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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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daß er wieder einmal ein Thema berührt hatte, auf das Seregil empfindlich reagierte.
    »Was ist dieser ›Hahn‹, wohin wir gehen werden?«
    »Das ist unser Zuhause, Alec. Wir gehen heute nacht nach Hause.« Seregil hing den Striegel an einen Nagel. »Gib mir noch etwas Zeit, um mit Nysander zu reden, dann komm und verabschiede dich.«
     
    Thero öffnete auf Seregils Klopfen. Wie stets nickten sie sich kurz zu und gingen dann zwischen den aufgetürmten Dokumentenstapeln hindurch ins Arbeitszimmer. Seregil folgte dem Assistenten des Zauberers. Er bemerkte, wie angespannt er war und lächelte. Es hatte nie einen besonderen Grund für ihre gegenseitige Abneigung gegeben, und dennoch war sie da gewesen, vom ersten Augenblick an. Nysanders Gefühlen wegen pflegten sie einen möglichst höflichen Umgang, aber keiner von beiden fühlte sich in der Gegenwart des anderen wohl, obwohl beide lieber durchs Feuer gelaufen wären, als es einzugestehen.
    Seregil war der Meinung, er stehe über so niederen Gefühlen wie Eifersucht oder Neid, so scherte es ihn nicht, daß Thero seinen Platz an Nysanders Seite eingenommen hatte, den er auch in gewisser Hinsicht besser ausfüllte. Seregil hatte keine Zweifel daran, daß Nysander ihn persönlich wie auch in beruflicher Hinsicht schätzte.
    Daher war er schon seit langem zu dem Schluß gekommen, daß seine Abneigung Thero gegenüber rein instinktiven Ursprungs sein mußte und daher unabänderlich und wahrscheinlich berechtigt war.
    »Er ist unten«, gab Thero Bescheid, und nahm wieder an seinem Arbeitstisch Platz.
    Nysander saß noch immer gedankenverloren am Kamin.
    Seregil lehnte sich an den Türpfosten und räusperte sich. »Ich habe mich wie ein Idiot verhalten.«
    Nysander winkte ab. »Komm bitte herein und setz dich zu mir. Weißt du, ich dachte gerade darüber nach, wie lange es her ist, daß du so viele Nächte unter diesem Dach verbracht hast?«
    »Zu lange vermutlich.«
    Nysander schenkte ihm ein trauriges Lächeln. »Ja, zu lange, wenn du glaubst, ich hätte kein Vertrauen zu dir.«
    Seregil rückte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. »Ich weiß. Aber erwarte nicht, daß ich darüber glücklich bin.«
    »Eigentlich bin ich der Meinung, daß du es recht gelassen hinnimmst. Hast du noch immer vor, heute nacht aufzubrechen?«
    »Ich muß wieder zurück zu meiner Arbeit, und ich glaube, daß Alec sich ein wenig verlassen vorkommt. Je eher wir etwas unternehmen, desto besser werden wir beide uns fühlen.«
    »Geh nicht zu schnell voran mit seiner Ausbildung«, warnte Nysander. »Ich möchte keinen von euch beiden auf dem Richtblock sehen müssen.«
    Seregil betrachtete seinen alten Freund abschätzend. »Er gefällt dir.«
    »Gewiß«, erwiderte Nysander. »Er hat einen wachen Verstand und ein edles Herz.«
    »Überrascht?«
    »Nur, daß du dir eine so große Verantwortung auflädst. Du hast so lange allein gearbeitet.«
    »Oh, ich habe es nicht geplant, glaube mir. Aber je besser ich ihn kennenlerne – nun … Ich weiß nicht. Ich glaube, ich gewöhne mich daran, ihn um mich zu haben.«
    Nysander musterte seinen Freund eine Weile, dann sagte er sanft. »Er ist sehr jung, Seregil, und es ist offensichtlich, daß er großen Respekt vor dir hat und dich sehr schätzt. Ich hoffe, daß du dir dessen bewußt bist?«
    »Meine Absichten Alec gegenüber sind durch und durch ehrenhaft! Vor allem du solltest …«
    »Darauf wollte ich nicht hinaus«, erwiderte Nysander ruhig. »Ich wollte darauf hinweisen, daß du dich um mehr kümmern mußt, als nur um seine Erziehung. Du solltest ihm nicht nur ein Lehrer sein, sondern auch ein Freund. Es kommt die Zeit, da der Meister den Schüler als ebenbürtig erkennen muß.«
    »Darauf kommt es an, nicht wahr?«
    »Ich freue mich, dich das sagen zu hören. Aber du mußt ihm gegenüber auch ehrlich sein.« Nysander sah ihn plötzlich sehr ernst an. »Ich weiß mindestens eine Sache, über die er sich nicht im klaren ist. Warum hast du ihn nicht aufgeklärt über seine wahre …?«
    »Das werde ich!« flüsterte Seregil rasch, als er Alecs Schritte auf der Treppe hörte. »Ich war mir zunächst nicht sicher, dann brach alles zusammen. Ich habe nur noch nicht den rechten Augenblick gefunden. Er hatte genug zu verdauen in diesen vergangenen Wochen.«
    »Ja, vielleicht, trotzdem verstehe ich dein Zögern nicht. Ich frage mich, wie er darauf reagieren wird.«
    »Das frage ich mich auch«, flüsterte Seregil. »Das frage ich mich

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