Schattengeschichten
Telefon. Ich grunzte eine Begrüßung in die Sprechmuschel.
„Wo bist du denn?“ fragte eine Frau, „Ich warte schon auf dich.“
Hanni, dachte ich.
„Hatte zu tun“, grunzte ich weiter, „Aber komm vorbei. Wie du gemerkt hast, bin ich zuhause.“
„Alles klar mit dir?“
„Was soll nicht klar sein?“ antwortete ich.
„Okay, ich bin in fünfzehn Minuten da.“
Und wir legten auf. Jetzt würde alles ganz einfach: Hagen machte mit ihr Schluss, weil er ein jüngeres Ding kennen gelernt hatte und wollte sie nie wieder sehen. Die Affäre war beendet, bevor der Privatdetektiv Kotter Fotos davon als Beweise liefern konnte. Ich würde trotzdem mein Geld kriegen, weil ich mich noch zwei Tage an Hannis Fersen heften würde, und Eckart wäre überglücklich, dass seine Frau ihm treu geblieben war. Was die neuen Fotos zweifellos beweisen würden. Zweitausend Euro warteten auf mich. So hätte die Geschichte ausgehen können.
VII
Ich dachte, es würde an der Tür klingeln, aber die Beziehung zwischen den Beiden war intensiver, als ich gedacht hatte. Hanni besaß einen Schlüssel zu Hagens Wohnung und benutzte ihn, als ich pisste. Noch immer trug ich die Lederjacke, unter der ich angefangen hatte zu schwitzen.
„Stefan?!“ rief sie in die Wohnung.
„Komme gleich“, grummelte ich aus dem Badezimmer. Jetzt durfte ich keinen Fehler machen. Ich kam hinaus. Hanni war im Flur stehen geblieben und hängte gerade ihre Stoffjacke an einen Haken.
„Hey“, sagte sie, legte ihre Arme um meine Schulter und drückte mir ihre Zunge in meinen Schlund, „Wie sieht es mit heute Abend aus?“
Ich löste mich von ihr, sie blickte verwirrt.
„Ich habe dir was zu sagen“, sagte ich. Noch hatte sie nichts gemerkt. „Setz´ dich“, befahl ich ihr. Sie tat es, auf den U-förmigen Sessel.
„Was ist?“ fragte sie. Und ihr Blick glitt durch das Wohnzimmer. Hanni suchte nach einer Veränderung, das spürte ich, nach dem ersten Anzeichen einer anderen Frau.
„Es ist aus“, sagte ich.
Ihr Gesicht erstarrte, nur der Mund zitterte leicht. Der sonst so frivole Blick war einem Entsetzen gewichen.
„Was?“
Ich versuchte ein grimmiges Lächeln.
„Es ist aus“, wiederholte ich, „Und jetzt geh. Ich will dich nie wieder sehen.“
Sie winkte ab und lächelte. Ein verzweifeltes Lächeln, aber es hatte Bestand.
„Das hatten wir doch schon“, sagte sie.
„Und jetzt noch mal: Es ist aus. Das habe ich jetzt das letzte Mal gesagt. Verschwinde.“
Sie erhob sich, kam auf mich zu und hielt wenige Zentimeter vor meinem Gesicht mit dem ihren. Ihren Ausdruck hatte ich falsch eingeschätzt. Er war starr, ja, aber kalt und berechnend. Nicht eingeschüchtert.
„Hatten wir nicht schon darüber geredet, Stefan? Ich dachte, du bist vernünftig geworden. Wenn du mich abblitzen lässt, mein Lieber, dann wird niemand mehr deine Bilder kaufen. Ich erzähle meinem Mann, dass du mich vergewaltigt hast und dann bist du Nichts mehr. Du vergisst wohl immer noch, wer dich da hin gebracht hat, wo du heute bist. Alles, was du hast, Stefan, ist mein Verdienst. Also, fick mich jetzt, oder du bist raus.“
Ich hasste die Reichen. Mit ihren Spielchen und gefälschten Weltanschauungen. Mist, dachte ich mir. Und sie entkleidete sich. Okay, das machte Spaß. Für ihr Alter hatte sie wirklich einen traumhaften Körper, wahrscheinlich mehrmals geliftet. Hanni zuckte vor Erregung, als sie die Schlangenlederjacke ergriff und sie mir über die Schultern streifte. Dann berührte sie den Halfter, das harte Metall, das in ihm steckte.
„Was ist denn das?“ fragte sie.
„Mein Revolver“, antwortete ich, „Du weißt doch, dass ich einen habe.“
Sie nahm ihn heraus und musterte ihn. Unwillkürlich dachte ich an diese Waffenzeitschriften, in denen halbnackte Frauen schießen übten, um Männern die Produkte schmackhaft zu machen.
„Das ist aber nicht deiner“, sagte sie, „Oder hast du dir einen neuen gekauft? Und woher hast du den Halfter?“
Ich hatte es satt. Die Wahrheit tat weh, aber Hanni würde schweigen. Das ahnte ich.
„Okay. Das Spielchen ist vorbei. Ich bin nicht Stefan Hagen. Mein Name ist Franz Kotter, ich bin Privatdetektiv und sollte für deinen Mann herausfinden, ob du ihn betrügst.“
Zunächst blickte sie gar nicht auf, war noch fasziniert von meiner Waffe, dann hob sie einen skeptischen Blick an, um mir ins Gesicht zu lachen.
„Du bist süß“, sagte sie und öffnete den Reißverschluss der Lederhose. Ich wich einen
Weitere Kostenlose Bücher