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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Luft ringend wachte er auf. Er befreite sich aus den ihn umschlingenden Bettlaken, stieg aus dem Bett und ging zum Kamin, wo er ein Feuer entfachte, das hell genug war, um das Zimmer zu erleuchten. Seine Kleider waren naß von kaltem, saurem Schweiß. Er entledigte sich ihrer und blickte an dem blassen, knochigen Körper hinab, den er bewohnte. Kein Wunder, daß er von sich selbst geträumt hatte! Die Einzelheiten des Alptraums verblaßten bereits, doch die Erinnerung an das unheimliche Auge ließen ihn erschauern.
    Er warf ein paar zusätzliche Scheite ins Feuer, kletterte in sein Bett zurück und zog sich die Decke bis an die Nase. Während der Schlaf ihn erneut übermannte, fiel ihm ein, daß es das erste Mal seit Wochen war, daß er überhaupt geträumt hatte.
     
    Spät am nächsten Vormittag schlug er die Augen auf. Licht fiel durch das offene Fenster. Einen Augenblick lang blieb er noch bewegungslos liegen. Er hatte den größten Teil seines Alptraums vergessen. Sein zweiter Schlaf war angefüllt gewesen mit eher ungewohnten Träumen lüsterner Natur, und als er aufgewacht war, hatte er eine unbehagliche Erektion an Theros Körper vorgefunden. Kaltes Wasser bereitete diesem Zustand ein rasches Ende. Er zog sich einen frischen Umhang über und nahm zwei Stufen auf einmal, als er nach unten ging.
    »Guten Morgen!« Nysander lächelte ihm über eine Tasse Tee hinweg zu, ein vertrauter, tröstender Anblick. »Fühlst du dich heute morgen ein wenig – guter Gott, du siehst aus, als hättest du schlecht geschlafen!«
    »Habe ich«, gestand Seregil. »Ich hatte einen Alptraum, in dem ich meinen eigenen Körper angriff. Er hatte dieses Auge in der Brust, dort, wo sich die Narbe befindet. Es war alles irgendwie vertraut, als hätte ich diesen Traum schon häufiger geträumt.«
    »Wie unangenehm! Erinnerst du dich an weitere Einzelheiten?«
    »Nicht wirklich. Irgend etwas über Fliegen, glaube ich, und Feuer? Ich weiß es nicht. Später sah ich weitere, andere Bilder. Ist es möglich, daß ich Theros Träume träume?«
    »Eine mentale Verbindung durch seinen Körper? Ich denke nicht. Warum?«
    Seregil rieb sich die Augen und gähnte. »Oh, nichts Besonderes. Die erste Nacht in einem fremden Körper, nehme ich an. Unter uns gesagt, ein paar Tage im Rotlichtviertel könnten Thero wahrscheinlich nicht schaden.«
    »Er scheint von Natur aus eher zölibatär veranlagt.«
    Seregil kicherte geheimnisvoll. »Vielleicht praktiziert er das Zölibat, aber von Natur aus ist er bestimmt nicht dazu veranlagt.«
    Sie hielten sich den ganzen Tag über in Nysanders Turm auf und vermieden die Begegnung mit jedem, der aufmerksam genug war, um eventuell eine Veränderung in »Thero« festzustellen. Keine leichte Angelegenheit in einem Haus voller Zauberer.
    Wethis erschien, um nachzusehen, ob es an nichts fehlte, und Seregil bemerkte amüsiert die geheime Abneigung, die hinter der respektvollen Maske des jungen Dieners lauerte, während er seinen täglichen Pflichten in Theros Zimmer nachging.
    Gegen Mittag ging Nysander nach draußen, um einige Geschäfte irgendwoanders im Haus zu erledigen. Seregil stapfte ruhelos im Arbeitszimmer auf und ab, als ein scharfes Klopfen am Tor des Turms ertönte. Es gehörte zur Hausetikette, jedem Besucher zu öffnen, und so blieb Seregil keine andere Wahl, als zu reagieren. Er spähte nach draußen und fand Ylinestra, die ungeduldig im Gang wartete.
    Ihr grünes Seidengewand war unter den Brüsten eng gerafft und betonte ihre entzückende Lieblichkeit auf eine Art, die Seregil unmöglich verborgen bleiben konnte.
    Er kannte sie nicht besonders gut, und ihr Verhalten ihm gegenüber war stets zurückhaltend bis kühl gewesen. Jetzt jedoch wurde rasch deutlich, daß dieses Verhalten nicht gegenüber Nysanders Assistenten galt.
    »Ah, Thero! Ist Nysander da?« Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln aus violetten Augen.
    »Im Augenblick nicht, Mylady«, antwortete Seregil und überlegte, wie Thero sich in Gegenwart solch wundervoller Frauen wohl verhielt. Doch sehr schnell überkam ihn eine Ahnung.
    »So förmlich heute?« schalt ihn Ylinestra verspielt und schob sich an ihm vorbei. Die Enge des Durchgangs hätte vielleicht das intensive Reiben ihrer Brüste und Hüften an seiner Seite zu erklären vermocht, doch irgend etwas im Trällern ihrer Stimme erzählte anderes. Er folgte ihr zurück in das Arbeitszimmer und verspürte so etwas wie eine angenehme Vorfreude. Er vermutete, daß sie beide im Begriff

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