Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten
Plenimar die skalasischen und mycenischen Händler vertreiben und ihren eigenen politischen Einfluß auf die freien nördlichen Staaten ausweiten wollen.«
»Du meinst, sie sollen erobert werden?«
»Wenn ich mir Plenimars Geschichte betrachte, so kann ich mir das durchaus vorstellen.«
»Aber warum hat noch niemand davon gehört? Niemand sprach in Stone Tor oder auf dem Markt nach der Ernte von Krieg.«
»Stone Tor liegt weit ab von der Haupthandelsroute«, erinnerte ihn Seregil. »Tatsächlich sind sich nur wenige der Nordleute der Lage bewußt, außer denen, die an der Entwicklung Anteil haben. So wie die Dinge zur Zeit stehen, wird vor dem Frühjahr wohl auch nichts unternommen werden.«
»Haben denn Asengai und dieser Morden etwas damit zu tun?«
»Das ist eine interessante Frage.« Seregil zog wieder die Kapuze zurecht. »Ich glaube, die Pferde sind lange genug Schritt gegangen. Wir müssen noch einen weiten Weg zurücklegen, ehe es dunkel wird!«
Auf der Ebene kamen sie gut voran. Alec kannte eine Quelle, an der sie lagern konnten, und bis dorthin ließ er die Pferde bis zum Einbruch der Dunkelheit traben.
Er kannte das Land hier, stellte sich jedoch vor, wie schwer es seinem Gefährten fallen mußte, sich hier zurechtzufinden. Seregil fühlte sich sichtlich unbehaglich, seit sie die Berge hinter sich gelassen hatten. Häufig blickte er zurück und versuchte die Entfernung abzuschätzen, die sie zwischen sich und das Gebirge gebracht hatten.
Bald jedoch war auch von den Bergen nichts mehr zu sehen, die Dunkelheit und der wirbelnde Schnee hatten sie verschluckt. Allein die Sonne, die nur als blasser Schein am Himmel zu erkennen war, wies ihnen den Weg.
»Wir werden eine Weile von deinen Vorräten leben müssen«, meinte Alec, als sie zur Nacht anhielten. »Das meiste Wild ist schon südwärts gezogen. Außerdem könnte ich ohne meinen Bogen ohnehin nichts erlegen«, fügte er mit bitterer Stimme hinzu.
»Ich habe genug Käse und Wurst für uns beide«, beruhigte ihn Seregil. »Kannst du gut mit dem Bogen umgehen?«
»Ja, ich komme einigermaßen damit zurecht«, meinte Alec bescheiden, tatsächlich aber fühlte er sich, als fehle ihm ein Teil seines Körpers. Der Bogen, den ihm Asengais Knechte abgenommen hatten, war eine außergewöhnliche Waffe gewesen.
Sie saßen ab und durchsuchten die Gegend nach Feuerholz, fanden jedoch nur harzhaltige Zweige, die viel zu schnell niederbrannten und mehr Licht abgaben als Wärme. Sie schützten sich so gut es ging gegen den Wind und nahmen, Seite an Seite, ihr kaltes Abendessen zu sich.
»Du sagtest, die Kämpfe zwischen Skala und Plenimar seien eine alte Geschichte, was meintest du damit?«
»Oh, darüber kann man viel erzählen«, entgegnete Seregil und lachte kurz in sich hinein. »Aber eine lange Geschichte kann wohl eine lange Nacht kürzer erscheinen lassen, denke ich. Wußtest du eigentlich, daß die Drei Länder einst ein Land waren?«
»Nein.«
»Nun, es war so, und sie wurden von einem Priesterkönig regiert, dem sogenannten Hierophanten. Der erste Hierophant und seine Anhänger kamen vor über zweitausend Jahren von weither, von jenseits des Gathwayd-Ozeans. Von dort stammen Dalna, der Schöpfer, Astellus und die anderen. Sie landeten auf der plenimaranischen Halbinsel. Benshai, die Hauptstadt Plenimars, steht dort, wo sich einst die erste Stadt der Hierophanten erhob.«
Alec blickte skeptisch drein.
Der Gedanke an eine so alte Stadt gefiel ihm ebensowenig wie der, daß sein Schutzheiliger derart exotischen Ursprungs sein sollte. Er behielt jedoch seine Gedanken für sich, denn er wollte die Geschichte nicht unterbrechen.
»Mit der Zeit besiedelten diese Leute die Gebiete um das Innere und das Osiat-Meer, gründeten Mycena und Skala und nahmen ihre Religion ganz einfach mit«, fuhr Seregil fort.
»Und diese Leute brachten auch den Glauben an Dalna in den Norden?«
»Ja. Das Volk des Hierophanten betete zu den Heiligen Vier: zu Dalna, dem Schöpfer, und Astellus, dem Reisenden, den auch du kennst, und Illior, dem Lichtträger, und zu Sakor von der Flamme, der hier im Norden unbekannt geblieben ist.
Aber um auf die Geschichte zurückzukommen, der Bund der drei Lords war nicht von Dauer. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten sich die drei Regionen auseinander. Die Plenimarer, zum Beispiel, blieben am großen Gathwayd-Ozean; das ist ein Meer, so groß, daß du es dir kaum vorstellen kannst. Sie sind noch immer versierte Seefahrer und
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