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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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solltest du nicht stets erröten.«
    Micum machte es sich mit einem Seufzer bequem und ließ das lauwarme Wasser das verkrustete Blut um seine Wunde aufweichen. Seregil wusch sich geschwind von Kopf bis Fuß und kletterte dann wieder aus dem Zuber.
    »Er steht dir zur Verfügung. Nimm die Seife und mach auch deine Fingernägel sauber. Ich beabsichtige, morgen deinen gesellschaftlichen Rang zu verbessern.« Er zitterte, als er sich mit dem groben Handtuch Haar und Körper trocknete. »Bei Illior!« knurrte er. »Ich schwöre es, wenn ich wieder in Rhíminee bin, begebe ich mich auf direktem Weg ins nächste zivilisierte Badehaus und dort bleibe ich dann eine ganze Woche!«
    »Ich habe ihn kämpfen sehen, er geht über Leichen, durchs Feuer, und selbst Hunger kann ihm nichts anhaben«, bemerkte Micum, mehr zu sich selbst als zu Alec, »aber wenn man ihm sein heißes Bad verwehrt, dann liegt er einem in den Ohren wie eine verwöhnte Dirne.«
    »Ach, du weißt doch nicht, wovon du sprichst.« Seregil öffnete sein Bündel, holte ein grobes Wollkleid hervor und zog es sich über.
    Alecs Mund stand vor Erstaunen offen, und Seregil blinzelte ihm zu. »Es ist wohl wieder Zeit für eine neue Lektion.«
    Geschwind flocht er sein Haar zu einem lockeren Zopf, zog einige Strähnen heraus und ließ sie wirr über die Stirn fallen. Er holte grauen Puder aus seiner Tasche und trug ihn auf Haar und Gesicht auf. Dann zog er aus seinem Bündel noch eine großes, gestreiftes Tuch, abgetragene, hölzerne Schuhe und einen Ledergürtel. Zufrieden mit sich verbarg er seinen kleinsten Dolch im Gürtel und wandte sich einen Augenblick ab, um unter dem losen Gewand die Körperhaltung eines alten, schwachen Menschen anzunehmen. Als er sich seinen Begleitern wieder zuwandte, sahen die beiden eine unauffällige alte Dienstmagd.
    »Wären die Herren so freundlich, mir ihre Meinung kundzutun?« fragte er mit der Stimme einer alten Frau, in der unüberhörbar der mycenische Akzent zu vernehmen war.
    Micum rückte anerkennend. »Hallo, Großmama. Wohin des Wegs?«
    »Je weniger gesprochen wird, desto besser«, erwiderte Seregil und ging zur Tür. »Ich werde einmal nachsehen, aus welcher Richtung der Wind weht. Wenn jemand fragen sollte, dann sagt, ich hätte Extrakleidung bei mir gehabt.« Er vollführte einen rheumatischen Hofknicks. »Was ja auch der Wahrheit entspricht«, fügte er hinzu.
     
    Als sie ihre Kleider wieder hatten, kehrten Alec und Micum zurück in ihr Zimmer im Betrunkenen Frosch. Dort brannten die Kerzen, und der Feuertopf glühte behaglich auf seinem Dreibein mitten im Zimmer.
    »Was ist mit deiner Wunde?« fragte Alec.
    »Nicht so schlimm, aber ich werde lieber auf dem Boden schlafen«, meinte Micum, als er sich das durchgelegene Bett besah. »Sei ein guter Junge und hilf mir, aus unseren Mänteln ein Lager neben der Tür zu bauen.«
    Alec richtete das Lager. Micum setzte sich dankbar und legte sein Schwert über die Knie.
    »Bring mir dein Schwert, dann zeige ich dir, wie man es scharf hält«, schlug er vor und holte einige Wetzsteine hervor.
    Schweigend arbeiteten sie eine Weile und lauschten dem Klang des Steins auf dem Metall. Alec war todmüde und dankbar dafür, daß er in Micums Gegenwart auch schweigen konnte.
    Seine unkomplizierte Art verlangte nicht nach Gerede irgendwelcher Art.
    Daher war Alec überrascht, als Micum, ohne von seiner Arbeit aufzusehen, fragte: »Du bist verschwiegen wie ein Baumstumpf. Vielleicht kannst du es dir nicht vorstellen, aber auf meine Weise bin ich gewiß so neugierig wie Seregil.«
    Als Alec zögerte, fuhr er freundlich fort: »Ich habe nie geglaubt, daß er sich einen Schüler nehmen würde, und dann gewiß nicht einen jungen Naturburschen wie dich. Ich meine das nicht beleidigend, ganz gewiß nicht. Aber du gleichst eher dem Sohn eines Wildhüters als einem Spion. Nun sag mir, was hältst du von unserem Freund?«
    »Nun, offengestanden, ich weiß nicht recht, was ich denken soll. Er behandelt mich wie – als wäre ich …«
    Alec war verwirrt, er wurde selten nach seiner Meinung gefragt und mußte nach Worten suchen, sie auszudrücken. Micums ehrliche, joviale Art verlangte Offenheit, und es war Alec klar, daß er und Seregil gute Freunde waren.
    »Als wäre ich ein offenes Buch für ihn«, sagte er schließlich. »Und manchmal, als nähme er an, ich wüßte alles über ihn. Er rettete mir das Leben, gab mir Kleidung, lehrte mich verschiedenes. Und so oft stelle ich fest, daß ich kaum

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