur kurz zu ihr niederbeugen, um keinen Verdacht zu erregen, doch er zog geschickt einige mit Stoff umwickelte Päckchen aus den Ärmeln hervor.
    »Das da sind süße Küchlein, die Macha für Euch gebacken hat. Ach, die Ärmste weint Tag und Nacht, weil man ihr verboten hat, ihren Schützling zu umsorgen. Nessa war es, die den König dazu überredete, nicht einmal die alte Amme in den Turm einzulassen. Nessas Macht war niemals größer als jetzt, und sie trachtet nun danach, auch Macha aus der Burg zu jagen, denn sie ist die Einzige der Mägde, die noch Königin Etain diente.«
    Königin Etain! Seit Alina lebte, hatte niemand ihre Mutter so nennen dürfen, denn Nessa beanspruchte den Titel der Königin für sich allein. Alina fühlte, wie die Sonne ihren Körper mit Glut und gleißendem Licht erfüllte, und ein frohes Gefühl stieg in ihr auf. Etain, die Tochter des Feenkönigs Mirdir. Die Herrscherin der weißen Burg. Königin Etain. Mochte ihr Vater sich von ihr abwenden, das Bild ihrer Mutter wuchs nur immer stärker in ihr, sie war ein Kind des Lichts, die Tochter einer Fee, und jene weiße Burg, die so prächtig in dem grünenden Tal gestanden hatte, war ihr Erbe.
    Sie lächelte, als sie Machas Küchlein auswickelte und dann rasch eines davon in den Mund steckte. Sie hatte fast vergessen, wie köstlich die Süße des Honigs schmeckte, die feine Bitterkeit der Nüsse und das starke Aroma der getrockneten Beeren. In einem weiteren Päckchen waren blühende Zweige, mit einem blauen Band zusammengefasst, das zu einer Schleife gebunden war.
    »Baldin hat sie für Euch gesucht, aber wo er das Band geklaut hat, das kann ich Euch nicht sagen.«
    Sie war tief gerührt und bemerkte kaum, dass ihr Tränen die Wangen herabrannen. Wie hatte sie vergessen können, dass sie unter den Menschen auf der Burg solch treue Freunde hatte! Als sie ein weiteres Päckchen aufwickelte, fand sie getrocknete Rosenblätter darin, Veilchen, Jasmin – ein Duft stieg zu ihr auf, der sie die stickige, feuchte Kammer ihres Gefängnisses vergessen ließ und sie an die Zeiten erinnerte, da sie noch prächtig gekleidet in der Halle neben ihrem Vater saß, von allen Rittern und Frauen bewundert und beneidet.
    »Asa hat es mir heimlich für Euch zugesteckt«, sagte Fergus. »Man sollte es nicht glauben, denn sie ist eine der Frauen in Nessas Gefolge. Aber nicht alle der Frauen lieben die Königin, es gibt etliche unter ihnen, die Euch nicht vergessen haben, junge Herrin. Und auch Macha und ich sind Euch treu ergeben, genau wie Baldin, der kleine Gauner. Dazu viele andere unter dem Gesinde, die darüber schweigen müssen.«
    Alina sog den Duft der Blüten ein und bedauerte nur, dass sie sie am Ende des Tages dem Wind übergeben musste. Nessas Magd hätte den süßen Duft in ihrem Turmgemach rasch bemerkt, und Alina wollte nicht, dass die blonde Asa für diesen Beweis ihrer Freundschaft bestraft wurde.
    Fergus ging mit langsamen Schritten von Zinne zu Zinne und spähte in die Landschaft, wie es die Aufgabe des Türmers war. Wenn er zu Alina sprach, wendete er sein Gesicht so, dass man es vom Burghof her nicht sehen konnte.
    »Ihr wundert Euch, weshalb dort unten solcher Lärm ist, nicht wahr?«
    »Es werden die jungen Bauernburschen sein, die mein Vater für den Kampf ausbilden lässt. Sind es viele?«
    Er konnte nicht gleich antworten, sondern starrte mit wichtiger Miene eine kleine Weile nach Süden, bevor er sich zur Seite drehte.
    »Sehr viele, junge Herrin. Die Burg ist überfüllt, nachts schlafen sie dicht an dicht in der Halle, und wer dort keinen Platz mehr findet, der muss sich im Stall oder gar im Burghof ein Plätzchen suchen. Sie alle sind begeistert davon, zum Kämpfer ausgebildet zu werden, denn sie glauben, nun stehe ihnen auch der Ritterstand offen.«
    Sie schwieg und dachte traurig daran, wie bitter die Hoffnungen dieser jungen Männer enttäuscht werden würden. Kein Bauernsohn stieg so rasch zum Ritter auf, ihr Vater brauchte Kämpfer, Männer, die sich dem Feind

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