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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Sie wand sich über den Rücken und endete kurz vor dem Nabel. Micum sah das Interesse des Jungen und drehte sich so zum Licht, daß er besser sehen konnte, dann fuhr er mit dem Daumen stolz an dieser alten Verwundung entlang.
    »So nahe war ich Bilairys Tor noch nie gekommen.« Er entzündete die Pfeife und ließ einige sanfte Rauchkringel aufsteigen. »Das war vor neun Wintern, nicht wahr, Seregil?«
    »Ja, ich glaube auch.« Seregil gab Alec ein Zeichen. »Einige von uns waren unterwegs zu dem Meer ohne Fische und trafen auf eine Gruppe außerordentlich unfreundlicher Nomaden.«
    »Unfreundlich!« schnaubte Micum. »Ich habe noch nie dergleichen gesehen – gewaltige, haarige Riesen. Wir wissen bis heute nicht, woher sie kamen. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, uns umzubringen, als daß sie unsere Fragen hätten beantworten können. Wir trafen eines Abends zufällig auf ihr Lager und wollten nichts weiter, als uns ein wenig unterhalten und Lebensmittel tauschen. Aber als wir fast am Lager angekommen waren, griffen sie uns an – sie waren groß wie Bären und doppelt so gefährlich. Zwar hatten wir Pferde, waren aber umzingelt, ehe wir wußten, wie uns geschah. Ihre Waffe glich einem großen Dreschflegel; ein langer Schaft und am Ende eine zwei oder drei Ellen lange Kette. Die Glieder dieser Ketten waren flach zugeschliffen und scharf wie Rasierklingen. Das wußten wir allerdings erst, als der Kampf in vollem Gange war. Cyril verlor einen Arm, er war sauber abgetrennt. Berrit verlor sein Augenlicht und starb kurz darauf. Einer der Bastarde durchschnitt meinem Pferd die Vorderbeine und schlug auf mich ein. Daher habe ich diese Verzierung.« Er fuhr wieder mit der Hand über die verwucherte Narbe. »Ich hatte mich in den Zügeln verheddert, und es gelang mir gerade noch, mein Schwert hochzureißen, um den Hieb abzufangen – nur das eine Kettenglied riß mir durch das Wams Haut und Muskeln auf bis zum Knochen. Hätte ich den Hieb nicht abfangen können, so wäre ich gewiß halbiert worden. Seregil tauchte plötzlich auf und tötete den Bastard, ehe er den nächsten Streich ausführen konnte. Glücklicherweise reiste der Drysier Valerius mit uns, sonst wäre es aus gewesen mit mir.«
    »Ich denke, dies hier ist meine schlimmste«, sagte Seregil und zeigte Alec tiefe Narben zu beiden Seiten seines linken Oberschenkels.
    »Ich durchsuchte die Heimstatt einer Zauberin, die schon seit Jahren nicht mehr lebte, all ihre Fallen jedoch waren noch intakt. Ich ging sehr vorsichtig vor, entdeckte die Symbole und entschärfte eine Vorrichtung nach der anderen. Die Fallen waren genial konstruiert auf ihre Weise, und ich war recht stolz auf mich. Aber es ist wohl gleichgültig, wie gut du bist, irgendwo gibt es eine Falle, auf der dein Name steht. Vermutlich habe ich einen Auslöser übersehen – ich weiß heute noch nicht wo –, und mein Bein brach durch den Fußboden. Ein Eisenspieß schoß durch meinen Oberschenkel und hielt mein Bein wie einen aufgespießten Fisch. Hätte mich der Spieß einen Daumen breit weiter links erwischt, wäre ich verblutet. Ich konnte nicht tief genug in das Loch greifen, um mich zu befreien, ohne mein Bein zu verlieren. Ich kann Schmerzen nicht gut vertragen. Wenn ich mich recht entsinne, habe ich wohl geschrien und bin in Ohnmacht gefallen, bis Micum mich fand und fortbrachte. Das ist leider keine heldenhafte Geschichte, fürchte ich.«
    Alec hatte seinen Bogen aus dem Öltuch genommen und ihn nach Schäden untersucht. Ohne von seiner Arbeit aufzusehen, meinte er schüchtern: »Aber du warst tapfer genug, das alles zu tun.«
    »Du hast plötzlich ein recht kurzes Gedächtnis«, schnaubte Seregil und reichte ihm das Metgefäß. »Bist du derselbe halb verhungerte Junge, der Asengais Kerker überlebte und mir folgte, ganz zu schweigen davon, was wir heute nacht unternahmen? Das ist eine ganze Menge, und du bist noch nicht einmal erwachsen.«
    Alec zuckte verlegen die Schultern. »Das ist nicht dasselbe wie Mut. Ich konnte gar nichts anderes tun.«
    Micum lachte trocken. »Bei Sakor, du hast das Geheimnis entdeckt, wie und wann man Mut zu beweisen hat. Nun brauchst du nur noch etwas Übung.«
    Er streckte die Hand aus und holte sich den Met von Seregil. »Was gedenkst du jetzt zu tun?«
    Seregil schüttelte den Kopf. »Ich hatte vor, mich einer Karawane anzuschließen und auf der Goldstraße nach Nanta zu reisen, jetzt aber denke ich, daß ich mir etwas anderes ausdenken muß. Was war eigentlich

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