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Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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    Wo Liebe lügt, erstirbt das Licht
    Das Dunkel siegt, das Starke bricht.
    Hatte Fandur ihr jemals gesagt, dass er sie liebe? Er hatte doch nur davon gesprochen, dass er ihr rotgoldenes Haar begehrte, ihre silberne Haut, ihre farbigen Augen. Es war ihre Feennatur, die ihn verlockte, um derentwillen er ganz offensichtlich ein Verbot übertreten hatte.
    »Au!«, rief sie, denn Macha zerrte unbarmherzig an ihrem Haar herum.
    Der kleine Schmerz brachte sie wieder zu sich. Wie konnte sie so dumm sein und das Gift in sich wirken lassen, das Nemed so boshaft ausgestreut hatte! Nein – Fandur war kein feiger Verräter. Auch wenn sie vieles nicht verstand, was er getan hatte, auch wenn seine seltsamen Lieder ihr ein Geheimnis blieben – sie wollte an ihn glauben. Wenn er noch am Leben war, dann würde er irgendwann zu ihr zurückkehren.
    Macha trat jetzt einen Schritt zurück, um das Ergebnis ihrer Bemühungen zu betrachten, und sie nickte zufrieden. Das lange rotgoldene Haar hing ihrem Schützling wohlgeglättet den Rücken hinab, dort, wo es schon ein wenig getrocknet war, leuchtete es heller und wellte sich.
    »So schaust du wieder aus wie eine Königstochter«, meinte sie und legte den Kamm beiseite. »Jetzt gehe ich in die Küche hinunter, um dir eine anständige Mahlzeit zu besorgen. Wie schmal du geworden bist, Mädchen. Aber ich werde dich schon wieder aufpäppeln.«
    »Das hast du doch schon getan, Macha. Deine Küchlein waren wundervoll, und ich schulde dir großen Dank!«
    »Was sind schon ein paar Nussküchlein!«, knurrte Macha.
    »Schick mir Baldin herauf – ich möchte auch ihm danken.«
    Doch Macha schüttelte traurig den Kopf. Baldin hatte anderes zu tun, er wurde jetzt zum Knappen erzogen und unterstand vom Morgen bis zum Abend der Aufsicht seiner Ausbilder. Er war stolz darauf, endlich den Kampf zu erlernen, denn wie alle die kleinen Burschen erhoffte er sich Ruhm und Ehre.
    Alina war nicht froh über diese Nachricht. Als Macha gegangen war, trat sie ans Fenster und sah hinunter in den Burghof, wo die Knappen ihre Übungen absolvierten. Schon bald entdeckte sie Baldins Blondschopf in dem Gewimmel. Er stand mit anderen im Kreis um zwei dreckverkrustete Burschen, die sich im Ringkampf gegeneinander übten, und genau wie alle anderen hatte er die Fäuste geballt und brüllte aus vollem Halse, um die Kämpfer anzufeuern. Vermutlich hatte auch er selbst bereits seine Kräfte mit anderen gemessen, denn sein Gewand war zerrissen, Gesicht, Arme und Beine mit Kratzern und Beulen bedeckt.
    Genau wie Fergus ihr berichtet hatte, war der Burghof viel zu eng, um allen Kämpfern Platz zu bieten. Man hatte das Tor geöffnet, auf der hölzernen Brücke liefen Leute hin und her, denn draußen vor der Burg vollführten die erwachsenen Kämpfer und halbwüchsigen Knappen ihre Übungen. Manche der neuen Kämpfer mussten erst den Sprung auf ein Pferd erlernen, andere übten sich darin, Lanzen und Spieße im raschen Ritt zu führen, auch die Kunst des Bogenschießens wurde unterrichtet, und Alina sah kopfschüttelnd, wie viele Pfeile den an einem Ast hängenden Strohsack verfehlten. Das hätte sie besser gekonnt.
    Der Himmel war wolkenschwer, nur hin und wieder trat die Sonne für einen kurzen Moment hervor, ließ das kräftige Grün der Hügel aufleuchten und nahm den Wäldern in der Ferne die düstere Farbe. Doch die Sonne stand längst nicht mehr so hoch wie noch vor einigen Wochen, ihre Strahlen fielen schräg zur Erde und blendeten die Augen der Kämpfer – der Sommer hatte seinen Zenit überschritten.
    Überall schwärmten die Raben umher, vollführten freche Flugkapriolen über dem Hof, liefen vor dem Kücheneingang herum und balgten sich um die Abfälle, die die Köchin nun aus Faulheit nicht mehr in den Graben trug, sondern gleich den Raben zum Fraß hinwarf. Nein, Alina konnte sich nicht vorstellen, dass Fandur, der Rabenkrieger, dort umherflatterte und sich mit seinen Artgenossen um einen fauligen Kohlstrunk stritt. Entschlossen griff sie eines ihrer Schultertücher aus der Truhe und legte es über Kopf und Oberkörper. Mochte Nessa auch Gift und Galle spucken – sie würde jetzt die Burg verlassen und zur Quelle gehen, denn nur dort würde sie vielleicht etwas über Fandurs Schicksal erfahren.
    Ungehindert durcheilte sie den Flur, doch als sie in den Treppengang trat, kamen ihr einige von Nessas Frauen entgegen. Sie trugen Körbe voller Beeren und Nüsse, die die Bauern gebracht hatten und die nun verlesen

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