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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Fenster zur Gasse ging wieder auf, und diesmal kletterte eine ungelenke Gestalt im Nachthemd heraus.
    »Verdammt!« fluchte Micum angewidert. »Ist denn keiner der Blaumäntel so schlau, die Rückseite zu bewachen?«
    Die Straße hinter dem Gebäude schien gänzlich unbewacht.
    »Rasch, zieh dein Schwert!« flüsterte Alec und zog seine Waffe. Seine Linke zog den Lichtstein aus der Tasche und hielt ihn hoch über ihre Köpfe, dabei hoffte er, daß ihre Gesichter im Schatten des Helms blieben.
    »Ihr dort, bleibt, wo Ihr seid!« rief er und sprach dabei so tief er konnte.
    Alben drückte die ihn belastende Metallschatulle an die Brust und blinzelte ins Licht. Als er die Schwerter erblickte, geriet er in Panik und rannte davon, direkt in die Arme einiger Blauröcke, die am anderen Ende der Gasse um die Ecke bogen.
    Alec bedeckte rasch wieder das Licht, als Micum rief: »Wir haben ihn erwischt, als er durch das Fenster kletterte!«
    Im allgemeinen Tumult, der darauf folgte, gelang es ihnen, sich ungesehen davonzustehlen.

 
28
Verhör um Mitternacht
     
     
    Es war kurz vor Mitternacht, als Thero auf das Klopfen des Boten hin öffnete. Er nahm die gerollte Nachricht entgegen und trug sie nach unten zu Nysander, der im Lehnsessel des Wohnzimmers vor sich hindöste.
    Thero schüttelte seinen Meister sanft an der Schulter. »Die Königin hat nach Euch geschickt.«
    Nysander blinzelte und war augenblicklich hellwach. »Hat sie eine Nachricht übersandt?«
    Thero reichte ihm die kleine Rolle.
    Nysander überflog rasch den Inhalt, dann erhob er sich und strich seinen blauen Umhang glatt. »Nichts, das uns weiterhelfen könnte. Sie schreibt lediglich, daß ich augenblicklich kommen soll. Also schön, hoffen wir eben auf das Beste.«
    »Soll ich mitkommen?«
    »Danke, mein lieber Junge. Ich denke, es ist besser für dich, wenn du für den Augenblick hierbleibst. Falls irgend etwas schiefgegangen ist, brauche ich jemanden, der sich um Micum und Alec kümmert.«
     
    Im Palast angekommen, wanderte Nysander allein durch die vertrauten Korridore. Trotz der reichen Tapeten und Wandgemälde fehlte es an dem geräumigen Ambiente des Orëska-Hauses. Teils königliche Residenz, teils Festung, waren die Wände dick, die Korridore verschlungen wie ein Labyrinth und die Türen schwer mit kunstvoll geschmiedeten metallenen Bändern beschlagen.
    Der Gerichtssaal wirkte direkt einschüchternd, und das mit Absicht. Der lange Saal war leer bis auf einen schwarzsilbernen Thron, der auf einer erhobenen Plattform am gegenüberliegenden Ende stand. Wer sich diesem Thron näherte, mußte unter den marmornen Blicken königlicher Effigien, die an den Wänden aufgereiht hingen, eine weite Strecke über kühlen, schwarz polierten Boden zurücklegen. Eiserne Fackelhalter tauchten die kleine Gruppe, die sich bereits um den Thron versammelt hatte, in ein grimmiges, unstetes Licht.
    Idrilain erwiderte Nysanders Verbeugung kurz und bündig. Sie trug die offizielle Krone und den Brustpanzer, und das große Schwert lag blank über ihren Knien. Der Vizeregent und Generalin Phoria standen mit ähnlich finsterem Ausdruck rechts und links von ihr.
    »Wir sind in den Besitz gewisser Dokumente gelangt, die Lord Seregils Namen wieder reinwaschen können«, informierte Idrilain Nysander und legte dabei die Hand auf eine längliche eiserne Schatulle, die mit offenem Deckel auf einem kleinen Tisch neben ihr lag. »Ich dachte, Ihr solltet bei der Verhandlung zugegen sein.«
    »Vielen Dank, Mylady«, erwiderte Nysander und nahm seinen Platz am Fuß der Plattform ein.
    Idrilain blickte zu ihrer ältesten Tochter auf und bedeutete ihr anzufangen.
    »Bringt den ersten Gefangenen herein!«
    Auf Phorias Ruf hin schwang eine Seitentür auf, und zwei Wachen zerrten einen sich sträubenden alten Mann in einem fleckigen Nachthemd herein. Nysander gestattete sich eine kurze Sondierung der Gedanken des Angeklagten und erkannte von Panik bestimmte Schläue, gepaart mit dem unbedingten Willen zu überleben.
    Drei weitere Personen folgten: Ein Offizier der Wache, eine Frau in der Robe des königlichen Büttels und ein junger Zauberer des Zweiten Grades namens Imaneus. Nysander kannte den letzten recht gut; er war ein talentierter Bewußtseinsspürer, der häufig zu Prozessen herangezogen wurde, um den Wahrheitsgehalt von Aussagen zu prüfen.
    Der Vizeregent trat vor und musterte den Gefangenen mit kaltem Blick.
    »Alben, Apotheker aus der Straße des Hirsches, Ihr seid angeklagt der

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