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Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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denn es fiel ihm schwer, mit ihr Schritt zu halten. Doch obgleich sein Gesicht rot und vor Anstrengung angespannt war, konnte sie ihm die Verlegenheit ansehen.
    »Es gibt nicht viele auf der Burg, die um die Wahrheit wissen, junge Herrin«, sagte er leise und sah scheu zur Seite, denn einige Knappen liefen an ihnen vorüber. »Macha und Fergus gehören dazu, und ich glaube, dass Ihr ihnen vertrauen könnt.«
    Es klang vernünftig, und sie schwieg. Während sie dem schmalen Weg folgten, der über die Hügel zum fernen Wald hinführte, wurde ihr jedoch unbehaglich zumute. Konnte sie tatsächlich etwas zur Rettung der Menschen in der Burg unternehmen? Sie hatte Ogyns Gerede gar nicht ernst genommen, eigentlich folgte sie ihm nur zu dieser merkwürdigen Hexe, weil sie etwas über Fandur erfahren wollte. Aber wenn Fergus und Macha mit Ogyn im Bund waren, dann konnte mehr hinter der Geschichte stecken.
    Ogyn ging jetzt vor der Stute her, und für seine Verhältnisse schritt er recht kräftig aus. Nur hin und wieder strauchelte er, dann hörte sie ihn leise jammern, doch er biss die Zähne zusammen und setzte den Weg fort. Blut war in seinen Fußstapfen zu sehen – jetzt erst begriff sie, dass er nicht gewohnt war, ohne Schuhe zu laufen, und sie zügelte mitleidig die Stute.
    »Gib mir dein Messer.«
    »Das könnt Ihr nicht tun, Herrin. Das Tuch ist von gutem Stoff und viel zu schade …«
    Ungerührt schnitt sie ihr Schultertuch in Streifen und forderte ihn auf, sich damit die wunden Füße zu umwickeln. Erst als sie zornig wurde, setzte er sich an den Wegrand und gehorchte, doch während er die Streifen noch umständlich um seine schmerzenden Füße band, hörten sie hinter sich eine helle Stimme.
    »Herrin! So wartet auf mich. Ich will Euch begleiten!«
    Es war Baldin, der mit wehendem Haarschopf hinter ihnen herrannte, so rasch war er unterwegs, dass man Angst um seine langen, dünnen Beine haben musste.
    »Baldin! Das darfst du nicht! Was werden deine Ausbilder sagen?«
    Keuchend stand er vor ihr, sah mit begeisterten Augen zu ihr hinauf, und in seiner Miene war deutlich zu lesen, dass nichts und niemand ihn davon abhalten würde, seinen Vorsatz auszuführen.
    »Ich bin Euer Page gewesen, Herrin, jetzt diene ich Euch als Knappe«, behauptete er in eigenmächtigem Entschluss. »Und wenn Ihr ausreitet, dann will ich Euch schützen, denn es könnten sich Wolfskrieger in der Gegend herumtreiben.«
    Alina hatte Mühe, das Lachen zu verbergen. Wie mutig er war – es hätte einem Ritter Ehre gemacht. Nur die Besonnenheit fehlte ihm leider noch, aber vielleicht war er gerade deshalb umso liebenswerter.
    »Seit wann benötigt eine Frau einen Knappen?«, wandte sie ein. »Du solltest einem Ritter dienen, nicht mir.«
    Doch er schüttelte stur den Kopf. Es gäbe in der ganzen Burg keinen Ritter, dem er gehorchen wolle. Nur ihr, seiner jungen Herrin, wolle er mit Leib und Leben angehören.
    Alina seufzte, denn der dumme Junge würde seinen Ungehorsam wohl bitter bereuen. Es gab eine Menge Strafen, die an den Knappen vollzogen wurden, wenn sie über die Stränge schlugen. Steine schleppen, Nahrungsentzug und Stalldienst waren nur die harmloseren Methoden.
    »Halten wir uns nicht auf«, meinte Ogyn. »Binde mal diesen Knoten fest, Junge. Ich kann meine Füße nicht so gut erreichen.«
    »Das wundert mich gar nicht«, versetzte Baldin. »Euer Bauch ist zu dick und die Arme zu kurz. Aber das haben wir gleich.«
    »Warte nur, bis ich auf den Füßen stehe, dann werde ich dir zeigen, ob meine Arme zu kurz sind, frecher Bursche«, knurrte Ogyn, doch sein Ärger schwand, als der Knabe die Binden an seinen Füßen geschickt zurechtschob und die Enden verknotete.
    »Sind die Herren jetzt endlich bereit?«
    Was für ein großartiges Gefolge sie doch hatte: Einen übereifrigen Knaben und einen fußlahmen Alten! Alina wurde unruhig, auch die Stute tänzelte unter ihr, denn es wuchsen graue Wolkenberge über dem Wald empor, dunkel und klumpig, so als braue sich dort ein Unwetter zusammen.
    Möglicherweise war die Hexe über ihren Besuch wenig erfreut und wollte sie schon aus der Ferne zur Umkehr bewegen. Ogyn mochte ähnliche Befürchtungen hegen, denn während sie den Weg fortsetzten, blickte er immer wieder besorgt zu den stetig anwachsenden Wolkengebilden hinüber. Die Sonne zeigte sich jetzt nur noch selten, feine Nebel stiegen aus den Wiesen auf, legten sich kühl und feucht auf die Haut und wehten wie weißliche Schleier über die

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