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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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er vor Jahren verspürt hatte, als Micum dasselbe mit ihm getan hatte. Sein Magen fühlte sich ein wenig flau an.
    Als es vorbei war, klopfte Micum Alec auf die Schulter. »Ich weiß, daß dir das keinen Spaß gemacht hat, ebensowenig wie das Töten. Aber denke daran, daß du dich und deine Freunde verteidigt hast. Das ist der einzige gute Grund, um zu töten. Sieh zu, daß es dir nie zum Vergnügen wird, ebensowenig, wie dir der Geschmack des Blutes gefallen wird, verstehst du?«
    Alec blickte auf den rotgefärbten Schnee unter den Toten und nickte.
    »Ich verstehe.«

 
7
Südlich von Boersby
     
     
    Ungeachtet seiner Verletzung pflichtete Micum Seregil bei, daß es das beste sei, auf schnellstem Wege nach Boersby zu reiten. Zum Glück fanden sie die Pferde ihrer Gegner ganz in der Nähe angeleint. Sie machten weite Bögen um die Rasthäuser und Höfe entlang der Straße und ritten, solange Micum sich im Sattel halten konnte. Sie schliefen im Freien und aßen, was Alec mit dem Bogen erlegte.
    Micums Wunde entzündete sich nicht, aber sie bereitete ihm größere Schmerzen, als er bereit war, sich einzugestehen.
    Schlimmer noch empfand er jedoch Seregils hartnäckiges Schweigen während der anderthalb Tage, die sie für den Ritt ans Ufer des Folcwine brauchten. Micum wußte aus Erfahrung, daß dieses Schweigen ein Zeichen dafür war, daß etwas nicht stimmte; Seregil konnte ewig in dieser Stimmung verharren, wenn nicht etwas geschah, das ihn herausriß.
    Am späten Nachmittag verließen sie den Wald an einer Stelle, von wo aus sie den Lauf des breiten Folcwine überblicken konnten. Micums Wunde war wieder aufgegangen, was ihn schwach und gereizt machte.
    »Bei Bilairy, Seregil, heraus damit, ehe ich dich niederschlagen muß!« knurrte er schließlich.
    Seregil starrte finster hinunter auf den Nacken seines Pferdes. »Ich wünschte, wir hätten einen von ihnen lebend erwischt«, sagte er.
    »Einen von … oh, zum Teufel! Brütest du noch immer darüber nach?« Micum wandte sich zu Alec um. »Ein paar Wegelagerer – keine Seltenheit im Folcwine – überraschen ihn, und schon ist ein dunkler Plan am Werk. Ich glaube, er ist nur sauer, daß er sie nicht rechtzeitig entdeckt hat.«
    Alec blickte verlegen auf seine Hände. Offenbar hielt er es für unhöflich, darauf zu antworten.
    »Nun gut.« Seregil wandte sich im Sattel um und sah Micum an. »Wir durchsuchten die Leichen. Was fanden wir?«
    »Nichts Ungewöhnliches«, gab Micum zurück. »Überhaupt nichts!«
    »Das stimmt. Aber denk noch mal weiter, was hatten sie?«
    Micum stöhnte auf. »Umhänge, Stiefel, Hemden, alles typisch für die Gegend hier.«
    »Schwerter und Bogen«, fügte Alec hinzu.
    »Wurden die Waffen hier hergestellt?«
    »Die Bogen gewiß, bei den Schwertern bin ich mir nicht sicher.«
    »Sie sahen so aus«, überlegte Micum. »Aber was zum …«
    »Alles war neu!« rief Seregil aus. »Hatten sie Gold, Schmuck, ausgefallene Kleidung? Nein! Etwas Silber im Beutel, aber noch nicht einmal einen Glücksbringer oder sonst etwas Persönliches. Wir hatten es also mit einer Bande hiesiger Halsabschneider zu tun, in neuer, ortsüblicher Kleidung und mit Waffen, die ebenfalls hier angefertigt wurden. Waren diese Männer nun so phantasielos oder so asketisch, daß ihnen nichts an Zierat lag?«
    Er starrte die anderen verärgert an.
    Er sieht aus wie ein adliger junger Schnösel, der seinen debilen Dienern eine Lektion erteilt, dachte Micum und widerstand der Versuchung, Seregil vom Pferd zu treten.
    Plötzlich richtete sich Alec im Sattel auf. »Das waren gar keine Banditen. Sie gaben nur vor, welche zu sein!«
    Seregil entspannte sich ein wenig, und es sah so aus, als würde er nach längerer Zeit zum ersten Mal wieder lächeln. »Mehr noch, sie waren fremd hier in der Gegend, sonst hätten sie nicht alles neu kaufen müssen.«
    »Als wir sie durchsuchten, fanden wir keine Zunftzeichen, nicht wahr?« fragte Alec. »Wie damals bei dem Gaukler in Asengais Zelle.«
    »Nein, zumindest kein Zeichen, das ich erkannt hätte. Aber das allein mag noch nicht von Bedeutung sein.«
    Micum lächelte still in sich hinein, als er die beiden beobachtete, wie sie alle Einzelheiten des Hinterhalts noch einmal durchgingen wie zwei Bluthunde auf einer frischen Fährte. Der Junge hatte offensichtlich angebissen.
    »Also, wer waren sie?« fragte er schließlich. »Plenimaraner? Selbst wenn sie uns verfolgt hätten, sie wären nie so schnell gewesen, um vor uns einen Hinterhalt

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