Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten
sein schien. Aber ich bekam die Dokumente und auch das hier, während ich draußen war.«
»Gut gemacht, Marsin, gut gemacht.«
Alec vernahm das metallische Klingeln von Münzen, die den Besitzer wechselten.
»Vielen Dank, Sir. Soll ich die Briefe jetzt noch abliefern?«
»Nein, ich werde es selbst tun. Mein Pferd ist bereits gesattelt. Achte darauf, daß das Haus für die Nacht verschlossen ist, und informiere Lady Althia, daß ich erst morgen zurück bin.«
»Das werde ich, Sir. Eine gute Nacht wünsche ich, Sir.«
Alec hörte, wie der Diener das Zimmer verließ. Einen Augenblick später erlosch das Licht. Er kletterte nach unten und huschte gerade noch rechtzeitig zur Straße zurück, um einen Mann auf einem weißen Pferd durch das Haupttor davongaloppieren zu sehen.
»Wir verlieren ihn!« rief er, als Micum aus den Schatten neben der Straße trat. »Ich glaube, er ist unterwegs, um die gefälschten Briefe abzuliefern!«
»Wem abzuliefern?« fragte Micum und suchte die Nachbarschaft nach leicht entwendbaren Pferden ab. Es gab keine.
»Ich weiß es nicht!« rief Alec voller Ungeduld. Der Reiter war bereits um eine Ecke verschwunden, und das Geklapper der Hufe verklang rasch. »Verdammt, wir haben ihn verloren!«
»Das ist nicht zu ändern. Wenigstens haben wir nun eine Verbindung, mit der wir arbeiten können, und das ist ein Anfang. Du wirst niemals erraten, wer noch aus diesem Tor kam, während du weg warst.«
»Wer denn?«
»Der Lord Vizeregent höchstpersönlich! Du hättest ihn sehen sollen! Ich wußte gar nicht, daß der alte Bursche so reiten kann.«
»Barien?« Alecs Augen weiteten sich, als eine Erinnerung Besitz von ihm ergriff. »Das ist es! Das ist Lord Teukros’ Haus! Der Neffe des Vizeregenten! Ich habe ihn früher schon einmal gesehen, an dem Tag, an dem ich um den Ring ritt.«
»Der Neffe also, wie? Bei der Flamme, das sieht gar nicht gut aus. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, daß Barien in irgend etwas Unloyales gegenüber der Königin verwickelt ist.«
»Er verfluchte Teukros, als ich ihn belauschte«, berichtete Alec. »Er nannte ihn eine Schlange und hat ihn verstoßen.«
»Nun, das ist ein Punkt zugunsten des alten Mannes. Komm jetzt, wir unterrichten besser die anderen.«
Alec war noch immer betroffen, daß sie die Spur von Teukros verloren hatten, und in düsterer Stimmung, als sie vor Nysanders Tür eintrafen.
»Hattet ihr eine gute Jagd?« erkundigte sich der alte Zauberer, als er sie in sein Arbeitszimmer führte.
»In gewisser Hinsicht«, erwiderte Micum. »Ist Seregil bereits zurück?«
»Nein. Er war hinter irgend etwas in der Umgebung des Palastes her, als ich das letzte Mal nachsah. Kommt herunter und wärmt euch ein wenig auf. Ihr seht beide ziemlich durchnäßt aus.«
Alec stand vor dem Kaminfeuer im Wohnzimmer, während er sorgfältig über die Abenteuer der Nacht berichtete. Nysander machte kein Hehl aus seiner Bestürzung über das, was sie in Erfahrung gebracht hatten. Nachdem Alec geendet hatte, saß er noch eine Weile schweigend da.
»Was haltet Ihr davon?« erkundigte sich Alec ungeduldig.
»Ist es möglich, daß Barien in diese Geschichte verwickelt ist?«
»Das ist schwer vorstellbar. Der junge Teukros ist allerdings etwas anderes. Trotz seines offensichtlichen Reichtums ist Teukros í Kallas nicht gerade für seinen Scharfsinn berühmt. Wie auch immer er in diese Angelegenheit verstrickt ist, ich gehe jede Wette ein, daß er auf Befehl eines anderen handelt.«
»Wir hätten es herausgefunden, wenn wir eine Möglichkeit besessen hätten, ihm zu folgen!« brummte Alec.
»Nur Geduld, mein lieber Junge. Es sollte nicht weiter schwierig sein, an die entsprechende Information zu gelangen. Ihr habt erzählt, daß Lord Teukros’ hübsche Frau heute nacht zu Hause weilt?«
»Ja, aber wir können nicht einfach an die Tür klopfen und sie fragen!«
»Natürlich können wir das. Was meinst du, Micum? Eine dringende Botschaft, überbracht von einem Diener des Orëska-Hauses, die unter allen Umständen noch in der heutigen Nacht Lord Teukros überbracht werden muß?«
Micum grinste wölfisch. »Das sollte seinen Zweck erfüllen!«
Nysander trat zu seinem Schreibtisch und verfaßte rasch eine herzliche Einladung zu einem Essen am darauffolgenden Abend.
»Was geschieht, wenn er tatsächlich zum Essen kommt?« fragte Alec, der dem alten Zauberer über die Schulter gespäht hatte.
Nysander lächelte finster. »Angenommen, er kommt, dann kann ich
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