Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten
mit gekochtem Gemüse‹ verspeisen?« Seregil schnaubte. »Danke jedenfalls für die Warnung, Nysander.«
30
Zurück zum Geschäft
Bis zum Abend waren vorsichtig angemessene Erklärungen für die Ereignisse der vorhergehenden Nacht unter Albens Nachbarn in der Straße des Hirschen ausgestreut worden. Der Fälscher, demütig und begierig darauf, behilflich zu sein, wurde vorübergehend in seine Apotheke zurückgebracht und dort unter strenger, wenn auch unauffälliger Bewachung gehalten.
Ein eisiger Nieselregen hatte eingesetzt und machte die Wache zu einer naßkalten Angelegenheit. Seregil wies Micum die Gasse unter Albens Rückfenster zu, während Alec die Straße vor der Apotheke im Auge hielt. Seregil selbst bezog seinen Posten in den Schatten des Hinterhofs.
Während die Stunden vergingen, stellte er widerwillig fest, daß ihm die Kälte in Theros Körper weniger auszumachen schien. Die Nachtsicht des Mannes war ziemlich erbärmlich, und sein Geschmackssinn war hoffnungslos. Insgesamt betrachtet, so überlegte Seregil, konnte man die Erfahrung, im Körper einer anderen Person zu leben, keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen. Tatsächlich hatte die ganze Angelegenheit sogar etwas ziemlich Obszönes an sich: er konnte sich nicht einmal kratzen ohne das Gefühl, sich Freiheiten herauszunehmen, und der Besuch der Toilette war entschieden beunruhigend. Es war, als würde man mit einer Geliebten ins Bett gezwungen, die man nicht mochte. Und es war entschieden ein intimerer Kontakt zu Thero, als er jemals wieder zu erfahren hoffte.
Was Thero auf der anderen Seite in Seregils Körper durchmachte, darüber wollte er erst gar nicht nachdenken.
Er überlegte gerade, ob er riskieren durfte, sich zu strecken, als das Geräusch rascher Schritte von der Straße her an seine Ohren drang. Eine Gestalt in einem Umhang betrat den Hof und klopfte leise an Albens Tür. Der Apotheker antwortete unverzüglich und führte seinen Besucher mit einer Kerze in die dunkle Apotheke. Für einen Moment waren die beiden Männer im Eingang umrahmt. Seregil erhaschte einen deutlichen Blick auf den Neuankömmling – ein gut gekleideter Mann mittleren Alters. Trotz seiner Kleidung verriet das unbewußte Nicken bei Albens Begrüßung dem geübten Beobachter, daß der Mann ein unlivrierter Diener war, der den abendlichen Botengang erledigte.
Alben ließ sich einen Augenblick zurückfallen und schwenkte die Kerze seitlich, bevor er die Tür hinter seinem Besucher wieder schloß. Das war das vereinbarte Signal. Leise schlich Seregil zum Hoftor und warnte Alec.
Er wollte eben wieder sein Versteck im Hof aufsuchen, als er das Quietschen von Albens Türriegel hörte. Im Freien überrascht tat Seregil so, als wollte er eine der Treppen der Mietskaserne hinaufsteigen. Der Sendbote schien sich keine Sorgen zu machen, daß man ihn beobachten könnte. Er nickte Seregil sogar zu, während er im Hof an ihm vorbeiging.
Seregil wartete und zählte langsam bis fünf, nachdem der Mann den Hof wieder verlassen hatte, dann schlüpfte er nach draußen, um zu sehen, welche Richtung er eingeschlagen hatte. Alec deutete nach links. Micum war bereits im Bilde, und gemeinsam machten sich die drei Männer an die Verfolgung.
Der Bote schlenderte gemütlich ein paar Straßen weiter, dann betrat er eine Taverne.
»Geh du lieber hinein«, wandte sich Seregil flüsternd an Micum. »Mich hat er bereits gesehen.«
Micum nickte, musterte die Taverne mit abschätzendem Blick und trat ein.
Micum Cavish besaß ein besonderes Talent, sich unter die Besucher einer Taverne zu mischen. In der Nähe der Tür machte er es sich bequem, bestellte ein Bier und behielt das Opfer unauffällig im Auge.
Der Bursche saß allein in der Nähe des Kamins und nippte langsam an einem Becher Bier, als wartete er auf jemanden. Nach einer Weile gesellte sich eine junge weibliche Dienerin zu ihm. Sie nahm mit dem Rücken zu Micum gewandt Platz und begrüßte ihren Kumpanen mit einem herzhaften Kuß. Micum bemerkte zwar nichts, das seinen Verdacht erweckt hätte, dennoch war es sicherlich die perfekte Gelegenheit, um ein Päckchen unauffällig den Besitzer wechseln zu lassen. Einen Augenblick später verließ das Paar gemeinsam die Taverne.
Micum schlenderte hinter den beiden her und zögerte einen Augenblick lang unter einer Straßenlaterne, während er so tat, als müsse er seinen Umhang zurechtrücken, und die Richtung feststellte, die das Paar eingeschlagen hatte. Alec
Weitere Kostenlose Bücher