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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Trotz der Hitze trug sie einen dicken, bestickten Schal über ihrem wollenen Kleid. Doch ihre befehlsgewohnte Stimme strafte ihre altersgebeugte Erscheinung Lügen. Ihre Anordnungen übertönten den Lärm der Köche und hielten Bedienstete, Köche und Küchenmädchen auf Trab.
    Sie erschien Alec auf seltsame Weise vertraut; nach einer Weile dämmerte ihm, daß sie für Seregils Verwandlung als alte Dienerin, die ihnen die Schiffspassage in Boersby gebucht hatte, Modell gestanden haben mußte.
    »Wieviel Lauch hast du in den Eintopf gegeben, Cilla?« wollte sie von einer hübschen jungen Frau wissen, die einen Kessel umrührte. »Er riecht zu schwach. Noch ist es nicht zu spät, mehr hineinzuschneiden. Und mehr Salz. Kyr, du fauler Hund, bring die Platte hinaus! Die Fuhrleute werden dir die Ohren langziehen, wenn sie noch länger auf ihr Essen warten müssen, und ich werde das auch tun! Haben die Kaufleute im Nebenzimmer schon ihren Wein? Cilla!«
    Alle in der Küche schienen diesen rauhen Ton gewöhnt und gingen ihrer Arbeit offensichtlich zufrieden nach. Cilla, die in der Rangfolge der Küche an zweiter Stelle zu kommen schien, ging mit ernstem Blick durch den Raum und hielt gelegentlich an einer Krippe nahe am Herd inne.
    Seregil bedeutete Alec, ihm zu folgen, und führte ihn an den langen Tischen vorbei, ohne die Arbeitenden zu stören. Er kam von hinten auf Thryis zu und überraschte sie, indem er sie flüchtig auf die Wange küßte.
    »Bei der Flamme«, stieß sie aus und drückte ihre freie Hand an die Wange. »Da seid Ihr ja endlich wieder!«
    »Es ist doch nur ein Jahr und ein halbes gewesen.« Seregil lächelte auf sie hinab.
    »Ihr hättet Bescheid geben können, daß Ihr heute kommt, dann hätten wir etwas Besonderes gekocht. Heute gibt es nur rot gekochtes Rindfleisch und Lammragout. Aber das Brot ist frisch, und Cilla hat Minzekekse gemacht. Cilla, bring einen Teller von den Keksen, während ich etwas Warmes zusammenstelle.«
    »Nicht so eilig. Kommt doch beide einen Augenblick mit in den Vorratsraum.«
    Jetzt erst fiel ihr Blick auf Alec, und sie musterte ihn scharf. »Wer ist das?«
    »Das erkläre ich auch gleich.« Er holte eine kleine Lampe aus seinem Umhang und führte Alec und die beiden Frauen durch eine Seitentür in die Vorratskammer. Die breite Tür, die Alec von draußen gesehen hatte, war verschlossen. Rechts davon führte eine hölzerne Treppe zum ersten Stock.
    »Thryis, Cilla, das ist Alec«, stellte Seregil vor, als sie die Küchentüre geschlossen hatten. »Er wird nun oben wohnen.«
    »Willkommen im ›Hahn‹, Lord Alec«, grüßte Cilla ihn mit einem warmen Lächeln.
    »Nennt mich einfach Alec«, sagte er rasch. Ihr freundliches Gesicht gefiel ihm sogleich.
    »So, so«, sagte Thryis und musterte ihn wieder ganz genau. Alec konnte sich gar nicht vorstellen, warum sie ihm gegenüber so mißtrauisch war.
    »Alec ist ein Freund«, sagte Seregil. »Jeder wird ihn mit demselben Respekt behandeln wie mich, das ist in deinem Falle ohnehin nicht viel. Er wird kommen und gehen, wie es ihm gefällt, und ihr werdet niemandem gegenüber Fragen, die ihn betreffen, beantworten. Gebt Diomis und den anderen Bescheid.«
    »Wie Ihr wünscht, Sir.« Thryis ließ noch einmal ihren kritischen Blick über Alec steifen. »Eure Räume sind so, wie Ihr sie zurückgelassen habt. Soll ich Wein hinaufschicken?«
    »Ja, und ein kaltes Abendessen.« Er wandte sich wieder Cilla zu und legte den Arm um ihre Taille, worauf sie errötete. »Ich sehe, daß du wieder deine mädchenhafte Figur hast. Wie geht es dem Baby?«
    »Dem kleinen Luthas geht es gut. Er ist ein lieber kleiner Kerl und macht mir nur Freude.«
    »Und wie geht das Geschäft?«
    Thryis zog ein langes Gesicht. »Ein wenig lahm. Aber es ist nicht mehr lange bis zum Festival. Die Abrechnungen werden morgen für Euch bereit sein.«
    »Das ist nicht nötig.« Seregil schickte sich an, die Treppe hinaufzugehen, hielt aber noch inne. »Ist Ruetha hier?«
    »Dieses Tier!« Thryis verdrehte die Augen. »Verschwand, als Ihr fortgingt, wie immer. Ich habe ihr sogar Sahne hinausgestellt, aber das undankbare Vieh hat sich nicht blicken lassen. Nun, da Ihr zurück seid, wird sie sich vermutlich pünktlich zum Frühstück einfinden.«
    »Thryis ändert sich nicht mehr«, sagte Seregil, als er Alec die Treppe hinaufführte, und es war ihm anzuhören, daß er die alte Frau schätzte. »Ob ich nun zwei Tage fort bin oder sechs Monate, sie sagt mir immer, ich solle sie

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