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Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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er endlich stand.
    »Schlimme Zeiten kommen auf uns zu, junge Herrin«, sagte er keuchend und zog sein schmutziges Knechtsgewand glatt, denn es war ein wenig zu kurz für ihn geraten. »Ihr wisst, wovon ich spreche, denn ihr wart mit Fergus auf dem Turm, als der Drache über die Burg flog. Der König hat allen Leuten verkünden lassen, es sei ein Blitz gewesen, und die meisten haben es ihm auch geglaubt. Unser Herrscher verschließt die Augen vor der drohenden Gefahr, in der wir alle untergehen werden. Nur Ihr, junge Herrin, könntet uns helfen.«
    »Ich?«
    Man glaubte es kaum. Früher hatte er erzählt, eine Frau habe sich dem Mann unterzuordnen – jetzt auf einmal sollte sie es sein, die allen in der Burg zu Hilfe kam.
    »Ich kann Euch zu einem Wesen führen, das uns die Zukunft deutet. Davon wird viel abhängen, junge Herrin.«
    Sein graues Gesicht hatte sich jetzt belebt, er schien aufgeregt, und seine Augen flackerten. Alina wandte sich wieder ihrer Stute zu, streichelte zärtlich den glatten Hals des Tieres und versuchte, die zerzauste Mähne zu ordnen.
    »Herrin!«, beharrte er und trat einige Schritte näher. »Ich flehe Euch an – geht mit mir hinüber in den Wald, dort werden wir das Wesen treffen, das uns retten kann.«
    Sie lugte misstrauisch zu ihm hinüber. Weshalb sollte sie ihm trauen? Wer weiß, wohin er sie führen wollte, vielleicht steckte er inzwischen sogar mit den Wolfskriegern unter einer Decke und wollte sie ihnen als Geisel übergeben. Da würde er allerdings Pech haben, denn so wie es aussah, war ihr Vater mit Freuden bereit, sie zu opfern.
    »Wieso gerade ich? Geht doch selbst dorthin und lasst Euch beraten.«
    »Dieses Wesen ist eigenwillig. Es wird sein Wissen keinem Menschen offenbaren. Doch Ihr seid das Kind einer Fee, Herrin.«
    Wie gut er Bescheid wusste! Und wie gemein er sie die ganze Zeit über belogen hatte! Aufs Neue stieg der Zorn in ihr auf, und sie hätte es ihm gern unter die Nase gerieben – wenn er sie nur nicht mit diesem demütig bittenden Hundeblick angeschaut hätte.
    »Was für ein Wesen sollte das sein?«
    Er trat noch näher an sie heran, und sie konnte den starken Stallgeruch riechen, der an seinen Kleidern hing. Er musste vor nicht allzu langer Zeit in den Mist gefallen sein.
    »Die Hexe ist es, die hinter den Hügeln im Wald lebt. Sie kennt unser aller Schicksal, junge Herrin. Aber sie weiß auch, wie man dem Unheil entgehen kann. Ich bin nicht gut auf den Füßen, doch ich will das Äußerste tun, um Euch dorthin zu geleiten.«
    Niam streckte den Hals vor und beschnupperte Ogyns Bauch, dann knabberte sie mit zarten Lippen an seinem Ärmel. Ganz offensichtlich hatte Ogyn das Tier gut behandelt, denn Niam zeigte ihre Abneigung sehr deutlich, wenn ihr jemand missfiel. Alina schwankte – sollte sie ihm trauen? Noch nie zuvor hatte sie von dieser Hexe gehört, doch man hatte ja auch anderes vor ihr geheim gehalten. Die Hexe kannte das Schicksal. Vielleicht wusste sie dann auch, wie sie Fandur wiederfinden konnte?
    »Na schön«, sagte sie.

Kapitel 12
    Ogyn sattelte die Stute so ungeschickt, dass Alina ihn schließlich zur Seite schob und selbst Hand anlegte. Er schien wirklich nicht zur Arbeit im Stall geboren, vielleicht taugte er zu gar keiner Beschäftigung außer zum Bücherlesen und zum Lügen erzählen.
    Langsam ritt sie über den Burghof, erntete einige verwunderte Blicke, doch niemand hielt sie an. Ogyn watschelte eifrig hinter ihr her, ängstlich darauf bedacht, sich so unauffällig wie möglich zu benehmen, und tatsächlich beachtete ihn niemand, denn die Reiterin zog alle Aufmerksamkeit auf sich. Am Tor stand Fergus, der zum Wachdienst eingeteilt war, und als Alina an ihm vorüberritt, winkte er ihr grinsend zu, als habe er sie erwartet. Niams Hufe klapperten hohl auf der hölzernen Brücke, man wich zur Seite, um der Reiterin Platz zu machen, und als sie den Burggraben passiert hatte, drehte sie sich im Sattel um. Gerade in diesem Augenblick riss die Wolkendecke auseinander, und die Sonne ließ die bunten Scheiben im zweiten und dritten Stock des hohen Wohngebäudes aufblitzen. Eines der Fenster ihres Schlafgemachs stand offen, eine Frau war dort zu sehen, die ohne eine Regung aufmerksam zu ihr hinüberschaute. An der umständlich gewickelten Haube war sie leicht zu erkennen.
    »Ihr habt euch doch miteinander abgesprochen, Fergus, Macha und du!«, zischte Alina Ogyn zu. »Glaubt ihr vielleicht, ich bin so dumm und merke das nicht?«
    Er schnaufte,

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