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Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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schnarrenden Warnrufe. Im gleichen Moment begannen die Hunde zu bellen, auch die Schweine grunzten aufgeregt, und die Hühner flüchteten gackernd unter die vorspringenden Dächer. Das Hundegekläff ging in ein langgezogenes Jaulen über, und man hörte, wie die Pferde im Stall an den Stricken zerrten und angstvoll wieherten.
    »Sind die denn alle verrückt geworden?«, murmelte Fergus, und er reckte den Hals, um in den Burghof zu schauen.
    Alina jedoch erkannte die Gefahr, denn ihre Augen waren in der Nacht schärfer als die der Menschen. Ein schwarzes Flugwesen glitt lautlos über die Burg, die eckigen, schmalen Flügelhäute weit ausgespannt gleich einer Fledermaus. Doch das Wesen war riesenhaft groß, sein Hals schlangengleich, zwei rotglühende Punkte die Augen.
    »Runter. Flach auf den Boden!«, zischte sie Fergus zu und zerrte so heftig an seinem Arm, dass er verblüfft strauchelte und in die Knie sank.
    »Was ist …«
    »Deinen Mantel! Ich muss mein Haar abdecken!«
    Sie riss ihm den Mantel herunter und warf ihn sich über den Kopf, denn ihr leuchtendes Haar hätte sie verraten. Fast im gleichen Moment warf sich Fergus neben sie, denn er hatte die schmale rotgelbe Feuerzunge gesehen, mit der das Wesen gegen den Turm leckte.
    Es war ein Glück, dass die Fenster so schmal waren, denn so konnte der Brand nicht ins Innere des Turmes gelangen, wo man einige Böden aus Holz eingezogen hatte. Die Dächer der übrigen Gebäude jedoch waren aus hölzernen Schindeln, sie wären in Flammen aufgegangen, hätte der heiße Atem sie getroffen.
    Doch der Drache schwebte davon, ohne einen weiteren Angriff auf die Burg zu unternehmen. Fast schien es, als habe er nur mit ihnen gespielt.

Kapitel 11
    Zwei Tage später wurde ihre Tür zu früher Morgenstunde aufgeschlossen, und die Magd warf ihr ein braunes Tuch vor die Füße.
    »Das sollt Ihr über das Haar legen.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, ging sie wieder die Treppen hinab, die Pforte ließ sie hinter sich angelehnt. Alina nahm das wollene Tuch vom Boden auf und schüttelte den Staub heraus – sie kannte diesen hässlichen Lumpen, Nessa hatte ihn ihr damals geschickt. Zögernd trat sie zur Pforte und schob sie ein Stück weiter auf – es war niemand zu sehen, doch der Lärm vom Burghof drang ungehindert durch den Treppengang, also stand auch unten die dicke, eisenbeschlagene Turmtür offen.
    Sie war frei. Doch es sah nicht so aus, als habe ihr Vater ihr vergeben, man öffnete einfach ihre Gefängnistür, so dass sie hinausgehen konnte. Es gab keine Aufforderung, keine Erklärung, schon gar keine Entschuldigung.
    »Ich bin ihm gleichgültig«, dachte sie und empfand einen tiefen Schmerz bei diesem Gedanken.
    Es sah so aus, als könne sie in ihr Gemach im Wohngebäude zurückkehren, und das war weitaus besser, als in dem dunklen Turm zu schmachten. Sie überwand sich und legte das scheußliche Tuch über ihr Haar – es war besser, sich nicht noch weiteren Ärger einzuhandeln.
    Auf dem Burghof überfiel sie lärmendes Getümmel, die jungen Burschen waren verschwitzt und voller Staub, und die Rufe der Ausbilder erschienen ihr noch dröhnender und bärbeißiger, als sie es früher gewesen waren. Niemand kümmerte sich um die Königstochter, unbeachtet schob sie sich zwischen den jungen Burschen hindurch, um hinüber zum Wohngebäude zu gelangen. Nur die beiden Hunde liefen zu ihr, beschnüffelten sie und leckten ihr die Hände, so dass sie einen Augenblick lang stehen blieb, um die Tiere zu streicheln.
    »Nur die Hunde kennen mich noch«, dachte sie verbittert, während sie durch den Eingang trat und den steinernen Treppenaufgang nach oben stieg.
    Doch sie täuschte sich. Nessas Mägde, die ihr auf der Treppe entgegenkamen, taten zwar so, als ginge sie die Königstochter nichts an, doch als sie den zweiten Stock erreichte und von der Treppe in den dämmrigen Flur hineintrat, stand dort der Ritter Nemed. Ganz sicher hatte er hier auf sie gewartet, denn sein breites Gesicht verzog sich zu einem Grinsen.
    »Sei mir gegrüßt, schöne Alina«, sagte er mit Häme in der Stimme. »Wie abgerissen und schmutzig Ihr doch vor mir steht, ein Bild des Jammers.«
    Sie hätte ihm gern die Augen ausgekratzt für seine Bosheit, doch er war leider viel stärker als sie. Nemed war zwar nur mittelgroß, doch sein Körper war massig, und ebenso wie seine Schwester hatte er eine Anlage zur Wohlbeleibtheit. Trotz der tagtäglichen ritterlichen Übungen würde er in ein paar Jahren einen

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